Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Gestaltungsüberlegungen zum Jahreswechsel

3. Februar 2021


  1. a) Bilanzpolitik: Bedeutung der Größenklassen des HGB


Kleine Kapitalgesellschaften genießen gegenüber mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften eine Reihe von Vorteilen bei der handelsrechtlichen Rechnungslegung, so dass auch vor dem kommenden Bilanzstichtag die Schwellenwerte der Größenklassen des HGB für Kapitalgesellschaften genau betrachtet werden sollten. So unterliegen kleine Kapitalgesellschaften insbesondere nicht der gesetzlichen Prüfungspflicht durch einen vereidigten Buch- oder Wirtschaftsprüfer. Die Aufstellung des Jahresabschlusses kann für diese Gesellschaften später erfolgen. Außerdem sind auch deutlich weniger Pflichtangaben im Anhang zu machen, die Bilanz braucht weniger tief gegliedert zu werden und auf einen Lagebericht kann verzichtet werden. Darüber hinaus existieren noch deutliche Erleichterungen bei der Publizität des Jahresabschlusses im Bundesanzeiger, insbesondere braucht die Gewinn- und Verlustrechnung nicht offengelegt zu werden.

Daher sollte zum Jahresende geprüft werden, ob die jeweiligen Schwellenwerte durch geeignete Gestaltungsmaßnahmen noch vor dem Bilanzstichtag unterschritten werden können. Allerdings treten die Rechtsfolgen ohnehin erst dann ein, wenn zwei der genannten Merkmale (Schwellenwerte) an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen unter- oder überschritten werden.


Die Größenklassen stellen sich nach geltendem Recht (§ 267 HGB) wie folgt dar:





























  Kleine GmbH Mittelgroße GmbH Große GmbH
Bilanzsumme ≤ 6 Mio. € ≤ 20 Mio. € > 20 Mio. €
Umsatzerlöse ≤ 12 Mio. € ≤ 40 Mio. € > 40 Mio. €
Arbeitnehmer ≤ 50 ≤ 250 > 250

Entsprechende Gestaltungsüberlegungen sind auch bei Vorliegen von Tochtergesellschaften bezüglich der Schwellenwerte zur Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses anzustellen. Es besteht dann eine Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses, wenn mindestens zwei der drei nachfolgend genannten Merkmale überschritten werden. Bei der Prüfung der Konzernrechnungslegungspflicht wird zwischen der Brutto- und der Nettomethode differenziert. Bei der Bruttomethode wird aus den Bilanzen der einzubeziehenden Unternehmen lediglich durch Aufaddieren eine Summenbilanz erstellt, bei der Nettomethode wird ein „Probe“-Konzernabschluss einschließlich der erforderlichen Konsolidierungsbuchungen aufgestellt.

Die Schwellenwerte für Konzernabschlüsse sind in § 293 HGB wie folgt definiert:

























  Bruttomethode Nettomethode
Bilanzsumme ≤ 24 Mio. € ≤ 20 Mio. €
Umsatzerlöse ≤ 48 Mio. € ≤ 40 Mio. €
Arbeitnehmer ≤ 250 ≤ 250

 

Handlungsempfehlung:

Soweit beabsichtigt wird, gerade das gestaltbar erscheinende Kriterium der Bilanzsumme mit dem Ziel des Unterschreitens der Schwellenwerte zu mindern, können verschiedene sachverhaltsgestaltende wie auch bilanzpolitische Instrumente genutzt werden, deren Einsatz im konkreten Einzelfall zu prüfen wäre (z.B. Aufschub von Investitionen und/oder Außenfinanzierungen, Rückführung von Außenfinanzierungen, sale-and-lease-back-Gestaltungen, Vornahme von Gewinnausschüttungen, Abtretung von Forderungen, Auslagerung von Pensionsverpflichtungen). Unter Hinzuziehung steuerlicher Beratung sollten rechtzeitig die Situation analysiert und mögliche Strategien entwickelt werden.

  1. b) Bilanzpolitik: Besondere Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften


Besondere Erleichterungen werden nach § 267a HGB sog. Kleinstunternehmen (Kleinstkapitalgesellschaften) gewährt. Ein Unternehmen wird dann als Kleinstkapitalgesellschaft oder als Kleinst-GmbH & Co. KG eingestuft, wenn an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen jeweils zwei der folgenden drei Größenmerkmale nicht überschritten werden:

–  Bilanzsumme (nach Abzug eines etwaigen Fehlbetrags): 350 000 €,

–  Umsatzerlöse: 700 000 €,

–  Arbeitnehmerzahl im Jahresdurchschnitt: zehn Personen.

Damit verbunden sind – zusätzlich zu den bereits für kleine Gesellschaften geltenden Erleichterungen – erhebliche Vereinfachungen hinsichtlich des Jahresabschlusses: wesentliche Verkürzung und Vereinfachung der Gliederungen von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, Befreiung von der Aufstellung eines Anhangs; daneben auch deutliche Erleichterungen bei der Offenlegungspflicht.

Explizit nicht zum Kreis der Kleinstunternehmen gehören Unternehmensbeteiligungsgesellschaften sowie Holding- und Beteiligungsgesellschaften, nicht aber solche Holdinggesellschaften, die aktiv in das laufende Tagesgeschäft der Tochtergesellschaften eingreifen (sog. Führungs- oder Funktionsholdings). Reine Komplementär-GmbHs kommen daher schon wegen Haftungsübernahme und Geschäftsführung weiterhin als Kleinstkapitalgesellschaften in Frage.

Hinweis:

Gerade im Hinblick auf die im Bundesanzeiger zu veröffentlichenden Daten sind die Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften wichtig. Von Bedeutung ist, dass durchaus auch für diese Kleinstkapitalgesellschaften ein ausführlicher Jahresabschluss aufgestellt werden kann, um z.B. gegenüber den Gesellschaftern oder der Hausbank ausreichende Informationen zu geben. Ein weiterer zur Veröffentlichung bestimmter Jahresabschluss kann dann unabhängig davon nach den vereinfachten Regeln für Kleinstkapitalgesellschaften aufgestellt werden.

Handlungsempfehlung:

Vor dem Hintergrund dieser Erleichterungen ist zum Jahreswechsel 2020/2021 zu prüfen, ob die Schwellenwerte für Kleinstkapitalgesellschaften durch geeignete Gestaltungsmaßnahmen noch vor dem Bilanzstichtag unterschritten werden können. Auch insoweit ist zu beachten, dass die begünstigenden Rechtsfolgen erst dann eintreten, wenn zwei der genannten Merkmale (Schwellenwerte) an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen nicht überschritten werden.

  1. c) Maßnahmen in Verlustsituationen


Auf Grund des bei Kapitalgesellschaften anzuwendenden Trennungsprinzips können Verluste der GmbH grundsätzlich nicht auf Ebene des bzw. der Gesellschafter genutzt werden. Wegen der aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dürften vermehrt Gesellschaften Verluste erwarten. Steuerlich ist dies dann besonders misslich, wenn Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft dazu führen, dass die Verluste der GmbH noch erhöht werden, wohingegen die Leistungsvergütung beim Gesellschafter der Einkommensteuer unterliegt.

Handlungsempfehlung:

In diesen Fällen sollten Gestaltungen geprüft werden, um Verluste der GmbH zu vermeiden oder zu verringern. Grundlage ist dabei zunächst eine möglichst exakte Ergebnisplanung für die GmbH. Zu denken ist an folgende Maßnahmen:

–   Verbesserung des Ergebnisses der GmbH durch Verzicht des Gesellschafters auf Nutzungs- oder Tätigkeitsvergütungen bzw. Zinsen. Allerdings ist ein solcher Verzicht mit steuerlicher Rückwirkung nicht möglich, da sonst die Qualifizierung als verdeckte Gewinnausschüttung droht.

–   Vorziehen gewinnrealisierender Vorgänge auf 2020, z.B. durch Veräußerungen im Unternehmensverbund oder vorgezogene Abnahmen eines Auftrags.

–   Verschieben von Aufwendungen, z.B. von Erhaltungs- oder Werbemaßnahmen in das Jahr 2021.

–   Soweit dies im Einzelfall noch zulässig ist, können zur Ergebnisbeeinflussung u.U. auch Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte bzw. Ermessensspielräume anders als bisher ausgeübt werden. Spielräume bieten sich insbesondere im Bereich der Rückstellungen und auch bei der Bewertung des Vorratsvermögens.

–   Ist ein Gesellschafterdarlehen gewährt worden, kann ein Rangrücktritt geprüft werden, der mit den Vorgaben verbunden ist, das Darlehen sei aus künftigen Jahresüberschüssen zu bedienen, ohne eine Tilgungsmöglichkeit aus freiem Vermögen vorzusehen. Dies bedingt, dass das Darlehen bei der GmbH nicht mehr zu passivieren ist. Der daraus resultierende Ertrag – in Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderung – kann gegen den laufenden Verlust des Jahres 2020 verrechnet werden. Tritt später die Besserungsbedingung ein, führt die Wiedereinbuchung der Verbindlichkeit zu einem laufenden Aufwand.

–   Auch die bewusste Herbeiführung der Unverzinslichkeit eines Gesellschafterdarlehens kann geprüft werden. Dies hat bei der GmbH einen Abzinsungsertrag zur Folge, welcher gegen den Verlust gerechnet werden kann, wohingegen die spätere aufwandswirksame Aufzinsung der Verbindlichkeit sich etwaig in Gewinnjahren vollzieht.

Derartige Gestaltungen sollten stets unter Hinzuziehung steuerlichen Rats geprüft werden.
Zur Übersicht