Nach wie vor sind Fragen zum Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ strittig. Dieser Begriff ist für den Werbungskostenabzug von großer Bedeutung. Aufwendungen des Arbeitnehmers für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind nur mit einer Entfernungspauschale von grds. 0,30 € pro km der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (= einfacher Weg, ab dem 21. Entfernungskilometer 0,35 € pro Kilometer) als Werbungskosten abzugsfähig. Erste Tätigkeitsstätte ist nach der gesetzlichen Definition die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, dem der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Existiert keine erste Tätigkeitsstätte, so ist ein unbeschränkter Werbungskostenabzug nach Reisekostengesichtspunkten möglich. Fraglich ist, ob und unter welchen Bedingungen bei Leiharbeitnehmern eine erste Tätigkeitsstätte existiert. Über einen solchen Fall hatte das Niedersächsische Finanzgericht zu entscheiden. Im Urteilsfall konnte der Stpfl. vereinbarungsgemäß bei verschiedenen Kunden der Firma A im Rahmen von ggf. auch wechselnden Projekten und Orten eingesetzt werden. Laut Zusatzvereinbarung wurde der Stpfl. ohne zeitliche Befristung bei dem Kunden in B eingesetzt. Betroffen waren die Streitjahre 2014 bis 2017.
Nach der Entscheidung des Gerichts vom 13.7.2021 (Az. 13 K 63/20, vorl. nrkr.) war eine erste Tätigkeitsstätte in B gegeben, da der Stpfl. dieser zeitlich unbefristet zugeordnet war. Fahrtkosten nach B waren daher nur im Rahmen der Entfernungspauschale und nicht nach Reisekostengesichtspunkten abzugsfähig.
Hinweis:
Fraglich erscheint, ob diese Grundsätze auch unter den aktuellen Rahmenbedingungen des für Leiharbeit maßgeblichen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) gelten. Nach dem seit dem 1.4.2017 geltenden AÜG darf der Verleiher denselben Leiharbeitnehmer allerdings nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate demselben Entleiher überlassen; der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate tätig werden lassen. Es ist daher fraglich, ob auch nach aktueller Rechtslage von einer zeitlich unbefristeten Zuordnung ausgegangen werden kann.