Bei den Entgeltabrechnungen sind aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen, welche insbesondere auf der Beratung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung im November 2021 beruhen. Herauszustellen sind folgende Aspekte:
– Zusätzlichkeitserfordernis: Gutscheine und Geldkarten dürfen nur dann als Sachbezug im Rahmen der Freigrenze von 50,00 € pro Monat steuerfrei abgerechnet werden, wenn sie „zusätzlich“ zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Die seit dem Jahr 2020 steuergesetzlich definierten Kriterien des Merkmals „zusätzlich“ werden ab 2022 auch auf die Sozialversicherung übertragen. Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dass die steuerliche Einstufung nicht bindend ist, so „zum Beispiel auf Grund einer fragwürdigen oder offensichtlich fehlerhaften Anrufungsauskunft“ – so die Ausführungen der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung.
– Auslaufen der Übergangsregelung bei Gutscheinen: Die Abgrenzung zwischen Bar- und Sachlohn wurde steuerlich neu definiert. Unter Sachlohn (und damit unter die monatliche 50 €-Freigrenze fallend) werden nur noch Gutscheine und Geldkarten gefasst, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen. Insoweit gewährte die FinVerw eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2021, die auch für das Beitragsrecht galt. Ab dem 1.1.2022 ist diese Übergangsregelung nicht mehr anwendbar. Gutscheine und Geldkarten müssen, um steuer- und beitragsfrei belassen werden zu dürfen, nunmehr das Zusätzlichkeitserfordernis (siehe vorstehend) und die Voraussetzungen des ZAG erfüllen. Ansonsten besteht Steuer- und Beitragspflicht, und zwar auch dann, wenn die Freigrenze von 50,00 € pro Monat nicht überschritten wird.
– Beschäftigte Altersrentner: Bezieher einer Altersrente sind in der Arbeitslosenversicherung erst dann versicherungsfrei, wenn sie unabhängig von einem tatsächlichen Rentenbezug die rentenrechtliche Regelaltersgrenze erreicht haben. Trotz bestehender Arbeitslosenversicherungsfreiheit hat der Arbeitgeber seinen Beitragsanteil zu entrichten. Die Pflicht zur Zahlung des Arbeitgeberanteils war für die Jahre 2017 bis 2021 ausgesetzt. Diese Sonderregelung ist nun ausgelaufen, so dass die Beitragspflicht des Arbeitgebers seit dem 1.1.2022 wieder besteht. Dies gilt auch für bestehende Arbeitsverhältnisse.
Hinweis:
Bezieher einer vollen Erwerbsminderungsrente sind arbeitslosenversicherungsfrei und in diesem Fall zahlt auch der Arbeitgeber keine Beiträge.
– Zuschusspflicht des Arbeitgebers bei Entgeltumwandlung in der betrieblichen Altersversorgung: Seit 2019 ist gesetzlich festgelegt, dass Arbeitgeber bei neuen Zusagen für die Entgeltumwandlung, die in den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds realisiert werden, diese mit bis zu 15 % des umgewandelten Entgelts bezuschussen müssen, soweit der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart. Diese Verpflichtung zur Zuschusszahlung gilt seit dem 1.1.2022 auch für Altfälle, d.h. für Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die vor dem 1.1.2019 abgeschlossen wurden. Mithin ist der Arbeitgeberzuschuss zur betrieblichen Altersversorgung ab 2022 generell verpflichtend, soweit der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge einspart oder die Zuschusspflicht nicht in einem für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvertrag abbedungen ist.
Hinweis: Um die Sozialversicherungsersparnis zu ermitteln, muss der Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zu Grunde gelegt werden. Maßgeblicher Zeitraum für die Beurteilung der Sozialversicherungsersparnis ist nach Ansicht der Sozialversicherungsträger der Monat, in dem der Beitragsanspruch entsteht; mithin ist eine monatliche Betrachtung vorzunehmen.
Handlungsempfehlung:
Bei Bestandsverträgen muss nun entweder der Leistungsbeitrag des Arbeitnehmers um den Zuschuss des Arbeitgebers gemindert werden, oder der Zuschuss des Arbeitgebers wird als zusätzlicher Beitrag gezahlt, wobei dann abzuklären ist, ob dies in dem bestehenden Vorsorgevertrag möglich ist. Insoweit bedarf es stets der Abstimmung mit dem Mitarbeiter.
– Neue Beitragssätze der Minijobzentrale: Ab dem 1.1.2022 beträgt der Satz für die Umlage 1 0,9 % (bis 31.12.2021: 1,0 %) und für die Umlage 2 nun 0,29 % (bis 31.12.2021: 0,39 %).
– Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU): Bereits seit dem 1.10.2021 übermitteln die Arztpraxen – soweit die Technik schon einsatzbereit ist – die Arbeitsunfähigkeitsdaten unter Angabe der Diagnosen unmittelbar elektronisch („eAU-Verfahren“) an die jeweils zuständige Krankenkasse. Allerdings erhalten die Versicherten bis zum 30.6.2022 weiterhin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform („Gelber Schein“), die wie bisher an den jeweiligen Arbeitgeber auszuhändigen ist. Die Arbeitgeber werden ab dem 1.7.2022 verbindlich in das elektronische Verfahren einbezogen. Gesetzlich ist hierfür vorgesehen, dass sie die erforderlichen AU-Daten elektronisch bei den Krankenkassen abrufen können. Der Abruf erfolgt über das Entgeltabrechnungsprogramm oder ein entsprechendes Zeiterfassungssystem. Das neue Abrufverfahren kann grds. bereits ab 1.1.2022 genutzt werden.
Hinweis:
Die arbeitsrechtliche Verpflichtung der Arbeitnehmer, ihrem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen, besteht aktuell noch. Dies gilt auch für die sog. Dreitageregelung, wonach Arbeitnehmer bis zur Dauer von drei Tagen ohne Nachweis einer ärztlichen Bescheinigung der Arbeit fernbleiben dürfen. Dies ändert sich aber zum 1.7.2022: Danach müssen Arbeitnehmer, die Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind, dem Arbeitgeber keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – sofern diese erforderlich ist, da die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage besteht – mehr vorlegen. Es genügt, dass sich diese Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt aushändigen lassen, die das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellt.
– Elektronische Entgeltunterlagen: Seit dem 1.1.2022 haben sowohl die verantwortlichen Stellen als auch die Beschäftigten ihre Belege, Nachweise oder Bescheide dem Arbeitgeber in elektronischer Form zu übermitteln, der sie elektronisch aufzubewahren und zu Prüfzwecken elektronisch zu erfassen und lesbar zu machen hat. Damit besteht eine Verpflichtung zur Führung elektronischer Unterlagen für Zwecke der Sozialversicherung (Entgeltabrechnung). Insoweit besteht allerdings eine Übergangsfrist: Bis zum 31.12.2026 kann sich der Arbeitgeber von der Führung elektronischer Unterlagen auf Antrag bei dem für ihn zuständigen Prüfdienst der Deutschen Rentenversicherung befreien lassen.