a) Übertragung von Anteilen an einer grundstückshaltenden Gesellschaft
Wird eine Immobilie übertragen, so fällt Grunderwerbsteuer (GrESt) an. Werden dagegen Anteile an einer grundstücks-haltenden Gesellschaft veräußert (Share Deal), so fällt bisher keine GrESt an, wenn bestimmte Beteiligungsgrenzen bzw. Haltefristen eingehalten werden. Von diesen bislang bestehenden Möglichkeiten der Vermeidung von GrESt wurde bisher vor allem bei größeren Immobilientransaktionen Gebrauch gemacht. Nun sind zum 1.7.2021 verschärfte Regelungen in Kraft getreten.
Betroffen von der Neuregelung sind im Grundsatz alle Gesellschaftsformen, die inländischen Grundbesitz halten. Dabei braucht es sich nicht um Immobilienunternehmen zu handeln, die vorwiegend oder ausschließlich Grundbesitz halten und verwalten.
Bereits nach bisherigem Recht führte eine sog. Anteilsvereinigung zur Entstehung von GrESt. Konkret wird die Vereinigung von mind. 95 % der Anteile an einer Gesellschaft in einer Hand als Grundstückserwerb behandelt, wenn zum Vermögen der Gesellschaft auch ein inländisches Grundstück gehört. Die Schwelle von 95 % kann dabei entweder durch einen erstmaligen Erwerb von mind. 95 % der Anteile oder durch Hinzuerwerb der für eine solche Anteilsquote noch fehlenden Anteile erreicht werden. Insoweit sollen Steuerumgehungen vermieden werden. Verhindert werden soll, dass anstatt einer unmittelbaren Übertragung des Grundstücks die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft übertragen werden.
Folgende Änderungen sind nun zum 1.7.2021 in Kraft getreten:
- Die bisherige 95 %-Grenze wird für – ggf. auch mittelbare – grunderwerbsteuerpflichtige „Anteilsvereinigungen“ an Personen- oder Kapitalgesellschaften auf 90 % abgesenkt. Das heißt es fällt – vereinfacht ausgedrückt – GrESt auf die von der Gesellschaft gehaltenen Grundstücke an, wenn ein Erwerber mind. 90 % der Anteile auf sich vereinigt.
Damit sind bisherige Gestaltungen nicht mehr umsetzbar, bei denen ein mit 5,1 % beteiligter fremder Dritter die Ent-stehung von GrESt verhindern konnte. Die nun bestehende 10 %-Schwelle erschwert entsprechende Ausweichge-staltungen maßgeblich.
- Ein korrespondierender Besteuerungstatbestand wird für die (ggf. auch mittelbare) Übertragung von Kapitalgesell-schaftsanteilen auf neue Gesellschafter eingeführt. Damit löst auch die bloße Anteilsübertragung von mindestens 90 % Grunderwerbsteuer aus, wenn eine unmittelbare und mittelbare Veränderung im Gesellschafterbestand der Kapitalgesellschaft i.H.v. mind. 90 % innerhalb eines Zehnjahreszeitraums stattfindet, ohne dass ein einzelner Gesellschafter eine bestimmte Beteiligungshöhe überschreiten muss.
Hinweis:
Steuerschuldner der GrESt ist in diesen Fällen die Gesellschaft. Diese trifft auch die Anzeigepflicht gegenüber dem Finanzamt, wenn der Steuertatbestand ausgelöst wird. Daher muss die Geschäftsführung einer immobilienhaltenden Kapitalgesellschaft zukünftig Anteilsübergang an der Gesellschaft (auch mittelbar in der „darüberliegenden“ Konzern-struktur) dahingehend überwachen, ob innerhalb des Zehnjahreszeitraums die Schwelle von 90 % erreicht wird. Im Grundsatz ist bspw. ausreichend, wenn ein 10 %-Anteil an der Gesellschaft in diesem Zeitraum neunmal den Besitzer wechselt.
- Die Besteuerung von Gesellschafterwechseln bei Personengesellschaften wird dahingehend verschärft, dass zukünftig ein (ggf. auch mittelbarer) Übergang von Anteilen am Vermögen an einer grundbesitzenden PersGes auf neue Gesell-schafter von mindestens 90 % (bislang: 95 %) der Grunderwerbsteuer unterworfen wird. Der neue Überwachungszeitraum beträgt zehn Jahre (bislang: fünf Jahre).
Zusammenfassend stellen sich die von der Grunderwerbsteuer erfassten Fälle betreffend Anteile an Gesellschaften, zu deren Vermögen inländischer Grundbesitz gehört, folgendermaßen dar:
Fall 1 | Fall 2 | Fall 3 | Fall 4 | |
Grundbesitzende Gesellschaft | nur Personengesellschaft | nur Kapitalgesellschaft | Personen- und Kapitalgesellschaft | Personen- und Kapitalgesellschaft |
Tatbestand | 90 %-Gesellschafterwechsel innerhalb von 10 Jahren | 90 %-Gesellschafterwechsel innerhalb von 10 Jahren | 90 %ige Anteilsvereinigung | 90 %ige Anteilsvereinigung |
Anzahl Erwerber | irrelevant | irrelevant | einer (Ausnahme bei Organschaften) | einer |
Betrachtungszeitraum | 10-Jahres-Zeitraum | 10-Jahres-Zeitraum | unbegrenzt | unbegrenzt |
Steuerschuldner | Personengesellschaft | Kapitalgesellschaft | Erwerber (bei Anteilsübertragung auch Verkäufer) | Erwerber (bei Anteilsübertragung auch Verkäufer) |
Hinweis:
Diese Vorgänge sind komplex und oftmals schwer zu erkennen. Außerdem existieren Ausnahmeregelungen (Börsen- und Konzernklausel). Daher sollte im Zweifel steuerlicher Rat eingeholt werden.
b) Grundstücksübertragungen zwischen Gesellschafter und Personengesellschaft und umgekehrt
Weiterhin existiert eine Befreiung von der GrESt, wenn Grundstücke von einer Personengesellschaft auf einen Gesellschafter oder umgekehrt übertragen werden. Dies jedenfalls insoweit, als der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist. Somit besteht eine
- Mindest-Vorbesitzzeit für den Anteil an der PersGes bei Grundstücksübertragung auf die Gesellschaft bzw.
- Bindung betreffend des Anteils des übertragenden Gesellschafters an der PersGes bei Übertragung eines Grundstücks vom Gesellschafter auf die Gesellschaft.
Dieser Überwachungszeitraum ist nun von fünf auf zehn Jahre verlängert worden.
Beispiel:
Sachverhalt: Herr A hält 75 % der Kommanditanteile der A GmbH & Co. KG. Dieser überträgt ein Grundstück auf die Gesellschaft.
Lösung: Die Grundstücksübertragung ist in der Höhe der Beteiligungsquote des A, also zu 75 % von der GrESt befreit.
Variante: A veräußert drei Jahre nach der Übertragung die Hälfte seines Anteils an der PersGes an einen Dritten.
Lösung Variante: Die Steuerbefreiung entfällt rückwirkend zur Hälfte.