Für Personengesellschaften

Entnahmen nach früherer Verlustverrechnung müssen nicht zu einer Nachversteuerung führen

29. September 2022


Bei Personengesellschaften erfolgt die einkommensteuerliche Erfassung deren Ergebnisses erst auf Ebene der Gesellschafter. Dies umfasst auch die Möglichkeit, Verluste der Gesellschaft steuerlich auf Ebene des Gesellschafters geltend zu machen und insbesondere mit Erträgen aus anderen Einkunftsquellen zu verrechnen. Allerdings ist die Verlustverrechnung begrenzt auf die Verluste, die der Gesellschafter auch wirtschaftlich tragen muss. So kann insbesondere ein Kommanditist, der für Verbindlichkeiten der Gesellschaft im Ergebnis nur mit seiner Einlage einsteht und im Übrigen nicht persönlich für die Schulden der Gesellschaft haftet, Verluste nur bis zur Höhe der geleisteten Einlage oder einer etwaigen höheren im Handelsregister eingetragenen Haftsumme steuerlich geltend machen (insoweit handelt es sich um ausgleichsfähige Verluste). Darüber hinausgehende Verluste können nur mit späteren Gewinnen aus dieser Beteiligung verrechnet werden (sog. verrechenbare Verluste).





Weiterhin ist gesetzlich als Vorschrift zur Vermeidung von Missbräuchen vorgesehen, dass wenn der Kommanditist durch Einlagen oder eine Erhöhung der Haftsumme das Verlustverrechnungsvolumen erhöht, dieses genutzt wird und dann aber alsbald wieder eine Entnahme oder Verminderung der Haftsumme erfolgt, eine Nachversteuerung der zuvor ausgleichsfähigen Verluste erfolgt. Dadurch soll verhindert werden, dass kurz vor dem maßgeblichen Bilanzstichtag von beschränkt haftenden Gesellschaftern Einlagen geleistet werden, um bei einem voraussichtlichen Gesellschaftsverlust ein positives Kapitalkonto als Verlustausgleichspotenzial aufweisen zu können, damit sie in den Genuss der Abzugs- und Ausgleichsfähigkeit des Verlustanteils gelangen. Anschließend könnte die Einlage nach dem Bilanzstichtag folgenlos wieder abgezogen werden.





Mittels der Missbrauchsvermeidungsvorschrift wird der Gesellschafter faktisch so gestellt, als ob die kurzzeitige Einlagenerhöhung nicht erfolgt wäre. Technisch wird dem Kommanditisten dabei im Jahr des Entstehens des Verlusts dessen Ausgleich nach Maßgabe der höheren Einlage bzw. der erweiterten Außenhaftung belassen; im Jahr der Einlageminderung bzw. der Reduzierung der Außenhaftung hat der Kommanditist jedoch den entsprechenden Betrag als fiktiven laufenden Gewinn zu versteuern. In gleicher Höhe wird der früher ausgleichs- bzw. abzugsfähige Verlust in einen verrechenbaren Verlust, der nur für künftige Verrechnungen mit Gewinnanteilen aus der Beteiligung zur Verfügung steht, umgewandelt.





Die Anwendung dieser Missbrauchsvermeidungsvorschrift wirft nun in der Praxis Fragen auf. So hatte das Finanzgericht Köln über einen Fall zu entscheiden, in dem der Kommanditist eine Erhöhung der Haftsumme um 1 Mio. € in das Handelsregister eintragen ließ und hiervon einen Anteil von ca. 600 000 € tatsächlich einlegte, es zu Verlusten kam, die als ausgleichsfähige Verluste behandelt wurden und dann aber auch erhebliche Entnahmen getätigt wurden. Allerdings waren diese Entnahmen nicht mit einer Verminderung der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme verbunden, diese blieb vielmehr bei ca. 1 Mio. €. Das Finanzamt wollte nun im Jahr der Entnahmen eine teilweise Rückgängigmachung der vorher erfolgten Verlustverrechnung vornehmen (technisch über eine fiktive Gewinnhinzurechnung).





Dies hat das Finanzgericht Köln nun mit Urteil vom 16.2.2022 (Az. 12 K 509/19) anders gesehen. Auch wenn dies nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der gesetzlichen Norm folge, müsse diese Missbrauchsvermeidungsvorschrift von ihrem Sinn und Zweck her einschränkend ausgelegt werden. Gewinnzurechnungen seien nicht nur auszuschließen, soweit auf Grund der Entnahmen eine zu berücksichtigende Außenhaftung wiederauflebt, sondern auch soweit eine Haftung auf Grund noch (gar) nicht geleisteter Hafteinlage generell besteht. Der Sinn und Zweck der Regelung besteht darin, den Kommanditisten so zu stellen, als hätte er die entnommene Einlage nie geleistet. Dann aber erscheint es inkonsequent, den Verlustausgleich auf den Betrag der geleisteten und sodann entnommenen Einlage zu beschränken. Hätte der Kommanditist überhaupt keine Einlage geleistet, würde sich die Höhe des zulässigen Verlustausgleichs an der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme orientieren. Der Kommanditist, der die Einlage zu keinem Zeitpunkt geleistet hat, wäre besser gestellt als der Kommanditist, der einen Teil seiner Einlage leistet und sodann wieder entnimmt, obwohl in wirtschaftlicher und gesellschaftsrechtlicher Hinsicht kein Unterschied zwischen den beiden bestünde.





Handlungsempfehlung:





Dies verdeutlicht, dass solche Fälle stets einer steuerlichen Begleitung bedürfen, da es sich um eine komplexe steuerliche Regelung handelt, die über mehrere Jahre hinweg betrachtet werden muss. Im Übrigen bleibt abzuwarten, ob im angesprochenen Fall das Finanzamt die zugelassene Revision gegen die Entscheidung des FG Köln einlegen wird.


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