Die sog. körperschaftsteuerliche Organschaft ist als steuerliches Gestaltungsinstrument weit verbreitet. Sie bietet neben anderen Vorteilen insbesondere die Möglichkeit, Verluste der Organgesellschaft (einer Kapitalgesellschaft) mit steuerlicher Wirkung beim Organträger (einer Kapital- oder Personengesellschaft) geltend zu machen (also Gewinne und Verluste innerhalb eines Konzerns – zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft – zu verrechnen). Zivilrechtlich selbständige Gesellschaften/Einheiten können insoweit faktisch wie ein einheitliches Unternehmen behandelt werden. Dazu setzt die Organschaft für ihre Anerkennung aber neben dem Abschluss und der tatsächlichen Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags (GAV) die sog. finanzielle Eingliederung voraus, die beim Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an den Anteilen an der Organgesellschaft erfordert.
Vor diesem Hintergrund ist nun das Urteil des FG Köln vom 15.6.2023 (Az. 10 K 1196/17) zur Frage einer Organschaft mit Rückbeteiligung der Organgesellschaft an der Organträgerkapitalgesellschaft zu sehen. Im konkreten Streitfall hatte – sehr verkürzt dargestellt – eine Mutter-GmbH geklagt, die zu 100 % an einer Tochtergesellschaft beteiligt war und mit dieser auch einen Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen hatte; es lag eine ertragsteuerliche Organschaft vor. Die Besonderheit des Falls lag nun darin, dass die Tochter-GmbH bei außerplanmäßigem Ausscheiden von Gesellschaftern der Mutter-GmbH die Gesellschaftsanteile der ausscheidenden Gesellschafter an der Mutter-GmbH mit dem Ziel erworben hatte, diese Geschäftsanteile später wieder an neu eintretende Gesellschafter der Mutter-GmbH zu veräußern.
Das insoweit begründete (wechselseitige) Beteiligungsverhältnis bestand auch im Zeitpunkt der jeweiligen Beschlüsse über die Gewinnausschüttung für das Geschäftsjahr 2013 bzw. für das Geschäftsjahr 2014; zu diesen Zeitpunkten war die Tochter-GmbH zu 0,713 % bzw. 3,5 % an der Stpfl. beteiligt. Die Mutter-GmbH nahm also in den Streitjahren 2014 und 2015 Gewinnausschüttungen an die Tochter-GmbH vor, die bei dieser (da Streubesitz i.S.d. § 8b Abs. 4 KStG vorlag) den Gewinn erhöhten. Dieser wurde auf Grund des Gewinnabführungsvertrags bei der Mutter-GmbH der Besteuerung mit Körperschaft- und Gewerbesteuer unterworfen (umfasste also auch die Gewinnausschüttungen aus der Beteiligung der Tochter an der Mutter). Eine Steuerbefreiung für die Gewinnausschüttung kam nach Auffassung des Finanzamts nicht zur Anwendung, da auf Grund der Beteiligungsquote von unter 10 % Streubesitz i.S.d. § 8b Abs. 4 KStG vorlag. Dagegen hatte die Mutter u.a. mit der Begründung geklagt, dass nach dieser Auffassung der entsprechende Gewinn – bei dem gleichen Steuersubjekt – sowohl im Jahr der Gewinnerzielung als auch im Jahr der Gewinnverwendung der Besteuerung unterworfen werden würde und sich insoweit eine Doppel- oder Mehrfachbelastung ergäbe.
Das FG Köln hat die Klage als unbegründet abgelehnt und in seiner Begründung u.a. auf folgende Aspekte abgestellt:
– Gemäß § 8b Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 KStG sind Bezüge i.S.d. Abs. 1 der Vorschrift abweichend von Abs. 1 Satz 1 bei der Ermittlung des Einkommens zu berücksichtigen, wenn die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahres unmittelbar weniger als 10 % des Grund- oder Stammkapitals betragen hat.
– Bei Organschaften ist jedoch zu beachten, dass der Gewinn der Organgesellschaft selbständig und ungeschmälert um darin enthaltene Bezüge nach § 8b Abs. 1 KStG zu ermitteln und sodann dem Organträger nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG zuzurechnen ist (sog. Bruttozurechnung). Erst auf der Ebene des Organträgers ist dann § 8b KStG bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers anzuwenden. Für die Anwendung der Beteiligungsgrenze i.S.d. § 8b Abs. 4 KStG werden hierbei Beteiligungen der Organgesellschaft und Beteiligungen des Organträgers getrennt betrachtet.
– Vorliegend handelte es bei den Ausschüttungen der Mutter-GmbH (Organträgerin) an die Tochter-GmbH (Organgesellschaft) um Bezüge i.S.d. § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG. Diese Bezüge waren gem. § 8b Abs. 4 KStG bei der Ermittlung des Einkommens der Organträgerin in voller Höhe zu berücksichtigen, da die Organgesellschaft zu Beginn des jeweiligen Streitjahres zu weniger als 10 % beteiligt war.
– Eine Verpflichtung zur Freistellung von Beteiligungserträgen aus sog. Streubesitz wie im Streitfall ergibt sich bei einer wechselseitigen Beteiligung der Organgesellschaften weder aus dem Gesetz noch aus der Rechtsprechung des BFH.
– Und bei einer typisierend angelegten Vorschrift wie der des § 8b Abs. 4 KStG sei es hinzunehmen, dass es im Einzelfall zu überschießenden Wirkungen kommen kann.
Handlungsempfehlung:
Aus gestalterischer Sicht sollten zur Vermeidung einer solchen Mehrfachbelastung keine wechselseitigen Beteiligungen eingegangen werden. Soweit diese bestehen und nicht entflochten werden sollen oder können, wäre entweder an eine Aufstockung auf mindestens 10 % zu denken oder aber zu prüfen, ob ggf. inkongruente Ausschüttungen in Betracht kommen könnten, die die Tochter ausschließen würden (insoweit wäre fachliche Begleitung unverzichtbar).