Mit Urteil vom 2.7.2019 (Aktenzeichen IX R 13/18, HFR 2020, 22) hat der BFH in Bestätigung seiner Rechtsprechung entschieden, dass die bis zum BFH-Urteil vom 11.7.2017 (Aktenzeichen IX R 36/15, BStBl II 2019, 208) anerkannten Grundsätze zur Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen weiter anzuwenden sind, wenn der Gesellschafter eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum 27.9.2017 geleistet hatte oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden war. Stpfl., die ihrer GmbH als Gesellschafter bis zum 27.9.2017 eine (ehemals) eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe geleistet haben, können also den Ausfall ihrer Rückzahlungs- oder Regressansprüche im Fall der Veräußerung oder Auflösung der Gesellschaft als nachträgliche Anschaffungskosten geltend machen.
Haben die Gesellschafter einer GmbH durch Feststellung des Jahresabschlusses untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft rechtsverbindlich bestätigt, dass eine im Jahresabschluss ausgewiesene Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Gesellschafter in der ausgewiesenen Höhe besteht, ist dies auch für die Besteuerung des Gesellschafters von Bedeutung. Nach BFH-Auffassung spricht die Feststellung des Jahresabschlusses dann zumindest indiziell für das Bestehen der Forderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft dem Grunde und der Höhe nach. Damit verwirft der BFH den Ansatz des FA, welches mangels Nachweises des ursprünglichen Geldflusses das Vorhandensein des Gesellschafterdarlehens bezweifelt hatte.
Zuvor hatte der BFH mit Urteil vom 27.9.2017 (Aktenzeichen IX R 36/15, BStBl II 2019, 208) seine langjährige Rechtsprechung zu nachträglichen Anschaffungskosten bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften geändert und zugleich aber entschieden, dass die bisherigen einschlägigen Grundsätze in allen Fällen weiter anzuwenden sein sollen, in denen der Sachverhalt am 27.9.2017 bereits verwirklicht war (Übergangsregelung).
Aktuell hat der BFH seine Auffassung bestätigt, wonach er typisierenden Vertrauensschutz gewähren kann, und ausgeführt, dass es im konkreten Streitfall für die Höhe der (nachträglichen) Anschaffungskosten auf den unter der Geltung des Eigenkapitalersatzrechts zu § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG entwickelten normspezifischen Anschaffungskostenbegriff ankommt. Das FA wollte nun den Veräußerungsverlust allein deshalb nicht anerkennen, weil der Gesellschafter keine Nachweise mehr über die viele Jahre zuvor gewährten Darlehen mehr bringen konnte. Daher bestritt das FA, dass überhaupt Gesellschafterdarlehen bestanden haben. Dies wies der BFH aber zurück. Vielmehr sei durch den Ausweis der Verbindlichkeiten im Jahresabschluss der GmbH die Existenz derselben ausreichend nachgewiesen. Durch Feststellung des Jahresabschlusses haben die Gesellschafter untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft rechtsverbindlich bestätigt, dass eine im Jahresabschluss ausgewiesene Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Gesellschafter (in der ausgewiesenen Höhe) bestehe.
Hinweis:
Das BMF hatte mit seinem Schreiben vom 5.4.2019 (IV C 6 – S 2244/17/10001, BStBl I 2019, 257) die BFH-Rechtsprechungsänderung und insbesondere die Vertrauensschutzregelung mit dem Stichtag 27.9.2017 für alle noch offenen Fälle bestätigt. Greift die Vertrauensschutzregelung nicht, so sind danach nur noch solche Aufwendungen als nachträgliche Anschaffungskosten zu qualifizieren, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen und verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen.
Als Reaktion auf die vorgenannte Rechtsprechung ist mit dem sog. Jahressteuergesetz 2019 (Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019, BGBl. I 2019, 2451) eine neue gesetzliche Regelung eingeführt worden (§ 17 Abs. 2a EStG), nach der u.a. auch Darlehensverluste im Zusammenhang mit solchen Darlehen, die aus gesellschaftsrechtlichen Gründen gewährt bzw. in der Krise der darlehensnehmenden Kapitalgesellschaft stehen gelassen wurden, zu den nachträglichen Anschaffungskosten zählen sollen. Diese Neuregelung ist auf Veräußerungen nach dem 31.7.2019 (Datum des Kabinettbeschlusses zur Einbringung des Regierungsentwurfs) anzuwenden, auf Antrag aber auch schon auf frühere Veräußerungen.
Handlungsempfehlung:
In einschlägigen Fällen ist daher die Vorteilhaftigkeit einer entsprechenden Antragstellung sorgfältig zu prüfen.