Mit seinem Urteil v. 30.6.2022 (Az. IV R 19/18) hat der BFH entschieden, dass
– die Einlage eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft mit den (historischen) Anschaffungskosten zu bewerten ist, wenn der Stpfl. an der Gesellschaft im Zeitpunkt der Einlage wesentlich i.S.v. § 17 EStG beteiligt ist,
– bei der Bewertung auch der Wertzuwachs zu erfassen ist, der sich im Privatvermögen zu einer Zeit gebildet hat, als der Anteilsinhaber noch nicht wesentlich beteiligt war,
– und Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft aus dem steuerlichen Einlagekonto (also eine Einlagenrückgewähr) bei einem gewerblich tätigen Gesellschafter im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs erfolgswirksam zu erfassen sind, soweit sie die Anschaffungskosten der Beteiligung übersteigen.
Im konkreten Fall stritten die Beteiligten über die Frage, mit welchem Wert eine in das Betriebsvermögen der Stpfl. (einer Kommanditgesellschaft) eingelegte Beteiligung anzusetzen war, insbesondere über die Frage, ob negative Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Einlagewertes zu berücksichtigen waren.
Sehr verkürzt dargestellt hatte eine GmbH & Co. KG geklagt, deren alleiniger Kommanditist im Jahr 2004 seine GmbH-Beteiligung, die er bis dahin im Privatvermögen gehalten hatte, ohne Gegenleistung an die Stpfl. abtrat. Die Einbringung sollte zum Buchwert (es wurden rd. 71 T€ errechnet) ohne die Gewährung weiterer Gesellschaftsrechte an der Stpfl. erfolgen.
Im Zuge einer Außenprüfung für die Jahre 2005 bis 2008 kam die FinVerw zu dem Ergebnis, dass die im Prüfungszeitraum erfolgten Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto die Anschaffungskosten der Beteiligung bis auf einen Erinnerungswert minderten. Soweit die Ausschüttungen die Anschaffungskosten überstiegen, lägen außerordentliche Erträge vor und damit eben keine weiteren Anschaffungskostenminderungen. Das Thüringer FG als Vorinstanz wie auch der BFH haben dieses Ergebnis wie folgt bestätigt:
– Einlagen seien stets mit den Anschaffungskosten zu bewerten, wenn das zugeführte Wirtschaftsgut ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft ist und der Stpfl. an der Gesellschaft i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG beteiligt ist, die im Zeitpunkt der Zuführung gültige Wesentlichkeitsgrenze (aktuell: 1 %) also innerhalb der letzten fünf Jahre überschritten wurde.
– Zweck der besonderen Regelung zur Einlage wesentlicher Beteiligungen sei es, zu verhindern, dass Wertsteigerungen, die die eingelegte Beteiligung während ihrer Zugehörigkeit zum Privatvermögen erfahren hat, entgegen der mit § 17 EStG verfolgten Zielsetzung der Besteuerung entzogen werden.
– Im Fall der Einlage einer wertgeminderten Beteiligung sei folgerichtig ebenfalls eine Bewertung mit den Anschaffungskosten vorzunehmen, um die im steuerverstrickten Privatvermögen eingetretenen, aber noch nicht realisierten Wertminderungen für den Fall ihrer Realisierung im Betriebsvermögen zu erhalten.
– Die Ausschüttungen der GmbH an die Stpfl. aus dem steuerlichen Einlagekonto führten in den Jahren 2005 und 2007 jeweils erfolgswirksam zu Beteiligungserträgen der Stpfl. Denn erfolgsneutral sei eine Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto nur insoweit, als sie mit den vom Gesellschafter aufgewendeten Anschaffungskosten verrechnet werden könne. Soweit Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto aber den Buchwert der Beteiligung überstiegen (also nicht mehr mit Anschaffungskosten verrechnet werden können), liegen gewerbliche Beteiligungserträge vor.
Hinweis:
Diese Entscheidung unterstreicht u.a. die besondere Bedeutung der zutreffenden Ermittlung der Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG. Im Hinblick auf mögliche Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto muss die gesamte Anteilshistorie betrachtet werden. Insoweit ist eine sorgfältige Dokumentation erforderlich.