Werden bei der Veräußerung bestimmter langfristig genutzter Wirtschaftsgüter stille Reserven aufgedeckt, kann unter bestimmten Bedingungen eine Versteuerung zeitlich langfristig hinaus-geschoben werden, indem die aufgedeckten stillen Reserven mit den Anschaffungskosten neu erworbener Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens verrechnet werden. Technisch werden hierbei die steuerlichen Buchwerte der Neuinvestition um die aufgedeckten stillen Reserven gemindert, was auch zu einer Verringerung der Bemessungsgrundlage für künftige Abschreibungen führt. Eine derartige Übertragung ist an Voraussetzungen geknüpft. Insbesondere kann die Übertragung nur innerhalb bestimmter Fristen und auf bestimmte Investitionsgüter erfolgen. Soweit im Jahr der Aufdeckung der stillen Reserven keine Neuinvestition erfolgt, kann der Gewinn zur Vermeidung der Versteuerung zunächst in eine Rücklage eingestellt werden. Die Neuinvestition muss dann aber innerhalb von vier Wirtschaftsjahren nach Bildung der Rücklage erfolgen.
Handlungsempfehlung:
Falls in der Bilanz also noch Rücklagen aus bislang unversteuerten Gewinnen ausgewiesen werden, sollte geprüft werden, ob geeignete Investitionen vorgezogen werden, um die Versteuerung dieser Beträge langfristig hinauszuschieben. Ansonsten muss eine gewinnerhöhende Auflösung der Rücklagen und Verzinsung mit 6 % für jedes Jahr der Rücklagenbildung erfolgen. Im Zuge der Coronazeit wurden diese Fristen teilweise verlängert. Nun ist zum Ende des Jahres 2023 aber zu prüfen, ob solche Fristen ablaufen und beabsichtigte Neuinvestitionen sind ggf. noch in 2023 zu realisieren.
Die Frist von vier Jahren verlängert sich bei neu hergestellten Gebäuden auf sechs Jahre, wenn mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres begonnen worden ist. Insoweit bestimmt das Gesetz nicht weiter, wann mit dem Bau des Gebäudes „begonnen“ wird. Mit Urteil vom 9.7.2019 (Az. X R 7/17) hat der BFH hierzu klargestellt:
– Der Herstellungsbeginn ist anzunehmen, wenn das Investitionsvorhaben „ins Werk gesetzt“ wird. Dies kann vor den eigentlichen Bauarbeiten liegen.
– Ein sicheres Indiz für einen Herstellungsbeginn ist die Stellung des Bauantrags, es sei denn, das her-gestellte Gebäude stimmt nicht mit dem genehmigten Gebäude überein. Das „Ins-Werk-Setzen“ und damit der Beginn der Herstellung im Zusammenhang mit der betroffenen steuerlichen Vorschrift zur Gewinnübertragung muss aber nicht zwingend mit der Stellung eines Bauantrags verbunden sein. Auch Handlungen in dessen Vorfeld können ausreichen. Im Einzelnen ist dies höchstrichterlich allerdings nicht geklärt.
– Reine Vorbereitungsarbeiten in der Entwurfsphase reichen nicht aus, um von dem Beginn der Her-stellung ausgehen zu können. So reicht es nicht aus, dass (erste) Herstellungskosten im bilanzsteuerlichen Sinne im Zusammenhang mit dem späteren Objekt entstehen, die zu aktivieren sind.
Auch gewinnmindernd gebildete Investitionsabzugsbeträge müssen in gesetzlich vorgegebenen Fristen verwendet werden, da ansonsten zwingend eine rückwirkend gewinnerhöhende Auflösung einschließlich Verzinsung der hierdurch entstehenden Steuernachzahlungen erfolgt. Auch insoweit ist zu prüfen, ob zum Jahresende Fristen ablaufen.