Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Einkünfte aus Kapitalvermögen und deren Zufluss bei gespaltener Gewinnverwendung

26. Mai 2022


Mit seinem Urteil vom 28.9.2021 (Az. VIII R 25/19, HFR 2022, 227) hat der BFH entschieden, dass





–  ein zivilrechtlich wirksamer Gesellschafterbeschluss, nach dem zwar einerseits die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden, der auf den Mehrheitsgesellschafter gemäß seiner Beteiligung entfallende Anteil am Gewinn andererseits aber nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird, grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen ist.





–  eine solche Einstellung in die gesellschafterbezogene Gewinnrücklage auch beim beherrschenden Gesellschafter nicht zum Zufluss von Kapitalerträgen führt.





Damit hat der BFH das Urteil der Vorinstanz (Niedersächsisches FG v. 4.7.2019, Az. 10 K 181/17, EFG 2019, 1583) aufgehoben. Das Niedersächsische FG hatte zwar auch den Gewinnverwendungsbeschluss steuerlich anerkannt, jedoch einen Zufluss beim beherrschenden Gesellschafter mit dem jeweiligen Beschluss über die Einstellung in das persönliche Rücklagenkonto gesehen. Die Gesellschafter einer GmbH können, so der BFH, im Rahmen der Gewinnverwendung (§ 29 Abs. 2 GmbHG) beschließen, dass nur die Anteile bestimmter Gesellschafter am Gewinn ausgeschüttet werden, während die Anteile anderer Gesellschafter am Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern in gesellschafterbezogene Gewinnrücklagen eingestellt werden (sog. gespaltene bzw. inkongruente Gewinnverwendung). Für spätere Ausschüttungen aus einer solchen gesellschafterbezogenen Gewinnrücklage, die als Unterkonto der Gewinnrücklage geführt wird, ist erneut ein Beschluss über die Gewinnverwendung zu fassen. Derart gespaltene Gewinnverwendungen sind gesellschaftsrechtlich zulässig, wenn sie nach der Satzung der GmbH möglich sind und die Gesellschafter wirksam einen entsprechenden Beschluss fassen.





Der BFH stellt in seiner Entscheidung heraus, dass eine gespaltene Gewinnverwendung ebenso wie eine zivilrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommene inkongruente Gewinnausschüttung in Gestalt einer anteilsabweichenden Verteilung des Gewinns (inkongruente Gewinnverteilung) grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen ist.





Insbesondere liege bei derartigen Gestaltungen kein Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO vor. Somit führt ein gesellschaftsrechtlich zulässiger und steuerlich anzuerkennender Beschluss über die gespaltene bzw. inkongruente Gewinnverwendung nicht zur Gewinnausschüttung an den Gesellschafter, dessen Anteil am Gewinn thesauriert wird, und insoweit auch nicht zum Zufluss eines Gewinnanteils i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG. Die Ausschüttung eines Gewinnanteils oder eines sonstigen Bezugs könne insoweit auch nicht fingiert werden.





Hinweis:





Dieses Urteil unterstreicht, dass auch bei der GmbH weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich personenbezogener Ausschüttung/Thesaurierung bestehen. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist stets nur, dass diese Möglichkeiten im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen sind bzw. ein entsprechender Gesellschafterbeschluss gefasst wird. Hinzuweisen ist darauf, dass das steuerliche Einlagekonto nach § 27 KStG nicht personenbezogen geführt wird, was im Einzelfall bei solchen Gewinnverwendungsbeschlüssen zu Verwerfungen führen kann. Insoweit sollte in einschlägigen Fällen fachlicher Rat eingeholt werden.


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