Kapitaleinkünfte unterliegen grds. dem gesonderten Steuertarif von 25 % der Einnahmen. Auf Antrag kann eine Günstigerprüfung erfolgen, sodass die Kapitaleinkünfte dann in die reguläre Tarifbesteuerung einbezogen werden, sofern dies steuerlich günstiger ist. Dies ist regelmäßig dann gegeben, wenn insbesondere auf Grund geringer anderer Einkünfte oder gar Verluste der individuelle Steuersatz unter 25 % liegt. Auch eine Verrechnung positiver Kapitalerträge mit negativen übrigen Einkünften ist möglich, da die gesetzliche Verlustausgleichsbeschränkung für Kapitalerträge in diesem Fall nicht greift. Der Antrag auf Günstigerprüfung kann zeitlich unbefristet bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung gestellt werden.
Der BFH hatte nun über einen Fall zu entscheiden, in dem erst nach Eintritt der Festsetzungsverjährung auf Grund einer Gewinnmitteilung bezüglich einer Beteiligung Einkünfte berücksichtigt wurden. In Bezug auf diese Gewinnmitteilung erließ das Finanzamt zulässigerweise unter Durchbrechung der Festsetzungsverjährung einen Änderungsbescheid. Im Rahmen des hiergegen eingelegten Einspruchs beantragte der Stpfl. erstmals die Günstigerprüfung. Das Finanzamt lehnte diese aber ab, da insoweit keine die Bestandskraft durchbrechende Korrekturvorschrift vorliege.
Der BFH hat dieses Ergebnis mit Entscheidung vom 26.9.2023 (Az. VIII R 10/21) bestätigt. Wird wie im Streitfall ein Antrag auf Günstigerprüfung vom Stpfl. nach Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung auf Grund eines Änderungsbescheids gestellt und lässt sich hierdurch eine Steuerminderung erzielen, kann diese nur berücksichtigt werden, soweit die Bestandskraft der Steuerfestsetzung auf Grund einer Änderungsvorschrift zu Gunsten des Antragstellers durchbrochen werden kann.
Insoweit ist also zu differenzieren:
– Der BFH bestätigt, dass ein Antrag auf Günstigerprüfung ein rückwirkendes Ereignis darstellt, wenn durch einen Änderungsbescheid erstmals die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Antrag auf Günstigerprüfung geschaffen werden.
– Andererseits ist dies eben auch dann nicht gegeben, wenn die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Antrag auf Günstigerprüfung bereits im Erstbescheid oder einem vorangegangenen Änderungsbescheid vorgelegen haben und die Antragstellung auf Grund eingetretener Bestandskraft nicht mehr möglich ist. In der Praxis muss daher der Antrag auf Günstigerprüfung möglichst bereits in der Steuererklärung gestellt werden, wenn absehbar ist, dass dieser später sinnvoll werden kann.
Die Besonderheit des Falls lag darin, dass bereits im ersten ergangenen Bescheid ein Antrag auf Günstigerprüfung zu einer niedrigeren Steuer geführt hätte. Die hierin festgesetzte Steuer entfiel in voller Höhe auf Kapitaleinkünfte, die (nach Abzug des Sparerfreibetrags) dem gesonderten Tarif von 25 % unterworfen wurden. Die tarifliche Steuer auf die weiteren Einkünfte betrug 0 €. Auch der in der Folge ergangene Änderungsbescheid änderte nichts an dieser Steuerfestsetzung, sondern führte lediglich zu einer geänderten Zusammensetzung der Besteuerungsgrundlagen. Somit lagen die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ausübung des Wahlrechts bereits vor Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung vor und nicht erstmals auf Grund des Änderungsbescheids.
Handlungsempfehlung:
Insoweit ist eine vorausschauende Planung insbesondere dann notwendig, wenn Einkünfte erst später im Wege der Berücksichtigung von (geänderten) Feststellungsbescheiden in die Veranlagung einbezogen werden.