Für Bezieher von Kapitaleinkünften

Besteuerung des Nutzungsersatzes für bereits erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen nach Widerruf eines Darlehens

18. Mai 2022


Erneut hatte sich ein Finanzgericht mit einem in den letzten Jahren oftmals anzutreffender Fall zu beschäftigen: Die Stpfl. hatten im Jahr 2004 ein privates Immobiliendarlehen aufgenommen. Sie kündigten das Darlehen nach Ablauf von zehn Jahren und erklärten im Jahr 2015 den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen unter Verweis auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Nachdem sie Klage gegen die darlehensgewährende Bank auf Zahlung eines Betrags erhoben hatten, der sich aus der Verrechnung verschiedener gegenläufiger Ansprüche aus der Kündigung und dem Widerruf ergab, einigten sie sich mit der Bank auf Zahlung von 15 000 €. Vor Abschluss des Vergleichs hatten die Stpfl. und die Bank die Höhe der Entschädigung für die Nutzung der bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen mit rund 17 700 € bzw. 11 100 € ermittelt. Die Bank vertrat die Auffassung, dass der zu zahlende Betrag der Besteuerung unterliegt, und behielt 25 % Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag ein und führte die Beträge an das Finanzamt ab. In ihrer Einkommensteuererklärung sowie im Einspruchs- und Klageverfahren vertraten die Stpfl. die Auffassung, die Vergleichssumme stelle keine Kapitalerträge dar. Insbesondere habe das Darlehen der Finanzierung des selbstgenutzten Hauses gedient.





Das FG Münster bestätigt mit Urteil vom 13.1.2022 (Az. 3 K 2991/19 E) dagegen die steuerliche Erfassung. Damit folgt das Gericht der Auffassung anderer Finanzgerichte. Das Gericht stützt sich dabei maßgeblich auf die Zivilrechtslage. In diesen Altfällen ist die Zivilrechtslage so, dass bei dem Widerruf eines Darlehens der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine bereits erfolgte (Teil-)Tilgung sowie Wertersatz für die Gebrauchsvorteile am überlassenen Kapital schuldet. Und dies unabhängig davon, dass der Darlehensgeber die Herausgabe der erfolgten Zins- und Tilgungsleistungen sowie Nutzungsersatz wegen der Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen schuldet. Der Nutzungswertersatz, den die Stpfl. für die bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen erhalten haben, stellt dabei Entgelt für eine Kapitalüberlassung dar. Der Anspruch auf Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen aus dem Rückgewährschuldverhältnis, aus dem der hier streitige Nutzungswertersatzanspruch erwächst, ist eine sonstige Kapitalforderung, die steuerlich als Quelle für Kapitaleinkünfte erfasst wird.





Hinweis:





Mittlerweile haben mehrere Finanzgerichte derart entschieden. Allerdings ist diese Rechtsfrage noch nicht abschließend geklärt. Die insoweit anhängigen Revisionsverfahren beim BFH bleiben abzuwarten. Insoweit sollte in vergleichbaren Fällen der Sachverhalt gegenüber der FinVerw offengelegt werden, so dann aber gegen eine steuerliche Erfassung vorsorglich Einspruch eingelegt werden.


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