Für Arbeitgeber, Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Doppelte Haushaltsführung von Ledigen

15. April 2020

Liegt eine doppelte Haushaltsführung vor, so können hierdurch entstehende Kosten als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dies betrifft z.B. die Kosten der Wohnung am Tätigkeitsort und Fahrtkosten zur Zweitwohnung. Hat der Arbeitnehmer eine Familie, so lässt sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen und damit die Erstwohnung regelmäßig leicht anhand der Familienwohnung festmachen. Schwieriger ist dies bei Ledigen, die am Wochenende z.B. im Haushalt der Eltern lediglich ein oder mehrere Zimmer unentgeltlich bewohnen oder wenn dem Arbeitnehmer eine Wohnung im Haus der Eltern unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird. In diesen Fällen prüft die Finanzverwaltung in Auslegung der gesetzlichen Regelung für das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung, ob sich der Arbeitnehmer auch finanziell an den Kosten der Lebensführung (laufende Kosten der Haushaltsführung) beteiligt.


Das Niedersächsische Finanzgericht hat nun mit Urteil vom 18.9.2019 (Aktenzeichen 9 K 209/19) diese enge Sichtweise teilweise zurückgewiesen. Entschieden wurde:


–  Wohnt ein lediger Arbeitnehmer, der in der Woche in einer angemieteten Wohnung am Arbeitsort lebt, an den Wochenenden und in seiner übrigen Freizeit zusammen mit seinem Bruder und seinen Eltern in einem Mehrgenerationenhaus, so sind die Aufwendungen für die wöchentlichen Familienheimfahren sowie die Mietaufwendungen der Zweitwohnung als Kosten einer doppelten Haushaltsführung anzuerkennen, wenn er sich an den haushaltsbezogenen Lebensführungskosten dieses Haupthaushaltes mehr als nur unwesentlich, d.h. oberhalb einer Geringfügigkeitsgrenze von 10 %, finanziell beteiligt.


–  Unter Lebensführungskosten sind (nur) diejenigen Aufwendungen zur Gestaltung des privaten Lebens zu verstehen, die einen Haushaltsbezug aufweisen.


–  Eine regelmäßige Beteiligung an den laufenden Wohnungs- und Verbrauchskosten fordert die gesetzliche Neuregelung entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung nicht. Auch unregelmäßige Zahlungen oder nur Einmalzahlungen können – ungeachtet des Zeitpunkts der Zahlung (Anfang, Mitte oder Ende des Jahres) – als finanzielle Beteiligung angesehen werden.


Im Urteilsfall bewohnte der als Elektroingenieur tätige Stpfl. am Arbeitsort eine eigene Mietwohnung. Daneben bewohnt er in seinem Elternhaus, welches an einem anderen Ort gelegen war, eine nicht abgeschlossene Wohnung im Obergeschoss gemeinsam mit seinem Bruder. Der Stpfl. verbrachte dort seine Wochenenden und die Zeiten des Jahresurlaubs. Geltend gemacht wurde eine doppelte Haushaltsführung. Dabei wurden Kosten für die Miete der Wohnung am Beschäftigungsort, Abschreibungsbeträge für die Einbauküche und andere Einrichtungsgegenstände und Kosten für Familienheimfahrten geltend gemacht. An den Kosten des Haushalts in dem elterlichen Haus beteiligte sich der Stpfl. nach seinen Angaben z.B. durch Lebensmitteleinkäufe und Einmalzahlungen für Nebenkosten.


Das Finanzamt erkannte die doppelte Haushaltsführung aber wegen Fehlens von Nachweisen über eine finanzielle Beteiligung nicht an. Es vertrat die Auffassung, dass die Lebensmitteleinkäufe für den eigenen Bedarf erfolgt seien, möglicherweise auch für seine Wohnung am Beschäftigungsort. Er sei nicht verpflichtet gewesen, sich an den Kosten der Lebensführung zu beteiligen. Auch die nachweislich erbrachten Einmalzahlungen an den Vater könnten in diesem Zusammenhang nicht als finanzielle Beteiligung angesehen werden.


Das Finanzgericht lehnt diese enge Sichtweise aber ab. Das neu ab dem Jahr 2014 ins Gesetz aufgenommene Merkmal des „Innehabens einer Wohnung“ als Voraussetzung für das Vorliegen eines eigenen Hausstands enthält keine substanziell verschärfende Wirkung gegenüber der vorherigen Rechtslage, insbesondere für die Fälle des Wohnens in einem Mehrgenerationenhaushalt. Der Arbeitnehmer müsse die Wohnung oder das Haus, in dem sich der Haushalt befindet, aus eigenem Recht nutzen (Eigentum, Miete, sonstige Nutzungsgestattung). Neu ist allerdings das gesetzliche Tatbestandsmerkmal „finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung“. Daraus schließt das Finanzgericht, dass das Merkmal der finanziellen Beteiligung nunmehr ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal ist, und damit zwingende gesetzliche Voraussetzung für das Vorliegen eines eigenen Hausstands. Eine weitergehende Verschärfung ergebe sich aber nicht.


Die nun geforderte Beteiligung an den Kosten der Lebensführung erfordere aber keine laufenden Mietzahlungen. Ausreichend ist auch eine Beteiligung an den übrigen Lebensführungskosten, also diejenigen Aufwendungen zur Gestaltung des privaten Lebens, die einen Haushaltsbezug aufweisen, im Wesentlichen also Miet- und Hauskosten, Verbrauchs- und sonstige Nebenkosten, Aufwendungen für die Anschaffung und Reparatur von Haushaltsgeräten und -gegenständen, Kosten für Lebensmittel und Telekommunikation. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung kann aus Sicht des Gerichts eine gleichmäßige Beteiligung an den monatlichen laufenden Aufwendungen für Miete usw. nicht gefordert werden.


Vorliegend reichten die teilweise durch Kreditkartenabrechnungen sowie Einkaufsbelege nachgewiesenen Lebensmitteleinkäufe, welche im Wesentlichen an Wochenenden am Ort des Mehrgenerationenhaushalts erfolgten, sowie die erfolgten Einmalzahlungen aus, um eine angemessene finanzielle Beteiligung anzunehmen. Die finanzielle Beteiligung lag hiernach über der Bagatellgrenze von 10 % der gesamten haushaltsbezogenen Lebensführungskosten.


Handlungsempfehlung:


Gegen das Urteil des Finanzgerichts ist nun die Revision vor dem Bundesfinanzhof anhängig (Aktenzeichen VI R 39/19), so dass diese Frage noch nicht endgültig geklärt ist. Strittige Fälle sollten mit Hinweis auf das beim Bundesfinanzhof anhängige Verfahren offengehalten werden.


Die übernommenen Kosten der Lebensführung im gemeinsamen Haushalt sollten sorgfältig dokumentiert werden. Übernommene Dienstleistungen werden allerdings nicht anerkannt.

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