Für Unternehmer und Freiberufler

Erbschaftsteuerlich begünstigte Übertragung von Betriebsvermögen: Lohnsummenprüfung während der Corona-Pandemie

19. April 2022


Steuerliches Betriebsvermögen und unter bestimmten Bedingungen auch Anteile an Kapitalgesellschaften können erbschaftsteuerlich deutlich begünstigt übertragen werden. Im besten Fall kann eine Belastung mit Erbschaft-/Schenkungsteuer ganz vermieden werden. Gerade bei der Übertragung von Anteilen an Familienunternehmen spielt dies eine herausragende Rolle. Allerdings sind diese Begünstigungen daran geknüpft, dass in einem Zeitraum von sieben bzw. bei vollständiger Steuerverschonung von zehn Jahren eine bestimmte Mindestlohnsumme im Betrieb eingehalten wird. Hintergrund ist, dass die Übertragung von betrieblichen Einheiten nur dann begünstigt sein soll, wenn diese über einen bestimmten Zeitraum erhalten bleiben, und dies wird u.A. an die im Betrieb gezahlten Löhne geknüpft. Wird die Mindestlohnsumme nicht eingehalten, so entfällt die gewährte Steuerverschonung anteilig.





In diesen Fällen kann nun die Corona-Pandemie zu Problemen geführt haben und teilweise auch noch führen. So waren manche Betriebe gezwungen, die betriebliche Tätigkeit einzuschränken, was auch zu einer Verminderung der Lohnsumme geführt haben kann und damit eine gewährte erbschaft-/schenkungsteuerliche Begünstigung in Frage stellt. Die FinVerw hat nun mit gleich lautenden Erlassen der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 30.12.2021 bekannt gegeben, dass in solchen Fällen ggf. Billigkeitsmaßnahmen in Betracht kommen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das Unterschreiten der Lohnsumme ursächlich auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Insoweit wird auf den Zeitraum 1.3.2020 bis 30.6.2022 abgestellt.





Von der erforderlichen Kausalität zwischen der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten COVID-19-Pandemie und dem Unterschreiten der Mindestlohnsumme kann in der Regel ausgegangen werden, wenn





1. in dem o.g. Zeitraum die rechnerisch erforderliche durchschnittliche Lohnsumme zur Einhaltung der Mindestlohnsumme unterschritten wurde,





2. für den o.g. Zeitraum Kurzarbeitergeld an den Betrieb gezahlt wurde und





3. der Betrieb einer Branche angehörte, die von einer verordneten Schließung wegen der COVID-19-Pandemie unmittelbar betroffen war.





Die vorstehende Prüfung ist einzelfallbezogen vorzunehmen. Es dürfen für das kumulative Vorliegen der vorgenannten Kriterien keine anderen Gründe für die Unterschreitung der Mindestlohnsumme (z.B. betriebsbedingte Kündigung) und für die Zahlung des Kurzarbeitergeldes an den Betrieb vorliegen. Liegen die Umstände zu 1. bis 3. nicht kumulativ vor, ist im Einzelfall zu prüfen, ob dennoch von der erforderlichen Kausalität ausgegangen werden kann. Mitunter kann es z.B. genügen, wenn nur die Umstände zu 1. und 3. vorliegen, da einzelne Arbeitsverhältnisse pandemiebedingt bereits vor der Zahlung von Kurzarbeitergeld an den Betrieb beendet wurden (z.B. in der Gastronomie). Auch mittelbare Auswirkungen einer verordneten Schließung wegen der COVID-19-Pandemie können im Einzelfall für die Annahme der erforderlichen Kausalität genügen und sich z.B. ergeben, wenn nicht der Betrieb selbst von einer verordneten Schließung betroffen war, aber sich Folgeauswirkungen auf den Betrieb ergeben haben.





Handlungsempfehlung:





Betroffene Unternehmen müssen sorgfältig die Ursachen für ein Unterschreiten der geforderten Mindestlohnsumme dokumentieren. Auf Grund der mitunter deutlichen materiellen Auswirkungen sollte stets steuerlicher Rat eingeholt werden.


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