Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Finanzielle Eingliederung bei qualifizierten Mehrheitserfordernissen bei der Organgesellschaft

14. Mai 2024


Die sog. körperschaftsteuerliche Organschaft ist als steuerliches Gestaltungsinstrument weit verbreitet. Sie bietet neben anderen Vorteilen insbesondere die Möglichkeit, Verluste der Organgesellschaft (einer Kapitalgesellschaft) mit steuerlicher Wirkung beim Organträger (einer Kapital- oder einer Personengesellschaft) geltend zu machen, also Gewinne und Verluste innerhalb eines Konzerns – zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft – zu verrechnen. Zivilrechtlich selbständige Gesellschaften/Einheiten können insoweit faktisch wie ein einheitliches Unternehmen behandelt werden. Dazu setzt die Organschaft für ihre Anerkennung aber neben dem Abschluss und der tatsächlichen Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags (GAV) die sog. finanzielle Eingliederung voraus, die beim Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an den Anteilen an der Organgesellschaft erfordert.





Vor diesem Hintergrund ist nun das Urteil des BFH vom 9.8.2023 (Az. I R 50/20) zur Frage gesellschaftsvertraglich geregelter besonderer Mehrheitserfordernisse zu sehen. Der BFH hat entschieden, dass dann, wenn die Satzung der Organgesellschaft für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung generell eine qualifizierte Mehrheit vorsieht, der Organträger auch über eine entsprechend qualifizierte Mehrheit der Stimmrechte verfügen muss, um die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung zu erfüllen.





Im Streitfall war das Bestehen einer ertragsteuerlichen Organschaft für die Jahre streitig, bei der die vermeintliche Organträgerin („OT“) an der vermeintlichen Organgesellschaft („OG“) zu 79,8 % beteiligt war. Dabei enthielt der Gesellschaftsvertrag der OG u.a. eine Regelung, nach der Beschlüsse der Gesellschaft einer Mehrheit von 91 % aller in der Gesellschafterversammlung anwesenden Stimmen bedurften, soweit nicht das Gesetz oder die Satzung eine höhere Mehrheit vorschreiben würde. Die FinVerw erkannte die Organschaft mangels finanzieller Eingliederung nicht an und behandelte die abgeführten Gewinne als verdeckte Gewinnausschüttungen.





Auch der BFH hat dieses Ergebnis bestätigt, dass eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft wegen fehlender finanzieller Eingliederung nicht bestanden habe:





–  Bei einer Organschaft müsse u.a. der Organträger an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft zusteht (finanzielle Eingliederung).





–  Soweit die Satzung der Organgesellschaft für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung eine (höhere) qualifizierte Mehrheit vorsehe, müsse der Organträger aber zumindest in denjenigen Fällen, in denen die qualifizierte Mehrheit generell erforderlich ist, nicht nur über eine einfache Mehrheit, sondern über eine entsprechend qualifizierte Mehrheit der Stimmrechte verfügen, um die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung zu erfüllen. Denn bei dem Kriterium der finanziellen Eingliederung gehe es um eine kapitalmäßige Verflechtung zwischen Organträger und Organgesellschaft, die den Organträger in die Lage versetze, tatsächlich das Geschehen in der Organgesellschaft zu bestimmen. Der Gesetzgeber habe in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG daher bewusst auf die Mehrheit der Stimmrechte und nicht auf die Mehrheit der Anteile abgestellt.





Hinweis:





Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung sollten jetzt bei Gesellschaftsverträgen im konkreten Einzelfall die Mehrheitserfordernisse (zumindest soweit eine Organschaft in Betracht kommen könnte) sorgfältig geprüft werden.


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