Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Die Einführung der körperschaftsteuerrechtlichen Regelungen betreffend vororganschaftliche Mehrabführungen ist wegen Rückwirkung teilweise verfassungswidrig

29. Mai 2023


Mit seinem Beschluss v. 14.12.2022 (2 BvL 7/13, 2 BvL 18/14) hat das BVerfG entschieden, dass die rückwirkende Einführung einer körperschaftsteuerrechtlichen Regelung betreffend vororganschaftliche Mehrabführungen teilweise nichtig ist, weil die damit einhergehende sog. unechte Rückwirkung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes in bestimmten Fallgruppen unvereinbar ist.





Konkret von der teilweisen Nichtigkeit betroffen sind § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG gelten Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger. Gemäß § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG ist diese potenziell körperschaftsteuererhöhend wirkende Vorschrift erstmals für (vororganschaftliche) Mehrabführungen von Organgesellschaften für nach dem 31.12.2003 endende Wirtschaftsjahre anzuwenden. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund der Tatsache zu sehen, dass die Begründung einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft insbesondere den Abschluss eines wirksamen Gewinnabführungsvertrags voraussetzt. Wird die Organschaft anerkannt, dann werden Gewinne bzw. Verluste der Organgesellschaft steuerlich beim Organträger erfasst. Allerdings liegt dann eine sog. Mehrabführung vor, wenn der handelsrechtlich abgeführte Gewinn über den Steuerbilanzgewinn hinausgeht.





Das BVerfG sieht in der damit verbundenen Übergangsregelung einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes und hat u.a. folgende Aspekte hervorgehoben:





–  Die umstrittenen Regelungen zu den Mehrabführungen hätten eine belastende Wirkung, die mit einer unechten Rückwirkung einhergehe. Diese unechte Rückwirkung sei mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes unvereinbar, soweit sie Mehrabführungen einer Organgesellschaft an ihren Organträger erfasse, die vor dem 1.1.2007 auf Grund eines Ergebnisabführungsvertrags, der in der Zeit zwischen der Veröffentlichung des einschlägigen BFH-Urteils am 5.3.2003 und dem 13.8.2004 (Zuleitung des Gesetzesentwurfs an den Bundesrat) geschlossen worden ist, erfolgt seien. Diese Rückwirkung sei nicht durch überwiegende Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt. Auch bei Mehrabführungen, die auf den Schluss eines nach dem 31.12.2003, aber spätestens am 15.12.2004 (Zeitpunkt der Verkündung der Neuregelung) endenden Wirtschaftsjahres erfolgt sind und auf einem vor dem 5.3.2003 geschlossenen Ergebnisabführungsvertrag beruhen, verstoße die unechte Rückwirkung gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes.





Hinweis:





In einschlägigen Fällen sollte also sorgfältig geprüft werden, ob entsprechende finanzbehördliche Entscheidungen noch änderbar (nicht bestandskräftig) sind. Das BVerfG geht allerdings davon aus, dass sein Beschluss vom 14.12.2022 Zeiträume einer weitgehend abgeschlossenen Veranlagung betrifft, so dass es auch das Ergebnis einer (teilweisen) Nichtigkeitserklärung der Normen (anstelle einer bloßen Unvereinbarkeitserklärung, wie sie häufiger bei Steuer- und Abgabengesetzen ausgesprochen wird) für vertretbar hielt.





Über den Einzelfall hinaus ist positiv hervorzuheben, dass das BVerfG die Unzulässigkeit der echten Rückwirkung erneut unterstreicht und auch die Grenzen der Zulässigkeit der unechten Rückwirkung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hervorhebt.


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