Zur Problematik der Bewertung von Kapitalgesellschaftsanteilen für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer hat das FG Düsseldorf mit Urteil v. 2.11.2022 (Az. 4 K 1832/20 F) entschieden, dass der gemeine Wert von Kapitalgesellschaftsanteilen auch dann gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BewG aus Verkäufen abgeleitet werden könne, wenn diese unter entfernten Verwandten erfolgt sind. Es handele sich bei Verkäufen, die zwischen Personen stattgefunden haben, die nicht mehr in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder verschwägert sind, um solche unter fremden Dritten, die für eine Ableitung des gemeinen Werts heranzuziehen sind. Weiterhin stellt das FG heraus, dass wenn der gemeine Wert aus Verkäufen abgeleitet wird, der Substanzwert gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht die Wertuntergrenze darstellt, also kein Mindestwerttest anhand des Substanzwertes durchzuführen ist.
Die Rechtslage sieht vor, dass nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Börsenkurs nicht besteht, mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, so ist er unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Dabei hat die Ermittlung des gemeinen Werts auf Grund von Verkäufen Vorrang vor einer Schätzung.
Vor diesem Hintergrund hat das FG Düsseldorf jedenfalls für den konkreten Streitfall festgestellt, dass der Substanzwert nicht als Mindestwert für einen aus Verkäufen abgeleiteten gemeinen Wert von Anteilen an GmbH herangezogen werden kann – und sich damit explizit gegen die anderslautende Auffassung des FG Münster aus dem Jahr 2021 gestellt, das einen solchen Mindestwert sehr wohl zum Ansatz bringen will.
Hinweis:
Gerade in Hinblick auf die große Praxisrelevanz dieser Bewertungsfrage (Substanzwert immer als Mindestwert?) ist die weitere Rechtsentwicklung aufmerksam zu verfolgen.