Ehegatten und eingetragene Lebenspartner sind oft daran interessiert, dass das Vermögen des Erstversterbenden zunächst beim Überlebenden verbleibt. Zu diesem Zweck setzen sich die Ehe-/Lebenspartner oft in gemeinsamen Testamenten zunächst gegenseitig als Erben ein und bestimmen zugleich die Erbfolgeregelung für den Tod des Längstlebenden (sog. Berliner Testament). Bei der Ausgestaltung dieser Erbeinsetzung bestehen verschiedene rechtliche Möglichkeiten.
Erbschaftsteuerlich kann ein solches Berliner Testament allerdings nachteilig sein, weil das Vermögen der Ehegatten/Lebenspartner innerhalb kurzer Zeit möglicherweise zweimal der Erbschaftsteuer unterworfen wird. Gerade bei Ehegatten/Lebenspartnern, die innerhalb eines kurzen zeitlichen Abstands versterben, steht der doppelten Belastung nur eine vergleichsweise kurze Zeit gegenüber, in welcher der überlebende Ehegatte/Lebenspartner das gemeinsame Vermögen nutzen kann. Beim Tod des erstversterbenden Ehegatten kann in der Regel nur der persönliche Freibetrag des überlebenden Ehegatten (500 000 €) und der besondere Versorgungsfreibetrag (256 000 €) genutzt werden. Der persönliche Freibetrag des bzw. der Schlusserben kann dagegen beim Tod des Erstverstorbenen nicht genutzt werden. Bei größeren Vermögen kann dies sehr ungünstig sein.
Handlungsempfehlung:
Insoweit sollten im konkreten Fall eine Abschätzung der erbschaftsteuerlichen Werte und der möglichen Erbschaftsteuer erfolgen. Dies ist ein wichtiger Prozess, um mögliche Steuerbelastungen einplanen und berücksichtigen zu können. Hinsichtlich der Ausgestaltung der Erbfolgeregelung gibt es in mehrfacher Hinsicht Gestaltungsmöglichkeiten, die je nach Einzelfall vorteilhaft einsetzbar sind, ggf. aber auch steuerlich sehr ungünstig sein können.
Der BFH hatte nun über eine Ausgestaltungsform des Berliner Testaments zu entscheiden. Es ging um die sog. Jastrowsche Klausel, bei der denjenigen Kindern ein betagtes Vermächtnis gewährt wird, die beim Tod des Erstversterbenden ihren Pflichtteil nicht fordern. Durch diese Strafklausel sollen Kinder abgehalten werden, beim Tod des Erstversterbenden den ihnen zustehenden Pflichtteil zu fordern. Mit Urteil vom 11.10.2023 (Az. II R 34/20) hat der BFH zur erbschaftsteuerlichen Behandlung eines solchen Testaments wie folgt entschieden:
– Zunächst kann der überlebende Ehegatte als Erbe des Erstversterbenden das Vermächtnis bei seinem Erwerb nicht als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen, da das Vermächtnis noch nicht fällig ist (sog. betagtes Vermächtnis). Dies hat zur Folge, dass der Nachlass ungeschmälert durch das betagte Vermächtnis auf den Längstlebenden übergeht.
– Das später berechtigte Kind hat den Erwerb durch Vermächtnis beim Tod des länger lebenden Ehegatten als von diesem stammend zu versteuern.
– Ist das Kind auf Grund der Anordnung des Berliner Testaments zugleich Schlusserbe des Letztversterbenden geworden, kann es bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs das dann fällig gewordene Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen. Hierdurch neutralisiert sich, dass das Kind selbst das Vermächtnis versteuern muss.
– In der Zusammenschau kommt es aber zu einer zweifachen Besteuerung des Werts des Vermächtnisses: Zum einen bei dem zunächst überlebenden Ehegatten, bei dem es ohne Abzugsmöglichkeit in den steuerlichen Erwerb fällt, und zum anderen bei dem Kind als Vermächtnisnehmer im Zeitpunkt der Fälligkeit des Vermächtnisses.
Hinweis:
Der Einsatz der Jastrowschen Klausel kann also zur Sicherstellung der Versorgung des überlebenden Ehegatten mit ausreichender Liquidität sinnvoll sein, ist aber aus erbschaftsteuerlicher Sicht ungünstig. Aus diesem Grund sollte bei der Abfassung solcher Verfügungen stets rechtlicher und steuerlicher Rat eingeholt werden.