Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Anweisung der FinVerw zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von Gesellschafterdarlehen, Bürgschaftsregress- und vergleichbaren Forderungen (nachträgliche Anschaffungskosten)

29. September 2022


Bereits mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (BGBl. I, 2451) hat der Gesetzgeber mit § 17 Abs. 2a EStG eine Regelung neu eingeführt, welche insbesondere die steuerlichen Folgen bei einem Ausfall von Gesellschafterdarlehen bzw. bei einem Verzicht i.H.d. wertlosen Teils einer Gesellschafterforderung oder Bürgschaftsregressforderungen u.Ä. betrifft.





Inhaltlich hat die Neuregelung einige Fragen aufgeworfen, z.B. ob bei einem in der Krise stehengelassenen Darlehen ein Darlehensverlust nur i.H.d. im Zeitpunkt des Eintritts der Krise werthaltigen Teils des stehengelassenen Darlehens zu nachträglichen Anschaffungskosten führt.





Vor diesem Hintergrund ist nun das aktuelle Schreiben des BMF v. 7.6.2022 (Az. IV C 6 – S 2244/20/10001 :001) zu sehen, mit dem die FinVerw erstmals zu diesem neuen Regelungskreis Stellung nimmt. Aus der Fülle der Details sind an dieser Stelle folgende Einordnungen und Wertungen der FinVerw hervorzuheben:





–  Zu den nachträglichen Anschaffungskosten gehören insbesondere





–  offene oder verdeckte Einlagen,





–  Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war, und





–  Ausfälle von Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbaren Forderungen, soweit die Hingabe oder das Stehenlassen der betreffenden Sicherheit gesellschaftsrechtlich veranlasst war.





–  Zu den verdeckten Einlagen gehört insbesondere der Verzicht auf ein Gesellschafterdarlehen i.H.d. werthaltigen Teils, und zwar unabhängig davon, ob es sich im Zeitpunkt des Verzichts um ein fremdübliches oder gesellschaftsrechtlich veranlasstes Darlehen handelt. Der Verzicht auf den nicht werthaltigen Teil des Gesellschafterdarlehens ist ggf. unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Satz 2 EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen.





–  Allein die Vereinbarung eines Gesellschafterdarlehens zu nicht marktüblichen Bedingungen (z.B. ein zinsloses Darlehen) führt daher noch nicht zur Annahme einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung i.S.v. § 17 Abs. 2a Satz 4 EStG.





–  Ein Darlehen ist dann gesellschaftsrechtlich veranlasst, wenn im Zeitpunkt seiner Gewährung oder Weitergewährung (sog. stehengelassenes Darlehen) die Rückzahlung des Darlehens angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in dem Maße gefährdet ist, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Darlehensgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre (sog. Krise).





–  Bei sog. krisenbestimmten Darlehen und Finanzplandarlehen ist unabhängig von einer tatsächlichen Krise stets von einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung auszugehen.





Hinweis:





Bei einer Berücksichtigung eines Darlehensausfalls im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen sind Verlustausgleichsbeschränkungen zu beachten. So darf der Verlust aus einer ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung regelmäßig nur i.H.v. 20 000 € mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden. Der darüber hinausgehende Verlust kann in den Folgejahren verrechnet werden, jeweils mit der Maßgabe, dass je Folgejahr nur bis zur Höhe von 20 000 € mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden darf. Insoweit ist allerdings stets der Einzelfall zu prüfen, da für Altdarlehen andere Regeln gelten können.





–  Hinsichtlich der Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten differenziert die FinVerw wie folgt:





–  Im Falle der Hingabe des Darlehens in der Krise ist bei Verlust der Nennwert des Darlehens als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung des Verlustes eines solchen Darlehens im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nicht möglich. Entsprechendes gilt für sog. krisenbestimmte Darlehen.





–  Der Verlust eines sog. Finanzplandarlehens ist ebenfalls in Höhe seines Nennwerts als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen.





–  Im Falle eines stehengelassenen Darlehens führt bei Verlust allerdings nur der im Zeitpunkt des Eintritts der Krise werthaltige Teil des stehengelassenen Darlehens zu nachträglichen Anschaffungskosten. Der insoweit nicht mehr werthaltige Teil des stehengelassenen Darlehens ist allenfalls im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen.





–  Im Falle des Verzichtes führt nur der im Zeitpunkt des Eintritts der Krise werthaltige Teil des stehengelassenen Darlehens zu nachträglichen Anschaffungskosten. Der bereits im Zeitpunkt des Eintritts der Krise nicht mehr werthaltige Teil des stehengelassenen Darlehens ist nur im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen unter den dortigen Voraussetzungen zu berücksichtigen.





–  Ein Verlust aus der Veräußerung eines gesellschaftsrechtlich veranlassten Darlehens an die Gesellschaft oder einen Dritten führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten i.S.v. § 17 Abs. 2a EStG, soweit keine verdeckte Einlage vorliegt.





–  Diese Einordnungen und Wertungen gelten sinngemäß für Bürgschaftsregress- und vergleichbare Forderungen.





–  Eine Berücksichtigung von Darlehensverlusten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ist nur möglich, soweit der Darlehensverlust nach den vorstehenden Ausführungen nicht nach § 17 EStG zu berücksichtigen ist.





Hinweis:





Das BMF-Schreiben enthält differenzierte Anwendungsregelungen (für die Anwendung in allen noch offenen Fällen) einerseits für Veräußerungen bis zum 31.7.2019 und andererseits ab dem 1.8.2019. Inhaltlich ist davon auszugehen, dass die z.T. als restriktiv einzuordnende Auffassung der FinVerw gerichtlich überprüft werden wird, so dass die weitere Rechtsentwicklung zu beobachten ist und in einschlägigen Fällen fachlicher Rat eingeholt werden sollte.


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