Jahresabschluss zum 31.12.2021: Aktuelle Bilanzierungsfragen

Abschreibung von Anlagevermögen

2. Juni 2022


a)   Degressive Abschreibung auch steuerlich möglich





Nach derzeitigem Recht kann befristet für die Anschaffung oder Herstellung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens in den Kalenderjahren 2020 und 2021 alternativ zur linearen Abschreibung über die voraussichtliche Nutzungsdauer wahlweise auch eine degressive Abschreibung gewählt werden. Die degressive Abschreibung kann nach einem festen Prozentsatz vom jeweiligen Buchwert (Restwert) i.H.v. bis zu 25 %, höchstens das Zweieinhalbfache der linearen Abschreibung berechnet werden. Im Jahr der Anschaffung/Herstellung kann die Abschreibung nur anteilig ab dem Monat der Anschaffung/Herstellung angesetzt werden. Die zulässigerweise gewählte Abschreibungsmethode gilt dann für die gesamte Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes.





Die Anwendung der degressiven Abschreibung bewirkt im Ergebnis eine frühere Aufwandsverrechnung der Anschaffungs-/Herstellungskosten und mindert dabei gegenüber der Anwendung der linearen Abschreibung die Steuerzahlungen in den ersten Jahren und erhöht entsprechend die Steuerzahlungen in den letzten Jahren der Nutzungsdauer. Damit ergibt sich ein positiver Zins- und Liquiditätseffekt durch das Vorziehen des Abschreibungsaufwands.





Hinweis:





Nach derzeitigem Stand soll die degressive Abschreibung mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz auch für Anschaffungen/Herstellungen im Jahr 2022 zulässig sein.





b)   Nutzungsdauer für Computer-Hardware und Software („digitale Wirtschaftsgüter“) kann mit einem Jahr angesetzt werden





Zur Förderung von Investitionen in die Digitalwirtschaft wurde mit Schreiben der FinVerw vom 26.2.2021 für bestimmte Computerhardware und Software zugelassen, dass bei der Abschreibung die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer vom Stpfl. mit einem Jahr angesetzt werden kann. Im Ergebnis ermöglicht dies eine „Sofortabschreibung“, so dass der Aufwand aus dem Erwerb unmittelbar steuerlich geltend gemacht werden kann. Dies gilt sowohl für gewerbliche oder freiberufliche Einkünfte als auch z.B. beim Werbungskostenabzug von Arbeitnehmern.





Begünstigt sind folgende Wirtschaftsgüter:









Hinsichtlich der Abbildung in der steuerlichen Gewinnermittlung gelten folgende Grundsätze:





–  Diese Wirtschaftsgüter sind wie andere Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zunächst auf Anlagekonten zu buchen und in das Anlageverzeichnis aufzunehmen. Nicht zulässig ist also eine sofortige Aufwandsbuchung.





–  Eingeführt wurde nicht etwa eine neue Abschreibungsmethode. Vielmehr macht die FinVerw das „Angebot“, die Nutzungsdauer für Zwecke der Abschreibung mit einem Jahr anzusetzen. Zusätzlich wird nicht beanstandet, wenn im Jahr des Zugangs dieses Wirtschaftsgutes die volle Jahresabschreibung geltend gemacht wird. Das heißt, im Ergebnis werden im Jahr des Zugangs und der Betriebsbereitschaft die Anschaffungs-/Herstellungskosten in vollem Umfang als Abschreibungsaufwand gewinnmindernd gezeigt.





–  Ausgestaltet ist diese Annahme der Nutzungsdauer von einem Jahr ausdrücklich als „Angebot“ der FinVerw, welches der Stpfl. annehmen kann oder auch nicht. Alternativ kann die voraussichtliche Nutzungsdauer der Abschreibung zu Grunde gelegt werden, also vielfach eine Zeitspanne von drei bis fünf Jahren und Berücksichtigung nach den üblichen Abschreibungsregeln.





–  Erstmalige Anwendung: Der Ansatz der Nutzungsdauer mit „einem Jahr“ ist erstmals anzuwenden in Gewinnermittlungen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 enden, in der Regel also erstmals für das Wj. 2021. Eine zeitliche Befristung dieser Regelung ist nicht vorgesehen.





–  Steuerliche Restbuchwerte aus Anschaffungen früherer Jahre: Im ersten Anwendungsjahr (in der Regel also Wj. 2021) können Restbuchwerte von entsprechenden Wirtschaftsgütern, die in früheren Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt wurden und bei denen eine andere als die einjährige Nutzungsdauer zugrunde gelegt wurde, vollständig abgeschrieben werden. Mithin werden dann (wahlweise) alle Restbuchwerte zum 1.1.2021 als Aufwand gebucht.





–  Handelsbilanz: In der Handelsbilanz kann dieser eher als Konjunkturstützungsmaßnahme einzustufenden Verwaltungsanweisung i.d.R. nicht gefolgt werden. Die Nutzungsdauer von einem Jahr kann nur ausnahmsweise dann in der Handelsbilanz angesetzt werden, wenn diese „Sofortabschreibung“ dem tatsächlichen Wertverzehr entspricht. Ansonsten muss die tatsächliche Nutzungsdauer der Abschreibung zu Grunde gelegt werden. Regelmäßig ergeben sich also Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz.





Handlungsempfehlung:





Diese Förderung von Investitionen in die Digitalstruktur hat in der Praxis eine sehr hohe Bedeutung. Ob von diesem Sofortabschreibungs-Wahlrecht Gebrauch gemacht werden soll, ist im Einzelfall zu prüfen und muss spätestens mit der Steuererklärung entschieden werden.





c)   Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe





Neben der linearen oder degressiven Abschreibung kann für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter unter folgenden Bedingungen eine Sonderabschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Jahren von bis zu 20 % vorgenommen werden, wenn:





–  der Betrieb im Wirtschaftsjahr, das der Anschaffung oder Herstellung vorangeht, einen steuerlichen Gewinn von maximal 200 000 € erzielt hat – bei beabsichtigter Nutzung der Sonderabschreibung in 2021 ist also der steuerliche Gewinn des Jahres 2020 maßgebend – und





–  das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im darauf folgenden Wirtschaftsjahr vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs des Stpfl. ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.





Hinweis:





Der Stpfl. kann die Verteilung der Sonderabschreibung i.H.v. bis zu 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf den Zeitraum von fünf Jahren frei bestimmen, wobei auch die volle Sonderabschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung gewählt werden kann. Einschließlich der degressiven Abschreibung kann somit im Jahr der Anschaffung maximal eine Abschreibung i.H.v. 45 % vorgenommen werden.


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