Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Bewertung eines GmbH-Anteils mit stark disquotal ausgestalteten Rechten

29. Mai 2023


Mit seinem Urteil vom 16.11.2022 (Az. X R 17/20) hat der BFH zur Bewertung eines GmbH-Anteils anlässlich einer Sachzuwendung (Spende) an eine als gemeinnützig anerkannte Stiftung entschieden, dass dann, wenn die Gewinnbezugs- und Stimmrechte, mit denen ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft ausgestattet ist, erheblich hinter dem Anteil am Nominalkapital zurückbleiben, dies bei der Ermittlung des gemeinen Werts des Anteils regelmäßig wertmindernd zu berücksichtigen ist, sofern die Liquidation der Gesellschaft nicht konkret absehbar ist.





Im Streitfall hatte – sehr vereinfacht dargestellt – ein Stpfl. geklagt, der seit 2003 Treugeber in Bezug auf eine Beteiligung an der X-Holding-GmbH war; diese war Obergesellschaft eines mehrstufigen Konzerns. Zivilrechtlicher Alleingesellschafter der X-Holding-GmbH war Herr X, der die Anteile im Innenverhältnis zu 20 % auf eigene Rechnung und zu jeweils 20 % als Treuhänder für vier Treugeber – zu denen der Stpfl. gehörte – hielt.





Der Stpfl. war – u.a. neben Herrn X – in 2007 Mitgründer einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung, auf die Herr X einen Teil des Geschäftsanteils an der X-Holding-GmbH i.H.v. nominal 22 250 € (89 %) schenkweise übertrug (unter Zustimmung der Treugeber). In diesem Zuge wurde der Gesellschaftsvertrag u.a. dahingehend geändert, dass der auf die Stiftung übertragene Anteil im Nennwert von 22 250 € künftig nur noch jeweils 1 % der Stimmrechte und des Jahresergebnisses vermitteln sollte. Die X-Holding-GmbH nahm erhebliche Ausschüttungen (in 2007 20 Mio. € und in 2008 30 Mio. €) vor, an denen die Stiftung entsprechend nur zu 1 % beteiligt wurde.





Die Stiftung erstellte im Jahr 2008 Zuwendungsbestätigungen für Herrn X und die vier Treugeber über Sachzuwendungen i.H.v. jeweils über 8 Mio. €, basierend auf einer Unternehmensbewertung durch die X-Steuerberatungs-GmbH; die Wertermittlung erfolgte nach dem sog. Stuttgarter Verfahren.





Die Zuwendenden begehrten einen entsprechend hohen Sonderausgabenabzug (Spende in den Vermögensstock einer Stiftung), den die FinVerw mit der Begründung ablehnte, die Wertermittlung sei nach § 9 BewG vorzunehmen, da die Anwendung des Stuttgarter Verfahrens für ertragsteuerliche Zwecke ausgeschlossen sei, so dass die Zuwendungen an die Stiftung einkommensteuerlich nur noch mit jeweils 168 062 € berücksichtigt werden könnten.





Während das FG Münster als erste Instanz das Ergebnis der FinVerw bestätigt hat, hat der BFH die Revision als begründet angesehen und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG mit der Maßgabe zurückverwiesen, dass für die Bestimmung des gemeinen Werts der Sachzuwendung tatsächlich allein die Regelungen des § 9 BewG maßgeblich seien, nicht aber das Stuttgarter Verfahren.





Der gemeine Wert bestimme sich durch den Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Bei den Einschränkungen beim Gewinnbezugs- und Stimmrecht, die mit dem der Stiftung zugewendeten Anteil verbunden sind, handele es sich um wesentliche preisbeeinflussende Umstände i.S.d. § 9 Abs. 2 Satz 2 BewG, die bei der Anteilsbewertung zu berücksichtigen seien.





Ein gedachter Erwerber würde sich nicht darauf einlassen, für eine Beteiligung anstelle des Preises, den er aus der auf die laufenden Ausschüttungen gestützten Renditeerwartung ableiten könne, den nach Maßgabe der – stark abweichenden – Beteiligung am Nennkapital ermittelten Anteil am Gesamtwert der GmbH zu zahlen.





Hinweis:





Das FG wird also bei der Ermittlung des gemeinen Werts entscheidend auf die Kapitalisierung der künftigen Zahlungsströme zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter (bzw. die Kapitalisierung der ausschüttungsfähigen Erträge) abstellen müssen, das abweichende Gewinnbezugsrecht wird die Berechnung insoweit deutlich beeinflussen.


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