Für Unternehmer und Freiberufler

Geringfügige Mängel der Kassenführung berechtigen nicht zu Hinzuschätzungen

11. August 2021


Bei bargeldintensiven Betrieben steht die Kassenführung stets unter besonderer Beobachtung der FinVerw. Insbesondere in steuerlichen Außenprüfungen wird bei solchen Betrieben die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung regelmäßig überprüft. In der Praxis sind allerdings die sehr strengen Vorgaben der FinVerw an eine ordnungsgemäße Kassenführung nur schwer vollständig einzuhalten. Daher werden vielfach einzelne Fehler aufgegriffen, manchmal aber auch Unzulänglichkeiten in größerem Umfang festgestellt. Als Reaktion hierauf erfolgen nicht selten Gewinnhinzuschätzungen.





Das Finanzgericht Münster hat mit Urteil vom 9.3.2021 (Az. 1 K 3085/17 E,G,U) die Grenzen dieser Praxis aufgezeigt. Entschieden wurde, dass geringfügige Mängel in der Kassenführung eines Imbissbetriebs keine über die konkreten Auswirkungen dieser Mängel hinausgehenden Hinzuschätzungen rechtfertigen.





Der Urteilsfall stellte sich wie folgt dar: Die Stpfl. betrieb einen Imbiss, dessen Gewinn sie durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelte. Die erklärten Gewinne betrugen für die Streitjahre jeweils ca. 30 000 €. Zur Erfassung der Bareinnahmen wurde eine elektronische Registrierkasse eingesetzt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung führte der Prüfer zunächst Geldverkehrsrechnungen durch, die lediglich geringfügige Unterdeckungen ergaben. Ferner stellte er fest, dass die Stpfl. während des dreijährigen Prüfungszeitraums an insgesamt fünf Tagen einzelne Barumsätze nicht in der Kasse erfasst hatte. In der Gesamtsumme beliefen sich die nicht enthaltenen Beträge auf knapp 100 €. Darüber hinaus wurden an neun weiteren Tagen Kassenbewegungen um ein bis wenige Tage verspätet in der Kasse verbucht. Nach Auffassung des Prüfers waren die Aufzeichnungen nicht ordnungsgemäß und es bestand eine Schätzungsbefugnis. Hierzu nahm der Prüfer eine Ausbeutekalkulation für einen Teil des Warensortiments der Stpfl. vor und schätzte im Übrigen anhand der amtlichen Rohgewinnaufschlagsätze. Dies führte im Ergebnis in etwa zu einer Verdreifachung der erklärten Gewinne.





Das Finanzgericht hat der hiergegen gerichteten Klage überwiegend stattgegeben. Die vom Betriebsprüfer festgestellten Kassenführungsmängel führten nicht dazu, dass die Aufzeichnungen der Stpfl. insgesamt verworfen werden könnten. Dies ergebe sich zum einen aus der geringen Häufigkeit der Mängel im Verhältnis zu den gesamten Geschäftsvorfällen und zum anderen aus der geringen Gewinnauswirkung von weniger als 100 €. Es bestehe auch aus anderen Gründen kein Anlass, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen der Stpfl. zu beanstanden. Die von ihr ermittelten Ergebnisse lägen zwar im unteren Bereich der Richtsatzsammlung, somit aber durchgängig innerhalb der amtlichen Richtsätze und die durchgeführten Geldverkehrsrechnungen führten lediglich zu Ergebnissen, die sich im Rahmen üblicher Unschärfen bewegten. Auch die vorgenommene, teilweise unzureichende Ausbeutekalkulation reiche nicht aus, um die sachliche Richtigkeit einer an sich formell ordnungsgemäßen Kassenaufzeichnung zu erschüttern. Lediglich soweit die gewinnwirksamen Beanstandungen des Betriebsprüfers reichten, sei das Ergebnis der Kassenführung nicht zu übernehmen.





Handlungsempfehlung:





Mit diesem Urteil wird die oftmals sehr weitgehende Handhabung der FinVerw (erneut) eingeschränkt. Dennoch ist dringend anzuraten, dass die Kassenführung sehr sorgfältig unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen muss. Es sollte eine entsprechende Systembeschreibung vorliegen und die Umsetzung muss in der Praxis sehr sorgfältig erfolgen. Dies umfasst auch regelmäßige Überprüfungen der Kassenführung und ggf. das Abstellen von erkannten Fehlern.


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