Im Streitfall ging es um die Frage, ob die Übertragung einer Reinvestitionsrücklage i.S.d. § 6b EStG von einer Muttergesellschaft (Stpfl.) auf ihre Tochtergesellschaft bei der Ermittlung der Überentnahmen bei der Stpfl. wie eine Einlage zu berücksichtigen ist. Dies vor dem Hintergrund, dass tatsächlich angefallene Schuldzinsen unter bestimmten Umständen dann vom steuerlichen Abzug ausgeschlossen oder beschränkt sind, wenn Überentnahmen vorliegen und diese Ermittlung eventueller Überentnahmen streng betriebsbezogen zu erfolgen hat. Eine Überentnahme liegt danach vor, wenn die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres (Wj.) übersteigen. In diesem Fall werden die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert ermittelt mit 6 % der Überentnahme des Wj. zzgl. der Überentnahmen der Vorjahre und abzgl. der Unterentnahmen der Vorjahre. Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 € verminderte Betrag der angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen. Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt hingegen unberührt.
Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung führt die Übertragung der stillen Reserven auf einen anderen Betrieb des Stpfl. oder eine Mitunternehmerschaft zu einer Einlage bei dem Betrieb, bei dem die Veräußerung stattgefunden hat und zu einer Entnahme bei dem Betrieb, bei dem die Übertragung der stillen Reserven auf Anschaffungskosten von Reinvestitionsobjekten erfolgt. Dieser Ansicht folgt das FG München nun mit Entscheidung vom 18.3.2021 (Az. 10 K 1984/18) nicht und behandelt die Übertragung der Reinvestitionsrücklage im Streitfall nicht als Einlage bei der Stpfl.
Die Frage, ob eine überentnahmemindernde Einlage vorliegt, ist nach Auffassung des Gerichts betriebsbezogen zu beantworten. Voraussetzung ist mithin die Zuführung eines einlagefähigen Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen der zu betrachtenden Gesellschaft. Hieran fehlte es nach Ansicht des Gerichts im Streitfall. Die Übertragung der Rücklage nach § 6b EStG anlässlich der Veräußerung der Betriebsgrundstücke von der Stpfl. auf die Untergesellschaften konnte nicht zu einer Einlage bei der Stpfl. führen, da die Übertragung der Rücklage ausschließlich der Neutralisation des steuerbilanziellen Veräußerungsgewinns im Veräußerungsbetrieb dient, aber kein einlagefähiges Wirtschaftsgut darstellt.
Hinweis:
Gegen dieses Urteil ist nun unter dem Az. IV R 8/21 die Revision beim BFH anhängig. Es bleibt daher abzuwarten, ob der BFH seine bisherige Rechtsprechung im Hinblick auf mehrstöckige Personengesellschaften anpasst. Jedenfalls hielt es auch das Finanzamt im Streitfall unter Berücksichtigung des finalen Entnahmebegriffs grundsätzlich für naheliegend, die Frage des Vorliegens von Überentnahmen betriebsübergreifend zu beantworten und Vermögensbewegungen zwischen zwei Betriebsvermögen eines Stpfl. weder als Entnahmen noch als Einlagen i.S.d. Sonderregelung zum Schuldzinsenabzug zu erfassen.
Handlungsempfehlung:
Nach der bisherigen Rechtsprechung muss die Frage der Ermittlung von Entnahmen und Einlagen zwecks Prüfung eines einschränkenden Abzugs von Schuldzinsen streng auf den einzelnen Betrieb bezogen werden. Selbst Entnahmen/Einlagen zwischen zwei Betrieben desselben Stpfl. werden also erfasst, auch wenn hiermit keine Mittel dem Gesellschafter selbst zufließen, was eigentlich nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift den Tatbestand darstellt, der ggf. zum begrenzten Schuldzinsenabzug führen soll.