Gemäß § 17 Abs. 4 EStG gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn bzw. der Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war.
Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des FG Düsseldorf vom 11.11.2021 (Az. 14 K 2330/19 E) zu sehen, mit dem das FG anlässlich der Auflösung einer GmbH über die steuerliche Berücksichtigung ausgefallener Forderungen der Gesellschafter zu entscheiden hatte.
Im konkreten Streitfall hatte – sehr verkürzt dargestellt – ein Ehepaar geklagt, bei dem der Ehemann zu 50 % an einer in 2009 gegründeten GmbH beteiligt war, über deren Vermögen im Jahr 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Die Stpfl. begehrten für das Streitjahr 2014 die steuerliche Berücksichtigung von Verlusten im Zusammenhang mit Bürgschaftsverpflichtungen, die zugunsten der GmbH, die verschiedene Darlehen aufgenommen hatte, eingegangen worden waren. Es handelte sich um selbstschuldnerische Bürgschaften, die „nach Ablauf eines Jahres ab dem Zeitpunkt ihrer Übernahme schriftlich“ gekündigt werden konnten.
In der Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schloss der Stpfl. umfassende Zahlungs- und Verzichtsvereinbarungen mit den Banken ab, die die Darlehen gewährt hatten. Danach verzichteten die Banken auf sämtliche gegenüber dem Stpfl. bestehenden Forderungen, soweit sie aus der Besicherung der der GmbH gewährten Darlehen resultierten; im Gegenzug leistete der Stpfl. Entschädigungszahlungen. Unter anderem diese Zahlungen machte der Stpfl. für 2014 als Verluste im Zusammenhang mit den Bürgschaften für die GmbH geltend.
Das FA verneinte jedoch deren Berücksichtigung als sog. nachträgliche Anschaffungskosten mit der Begründung, dass sämtliche Bürgschaftsversprechen vor der Krise gewährt und bei Kriseneintritt stehen gelassen worden seien. Erst in 2012 seien die die Krise begründenden Umstände eingetreten.
Auch das FG hat diese Zahlungen auf Grund der Zahlungs- und Verzichtsvereinbarung mit den Banken nicht im Rahmen des § 17 Abs. 4 EStG – als nachträgliche Anschaffungskosten – berücksichtigt. Es hat aber die auf Grund der jeweiligen Zahlungs- und Verzichtsvereinbarungen erhaltenen wertlosen Darlehensforderungen des Stpfl. gegenüber seiner GmbH als Forderungsausfall nach § 20 Abs. 2 und 4 EStG berücksichtigt. Nach der im Jahr 2014 geltenden Rechtslage haben zu nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung neben offenen und verdeckten Einlagen auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung geführt, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungs- oder Auflösungskosten waren. Für die Frage, ob eine Finanzierungshilfe durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war, hat der BFH darauf abgestellt, ob diese eigenkapitalersetzend war.
Der BFH hatte dies bejaht, wenn der Gesellschafter der GmbH zu einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute nur noch Eigenkapital zugeführt hätten (Krise der GmbH), stattdessen ein Darlehen gewährt oder eine Bürgschaft zur Verfügung gestellt hatte (sogenanntes funktionelles Eigenkapital). Hatte die Finanzierungshilfe (gesellschaftsrechtlich) nicht die Funktion von Eigenkapital, war der Gesellschafter insofern wie jeder Drittgläubiger zu behandeln.
Das Eigenkapitalersatzrecht – mit seiner Bedeutung für die nachträglichen Anschaffungskosten – ist mittlerweile zwar aufgehoben worden, aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiter anzuwenden, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum 27.9.2017 geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist. Im Streitfall, so das FG, hätten aber keine krisenbestimmten Bürgschaften vorgelegen.
Die im Zuge der Inanspruchnahmen des Stpfl. erhaltenen wertlosen Regressforderungen gegen die GmbH seien aber als Forderungsausfall nach § 20 Abs. 2 und 4 EStG zu berücksichtigen, weil auch Gesellschafterdarlehen den Begriff der sonstigen Kapitalforderung jeder Art i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllten; entsprechendes gelte für Rückgriffsforderungen gegen die GmbH.
Hinweis:
Das FG hat die Revision zugelassen, so dass die weitere Rechtsentwicklung aufmerksam beobachtet werden sollte. Die Neuregelung des § 17 Abs. 2a EStG, mit der nachträgliche Anschaffungskosten (und deren gesellschaftsrechtliche Veranlassung) beschrieben werden, war im Streitfall i.Ü. nicht anwendbar, da diese Neuregelung grundsätzlich erstmals für nach dem 31.7.2019 erfolgte Veräußerungen oder veräußerungsgleiche Vorgänge gilt. Allerdings hätte die Neuregelung auf Antrag des Stpfl. Anwendung finden können.