Für Personengesellschaften

Erwerb eines Gesellschaftsanteils an einer vermögensverwalten­den GbR – Angemessenheit des Kaufpreises von Mietwohngrundstücken

20. August 2020

Der Bundesfinanzhof hat in der grundlegenden Entscheidung v. 29.10.2019 zur Frage Stellung genommen, wie die Abschreibungsberechnung für den Fall des entgeltlichen Erwerbs eines Gesellschaftsanteils an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erfolgt. Daneben ging es in dem Streitfall um die Frage der Angemessenheit des Kaufpreises von Mietwohngrundstücken.


Der Sachverhalt stellte sich - vereinfacht dargestellt - wie folgt dar: Im Jahr 1997 hatten die Gesellschafter P, A und M eine GbR errichtet, an der sie zu jeweils gleichen Teilen, also jeweils 1/3 beteiligt waren. Noch im Jahr 1997 erwarb die GbR ein denkmalgeschütztes Mietwohngrundstück. Etwas über zehn Jahre später veräußerten die Gesellschafter insgesamt 94 % ihrer GbR-Gesellschaftsanteile an eine Familienstiftung, zu deren Destinatären sie selbst zählten. P und A blieben mit jeweils 3 % an der GbR beteiligt. Als Gesamtkaufpreis wurde ein Betrag von ca. 1,9 Mio. € vereinbart. Gegengerechnet wurde von der Erwerberin anteilig übernommenes Finanzierungsdarlehen. Der sich hiernach ergebende Barkaufpreis abzüglich des übernommenen Kapitals erfasste die GbR als zusätzliche Anschaffungskosten der Familienstiftung als Neugesellschafterin in einer Ergänzungsrechnung und teilte den Betrag zwischen Grund und Boden sowie Gebäude auf. Die auf das Gebäude entfallenden zusätzlichen Anschaffungskosten wurden über die Restnutzungsdauer abgeschrieben.


Das Finanzamt hielt den Kaufpreis für unangemessen hoch und schätzte den Verkehrswert unter Anwendung des Ertragswertverfahrens auf lediglich 950 000 €. In der Differenz zum tatsächlich gezahlten Kaufpreis lag nach Sicht des Finanzamts eine unentgeltliche Zuwendung der Familienstiftung an die Gesellschafter.


Der Bundesfinanzhof bestätigte nun mit Urteil vom 29.10.2019 (Aktenzeichen IX R 39/17) vollumfänglich die Ansicht der Stpfl. und verwarf die vom Finanzamt angestellten Überlegungen.


Zunächst ging es um die Frage der Angemessenheit des vereinbarten Kaufpreises. Das Gericht stellt heraus, dass insoweit der Grundsatz gilt, dass ein von den Vertragsbeteiligten vereinbarter und bezahlter Kaufpreis auch der Besteuerung zugrunde zu legen ist, sofern er nicht nur zum Schein getroffen wurde und kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt. Besteht eine Diskrepanz zwischen dem von den Vertragsparteien vereinbarten und bezahlten Kaufpreis und dem Verkehrswert, so rechtfertigt dies nicht ohne Weiteres, den Verkehrswert an die Stelle der vereinbarten Werte zu setzen. Ein abweichender Verkehrswert ist vielmehr lediglich Indiz dafür, dass die vertragliche Preisabsprache möglicherweise nicht die realen Werte wiedergibt.


Wichtig ist insofern die Aussage des Bundesfinanzhofs zur anzuwendenden Bewertungsmethode. Bei Mietwohngrundstücken im Privatvermögen ist grundsätzlich eine Kaufpreisaufteilung nach dem Sachwertverfahren angebracht, da neben Ertragsgesichtspunkten und der sicheren Kapitalanlage auch die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs des Vermögens für den Erwerb ausschlaggebend sei. Eine Bewertung anhand des Ertragswertverfahrens ist nur im Ausnahmefall angezeigt. Lediglich bei zu Büro- oder anderen gewerblichen Zwecken vermieteten Grundstücken (sog. Geschäftsgrundstücken) kommt vorrangig das Ertragswertverfahren zum Einsatz.


Darüber hinaus hat das Gericht dazu Stellung genommen, wie bei dem Eintritt eines Gesellschafters in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft die Abschreibung zu berechnen ist. Entstehen einem Gesellschafter einer vermögensverwaltend tätigen GbR Anschaffungskosten für den Erwerb seiner Gesellschafterstellung, sind diese in einer separaten Ergänzungsrechnung zur Überschussrechnung der Gesellschaft zu erfassen und auf die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zu verteilen. Die in der Ergänzungsrechnung erfassten Anschaffungskosten sind in der Folgezeit abzuschreiben, soweit sie auf abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter entfallen. Die Restnutzungsdauer ist für die Ergänzungsbilanz/-rechnung nach Maßgabe der Verhältnisse zum Anteilserwerb neu zu schätzen und damit unabhängig von der Gesamthandsbilanz der GbR vorzunehmen.


Handlungsempfehlung:


Insoweit muss eine sorgfältige Ermittlung der Abschreibung erfolgen, welche bei Gebäuden vielfach über mehrere Jahrzehnte fortzuschreiben ist. Nicht selten tritt der Fall ein, dass im Zeitablauf mehrere Gesellschafterwechsel auftreten, sodass mehrere Ergänzungsrechnungen parallel fortzuführen sind.

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