Die Fremdfinanzierung einer kleineren oder mittleren GmbH kann vielfach nur dadurch realisiert werden, dass Gesellschafter Sicherheiten stellen. Dies erfolgt oftmals durch eine selbstschuldnerische Höchstbetragsbürgschaft oder auch durch Verpfändung eines Wertpapierdepots an die darlehensgebende Bank. Tritt dann der Sicherungsfall ein, so nimmt die Bank den Gesellschafter aus der Bürgschaft in Anspruch. Der Gesellschafter hat dann einen Regressanspruch gegen die GmbH, welcher oftmals aber wertlos sein wird. Hinsichtlich der Frage, ob und wann der Gesellschafter die Aufwendungen aus der Bürgschaftsinanspruchnahme steuerlich geltend machen kann, ist – bei einer GmbH-Beteiligung im steuerlichen Privatvermögen – zwischen folgenden Fällen zu unterscheiden:
– Befand sich die GmbH bereits bei Hingabe der Bürgschaft in der Krise, so ist die Bürgschaftsübernahme von vorneherein gesellschaftsrechtlich veranlasst und die Aufwendungen aus der Bürgschaftsübernahme können als nachträgliche Anschaffungskosten geltend gemacht werden.
– Befand sich die GmbH bei Bürgschaftsübernahme noch nicht in der Krise, so ist die Bürgschaftsübernahme zunächst noch nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst. Dies ändert sich mit Eintritt der Krise der Gesellschaft. Der Wertverlust der Bürgschaftsregressforderung bis zum Eintritt der Krise ist mangels gesellschaftsrechtlicher Veranlassung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ansetzbar. Der Wertverlust ab der Entscheidung über das Stehenlassen der Bürgschaft ist hingegen bei Liquidation der Gesellschaft bzw. Verkauf der Anteile berücksichtigungsfähig.
Hinweis:
Anders ist die Beurteilung, wenn die GmbH-Beteiligung ihrerseits in einem steuerlichen Betriebsvermögen gehalten wird. So auch bei Bestehen einer steuerlichen Betriebsaufspaltungskonstellation.
Mit der Frage der Berücksichtigung des Verlusts aus einer stehengelassenen Gesellschafterbürgschaft als Verlust bei den Kapitaleinkünften hatte sich der BFH zu beschäftigen. Streitig war, ob der Ausfall von Bürgschaftsregressforderungen steuerlich erfasst werden kann. Nachdem im März 2013 über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, trafen der Stpfl. und sein Bruder mit den Gläubigern der GmbH diverse Zahlungs- und Verzichtsvereinbarungen.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2014 erklärte der Stpfl. nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens einen Auflösungsverlust. Hiervon berücksichtigte das Finanzamt nur einen Teil mit der Argumentation, dass sämtliche Bürgschaftsversprechen vor der Krise abgegeben und bei Kriseneintritt stehengelassen worden seien. Die späteren Zahlungen seien infolge der Wertlosigkeit etwaiger Rückgriffsansprüche bei Kriseneintritt wertmäßig nicht mehr in die Verlustberechnung einzustellen. Eine Berücksichtigung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen komme auf Grund des Subsidiaritätsprinzips und somit des Vorrangs des gewerblichen Auflösungsverlusts nicht in Betracht.
Der BFH bestätigte dagegen mit Urteil vom 20.6.2023 (Az. IX R 2/22) die steuerliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen aus der Bürgschaftsinanspruchnahme. Hierzu stellt das Gericht heraus:
– Der Ausfall der Bürgschaftsregressforderungen (und von Gesellschafterdarlehen) sind als Verluste aus Kapitaleinkünften steuerlich zu berücksichtigen. Insoweit ist auch die erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht zu bejahen. Von einer fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht ist nur dann auszugehen, wenn die Erzielung von positiven Einkünften insgesamt ausscheidet, was vorliegend nicht gegeben war.
– Im Zeitpunkt der Krise ist der gemeine Wert auf Grund des zu erwartenden Ausfalls regelmäßig mit 0 € anzusetzen. Dies hat zur Folge, dass der Wertverlust vom Nennwert der Forderung bis auf 0 € alleinig bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist. Die Subsidiarität (und damit Zuordnung zur Beteiligung und eines hieraus etwa realisierten Auflösungsverlustes) erstreckt sich nur auf den im Rahmen des Auflösungsverlusts positiv erfassten Forderungsverlust nach gesellschaftsrechtlicher Verstrickung der Bürgschaft (hier: 0 €), nicht aber auf den zuvor eingetretenen Wertverlust.
– Verbürgen sich mehrere Gesellschafter für dieselbe Gesellschaftsschuld, kann der über seinen Anteil hinaus in Anspruch genommene Bürge den Ausfall seiner gegen die Gesellschaft gerichteten Regressforderung nur dann in voller Höhe steuerlich geltend machen, wenn feststeht, dass die Ausgleichsforderung gegen den Mitbürgen nicht realisierbar und damit wertlos ist.
Handlungsempfehlung:
In derartigen Fällen sollte stets steuerlicher Rat eingeholt werden, da verschiedene Fallkonstellationen unterschieden werden müssen.