Kleine Kapitalgesellschaften genießen gegenüber mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften eine Reihe von Vorteilen bei der handelsrechtlichen Rechnungslegung, so dass auch vor dem kommenden Bilanzstichtag die Schwellenwerte der Größenklassen des HGB für Kapitalgesellschaften im Auge behalten werden sollten. So unterliegen kleine Kapitalgesellschaften nicht der gesetzlichen Prüfungspflicht durch einen vereidigten Buchprüfer oder Wirtschaftsprüfer. Die Aufstellung des Jahresabschlusses kann für diese Gesellschaften später erfolgen. Außerdem sind auch deutlich weniger Pflichtangaben im Anhang zu machen, die Bilanz braucht weniger tief gegliedert zu werden und auf einen Lagebericht kann verzichtet werden. Darüber hinaus existieren noch deutliche Erleichterungen bei der Publizität des Jahresabschlusses im Bundesanzeiger, so braucht die Gewinn- und Verlustrechnung nicht offengelegt zu werden.
Daher sollte zum Jahresende geprüft werden, ob die jeweiligen Schwellenwerte durch geeignete Gestaltungsmaßnahmen noch vor dem Bilanzstichtag unterschritten werden können. Allerdings treten die Rechtsfolgen ohnehin erst dann ein, wenn zwei der genannten Merkmale (Schwellenwerte) an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen unter- oder überschritten werden.
Die Größenklassen des § 267 HGB sind wie folgt:
Kleine GmbH | Mittelgroße GmbH | Große GmbH | |
Bilanzsumme | ≤ 6 Mio. € | ≤ 20 Mio. € | > 20 Mio. € |
Umsatzerlöse | ≤ 12 Mio. € | ≤ 40 Mio. € | > 40 Mio. € |
Arbeitnehmer | ≤ 50 | ≤ 250 | > 250 |
Entsprechende Gestaltungsüberlegungen sind auch bei Vorliegen von Tochtergesellschaften bezüglich der Schwellenwerte zur Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses anzustellen. Es besteht dann eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses, wenn mindestens zwei der drei nachfolgend genannten Merkmale überschritten werden. Bei der Prüfung der Konzernrechnungslegungspflicht wird zwischen der Brutto- und der Nettomethode differenziert. Bei der Bruttomethode wird aus den Bilanzen der einzubeziehenden Unternehmen lediglich durch Aufaddieren eine Summenbilanz erstellt, bei der Nettomethode wird ein „Probe“-Konzernabschluss einschließlich der erforderlichen Konsolidierungsbuchungen aufgestellt.
Die Schwellenwerte für Konzernabschlüsse sind in § 293 HGB wie folgt definiert:
Bruttomethode | Nettomethode | |
Bilanzsumme | ≤ 24 Mio. € | ≤ 20 Mio. € |
Umsatzerlöse | ≤ 48 Mio. € | ≤ 40 Mio. € |
Arbeitnehmer | ≤ 250 | ≤ 250 |
b) Bilanzpolitik: Besondere Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften
Besondere Erleichterungen werden nach § 267a HGB sog. Kleinstkapitalgesellschaften gewährt. Ein Unternehmen wird dann als Kleinstkapitalgesellschaft oder als Kleinst-GmbH & Co. KG eingestuft, wenn an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen jeweils zwei der folgenden drei Größenmerkmale nicht überschritten werden:
- Bilanzsumme (nach Abzug eines etwaigen Fehlbetrags): 350 000 €,
- Umsatzerlöse: 700 000 €,
- Arbeitnehmerzahl im Jahresdurchschnitt: 10 Personen.
Damit verbunden bleiben – neben den bereits für kleine Gesellschaften geltenden Erleichterungen – erhebliche Vereinfachungen hinsichtlich des Jahresabschlusses (erhebliche Verkürzung und Vereinfachung der Gliederungen von Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung, Befreiung von der Aufstellung eines Anhangs) und der Offenlegungspflicht.
Explizit nicht zum Kreis der Kleinstunternehmen gehören Unternehmensbeteiligungsgesellschaften sowie Holding- und Beteiligungsgesellschaften, nicht aber solche Holdinggesellschaften, die aktiv in das laufende Tagesgeschäft der Tochtergesellschaften eingreifen (sog. Führungs- oder Funktionsholdings). Reine Komplementär-GmbHs kommen daher schon wegen Haftungsübernahme und Geschäftsführung weiterhin als Kleinstkapitalgesellschaften in Frage.
Hinweis:
Gerade im Hinblick auf die im Bundesanzeiger zu veröffentlichenden Daten sind die Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften wichtig. Von Bedeutung ist, dass durchaus auch für diese ein ausführlicher Jahresabschluss aufgestellt werden kann, um z.B. gegenüber den Gesellschaftern oder der Hausbank ausreichende Informationen zu geben. Ein weiterer zur Veröffentlichung bestimmter Jahresabschluss kann dann unabhängig davon nach den vereinfachten Regeln für Kleinstkapitalgesellschaften aufgestellt werden.
Handlungsempfehlung:
Soweit beabsichtigt wird, gerade das gestaltbar erscheinende Kriterium der Bilanzsumme mit dem Ziel des Unterschreitens der Schwellenwerte zu mindern, können verschiedene sachverhaltsgestaltende wie auch bilanzpolitische Instrumente genutzt werden, deren Einsatz im konkreten Einzelfall zu prüfen wäre (z.B. Aufschub von Investitionen und/oder Außenfinanzierungen, Rückführung von Außenfinanzierungen, Sale-and-lease-back-Gestaltungen, Vornahme von Gewinnausschüttungen, Abtretung von Forderungen, Auslagerung von Pensionsverpflichtungen). Unter Hinzuziehung steuerlicher Beratung sollten rechtzeitig die Situation analysiert und mögliche Strategien entwickelt werden.
c) Mindestbesteuerung durch ergebnispolitische Maßnahmen vermeiden
Auch Kapitalgesellschaften unterliegen der mit dem Begriff „Mindestbesteuerung“ bezeichneten gesetzlichen Regelung des § 10d EStG, nach der ein steuerlicher Verlustvortrag im Einzelfall nur begrenzt genutzt werden kann. Konkret ordnet die Vorschrift, deren Verfassungsmäßigkeit derzeit immer noch auf dem Prüfstand des BVerfG steht, an, dass in vorhergehenden Jahren noch nicht verrechnete Verluste in Gewinnjahren nur noch i.H.v. 1 Mio. € (sog. Sockelbetrag) unbeschränkt verrechnet werden dürfen. Die über diesen Sockelbetrag hinausgehenden positiven Einkünfte können nur zu 60 % sofort mit dem Verlustvortrag verrechnet werden, so dass es in der Höhe der verbleibenden 40 % zur sog. Mindestbesteuerung kommt.
Handlungsempfehlung:
Vor diesem Hintergrund sollte der Jahreswechsel 2019/2020 Anlass sein, in Verlustsituationen durch geeignete Maßnahmen das Entstehen oder die Erhöhung eines nur begrenzt abzugsfähigen Verlustvortrags zu vermeiden.
Hinweis:
Wird für 2019 mit einem positiven Ergebnis gerechnet und bestehen Verlustvorträge, so muss die Wirkung der Mindestbesteuerung geprüft werden, da diese trotz ausreichend hoher Verlustvorträge zu einer Steuerbelastung führen kann.