Zinsen aus Darlehen des Privatvermögens unterliegen dem Abgeltungsteuersatz von 25 % und damit einer vergleichsweise niedrigen Besteuerung. Aus verschiedenen Gründen erfolgt in bestimmten Konstellationen aber keine steuerliche Erfassung der Zinsen mit dem Abgeltungsteuersatz, sondern mit dem normalen Einkommensteuertarif, welcher bis zu 45 % beträgt. So ist – zur Vermeidung einer missbräuchlichen Verlagerung von Einkünften auf die privilegiert besteuerte, private Anlageebene – der Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn
– Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind,
– soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen.
Strittig war nun bereits mehrfach der im Gesetzestext verwendete unbestimmte Rechtsbegriff der „nahestehenden Person“. Die FinVerw versucht dies eher weit auszulegen. Dem ist der BFH nun aber erneut entgegengetreten. Vielmehr bestätigt das Gericht mit Entscheidung vom 28.9.2021 (Az. VIII R 12/19) seine bisherige Rechtsprechung, nach der eine solche enge Beziehung im Verhältnis natürlicher Personen zueinander nur bejaht wird,
– wenn die nahestehende Person auf den Stpfl. einen beherrschenden Einfluss ausüben oder umgekehrt der Stpfl. auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Stpfl. imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Stpfl. oder die nahestehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat.
– Das Beherrschungsverhältnis muss so beschaffen sein, dass der beherrschten Person auf Grund eines absoluten Abhängigkeitsverhältnisses für den Abschluss des Darlehens im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt.
– Ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes, persönliches Näheverhältnis ist nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis in diesem Sinne zu begründen.
Im Urteilsfall ging es um die Darlehensgewährung an eine Personengesellschaft. Insofern konkretisiert das Gericht: Bei einer Personengesellschaft kann ein Gesellschafter einen beherrschenden Einfluss auf Grund seiner Beteiligung grundsätzlich nur dann ausüben, wenn für Gesellschafterbeschlüsse ein Stimmrechtsverhältnis vereinbart ist, das es dem betreffenden Gesellschafter ermöglicht, seine Mitgesellschafter zu überstimmen. Die Beherrschung einer Personengesellschaft durch einen ihrer Gesellschafter setzt daher grundsätzlich voraus, dass dieser eine Beteiligung an der Personengesellschaft innehat, die es ihm ermöglicht, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung der Personengesellschaft durchzusetzen. Die Beherrschung der Personengesellschaft kann auch mittelbar über eine Beteiligungsgesellschaft ausgeübt werden.
Insoweit ist also z.B. eine steuerlich privilegierte Darlehensgewährung durch den Ehegatten eines Gesellschafters möglich. Problematisch ist dagegen die Darlehensgewährung durch ein minderjähriges Kind des Gesellschafters, da insoweit von einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis auszugehen ist.
Hinweis:
Das Gericht zeigt also auf, in welchem Rahmen Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, die Steuersatzdifferenz zwischen dem Betriebsausgabenabzug bei der Personengesellschaft zum Regeltarif und der Versteuerung der Zinseinkünfte zum Abgeltungsteuersatz zu nutzen. In der Praxis bedürfen solche Darlehensgewährungen allerdings stets einer sorgfältigen Beratung.