Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Gestaltungsüberlegungen zum Jahreswechsel

6. Januar 2022


a) Bilanzpolitik: Bedeutung der Größenklassen des HGB
Kleine Kapitalgesellschaften genießen gegenüber mittelgroßen und großen
Kapitalgesellschaften eine Reihe von Vorteilen, so dass auch vor dem kommenden
Bilanzstichtag die Schwellenwerte der Größenklassen des HGB für Kapitalgesellschaften genau
betrachtet werden sollten. So unterliegen kleine Kapitalgesellschaften insbesondere nicht der
gesetzlichen Prüfungspflicht durch einen vereidigten Buch- oder Wirtschaftsprüfer. Die
Aufstellung des Jahresabschlusses kann für diese Gesellschaften zeitlich später erfolgen.
Außerdem sind auch deutlich weniger Pflichtangaben im Anhang zu machen, die Bilanz braucht
weniger tief gegliedert zu werden und auf einen Lagebericht kann verzichtet werden. Darüber
hinaus existieren noch deutliche Erleichterungen bei der Publizität des Jahresabschlusses im
Bundesanzeiger, insbesondere braucht die Gewinn- und Verlustrechnung nicht offengelegt zu
werden.
Daher sollte zum Jahresende geprüft werden, ob die jeweiligen Schwellenwerte durch geeignete
Gestaltungsmaßnahmen noch vor dem Bilanzstichtag unterschritten werden können. Allerdings
treten die Rechtsfolgen erst dann ein, wenn zwei der genannten Merkmale (Schwellenwerte) an
zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen unter- oder überschritten werden.





Die Größenklassen stellen sich nach geltendem Recht (§ 267 HGB) wie folgt dar:









bezüglich der Schwellenwerte zur Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines
Konzernabschlusses anzustellen. Es besteht dann eine Verpflichtung zur Aufstellung eines
Konzern-abschlusses, wenn mindestens zwei der drei nachfolgend genannten Merkmale
überschritten werden (vgl. § 283 HBG):









Handlungsempfehlung:
Soweit beabsichtigt wird, gerade das gestaltbar erscheinende Kriterium der Bilanzsumme mit dem Ziel des
Unterschreitens der Schwellenwerte zu mindern, können verschiedene sachverhaltsgestaltende wie auch
bilanzpolitische Instrumente genutzt werden, deren Einsatz im konkreten Einzelfall zu prüfen wäre. Zu
denken ist an folgende Instrumente: Aufschub von Investitionen und/oder Außenfinanzierungen,
Rückführung von Außenfinanzierungen, Sale-and-lease-back-Gestaltungen, Vornahme von
Gewinnausschüttungen, Abtretung von Forderungen oder die Auslagerung von Pensionsverpflichtungen.
Unter Hinzuziehung steuerlicher Beratung sollten rechtzeitig die Situation analysiert und mögliche
Strategien entwickelt werden.






b) Bilanzpolitik: Besondere Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften
Besondere Erleichterungen werden nach § 267a HGB sog. Kleinstunternehmen
(Kleinstkapitalgesellschaften) gewährt. Ein Unternehmen wird dann als Kleinstkapitalgesellschaft
oder als Kleinst-GmbH & Co. KG eingestuft, wenn an zwei aufeinanderfolgenden
Abschlussstichtagen jeweils zwei der folgenden drei Größenmerkmale nicht überschritten
werden:






Bilanzsumme (nach Abzug eines etwaigen Fehlbetrags): 350 000 €,






Umsatzerlöse: 700 000 €,






Arbeitnehmerzahl im Jahresdurchschnitt: 10 Personen.
Damit verbunden sind – zusätzlich zu den bereits für kleine Gesellschaften geltenden
Erleichterungen – erhebliche Vereinfachungen hinsichtlich des Jahresabschlusses: wesentliche
Verkürzung und Vereinfachung der Gliederungen von Bilanz sowie Gewinn- und
Verlustrechnung, Befreiung von der Aufstellung eines Anhangs; daneben auch deutliche
Erleichterungen bei der Offenlegungspflicht.






Hinweis:
Gerade im Hinblick auf die im Bundesanzeiger zu veröffentlichenden Daten sind die Erleichterungen für
Kleinstkapitalgesellschaften wichtig. Von Bedeutung ist, dass durchaus auch für diese
Kleinstkapitalgesellschaften ein ausführlicher Jahresabschluss aufgestellt werden kann, um z.B. gegenüber
den Gesellschaftern oder der Hausbank ausreichende Informationen zu geben. Ein weiterer zur
Hinterlegung beim Bundesanzeiger bestimmter Jahresabschluss kann dann unabhängig davon nach den
vereinfachten Regeln für Kleinstkapitalgesellschaften aufgestellt werden.





Handlungsempfehlung:
Vor dem Hintergrund dieser Erleichterungen ist zum Jahreswechsel 2021/2022 zu prüfen, ob die
Schwellenwerte für Kleinstkapitalgesellschaften durch geeignete Gestaltungsmaßnahmen noch vor dem
Bilanzstichtag unterschritten werden können. Auch insoweit ist zu beachten, dass die begünstigenden
Rechtsfolgen erst dann eintreten, wenn zwei der genannten Merkmale (Schwellenwerte) an zwei
aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen nicht überschritten werden.






c) Überlegungen zur Ausschüttungspolitik zum Jahreswechsel 2021/2022
Werden aktuell Gewinnausschüttungen geplant, so ist abzuwägen, ob diese noch in 2021 oder
aber erst in 2022 erfolgen sollen. Bei dieser Entscheidung sind einerseits die steuerliche
Situation der Gesellschaft und andererseits die des Gesellschafters zu berücksichtigen (dabei
wird davon ausgegangen, dass die Rückführung des Solidaritätszuschlags bereits ab dem
Veranlagungszeitraum 2021 als verfassungskonform eingestuft werden wird):






– Ist der Gesellschafter der GmbH eine natürliche Person und hält er die Geschäftsanteile in
seinem steuerlichen Privatvermögen mit der Folge, dass die sog. Abgeltungsteuer zur
Anwendung kommt, macht es nach derzeitiger Rechtslage (also vorbehaltlich etwaiger
Steuererhöhungen durch die neue Bundesregierung) i.d.R. keinen Unterschied, ob die
Ausschüttung in 2021 oder in 2022 erfolgt. Die Gewinnausschüttung wird in beiden Fällen mit
dem Abgeltungsteuersatz von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer
belastet. Rein aus Sicht des EStG ist eine differenzierte Betrachtung nur in den seltenen
Ausnahmefällen erforderlich, in denen der persönliche Grenzsteuersatz unter 25 % liegt und
der Gesellschafter im Rahmen der sog. „Günstigerprüfung“ eine teilweise Erstattung der
Abgeltungsteuer beantragen kann. Dies kann bspw. gegeben sein, wenn aus anderen
Einkunftsquellen Verluste resultieren und sich deshalb eine sehr niedrige steuerliche
Bemessungsgrundlage ergibt.






– Ist der Gesellschafter der GmbH eine natürliche Person und hält er die Geschäftsanteile in
seinem steuerlichen Betriebsvermögen, so kommt die Abgeltungsteuer nicht zur
Anwendung, sondern das Teileinkünfteverfahren, bei dem die Gewinnausschüttung zu 40 %
steuerfrei gestellt ist und im Übrigen dem regulären Einkommensteuertarif unterliegt. Für die
Ausschüttungspolitik ist in diesem Fall entscheidungserheblich, in welchem
Veranlagungszeitraum der persönliche Spitzensteuersatz niedriger ist; in diesem
Veranlagungszeitraum sollte dann ausgeschüttet werden.
Gleiches gilt, wenn der Gesellschafter die Geschäftsanteile zwar in seinem steuerlichen
Privatvermögen hält, die Anwendung der sog. Abgeltungsteuer aber gleichwohl
ausscheidet, z.B. weil ein zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligter
Gesellschafter beantragt, auf die Anwendung des besonderen Steuersatzes zu verzichten.
Auch in diesem Fall werden die Ausschüttungen mit dem tariflichen Einkommensteuersatz
besteuert. Ein Vorteil kann für den beantragenden Gesellschafter darin bestehen, dass bei
Ausübung des Wahlrechts auch Werbungskosten geltend gemacht werden können, was z.B.
bei hohen Refinanzierungskosten der Beteiligung steuerlich zu einem günstigeren Ergebnis
führen kann.






– Ist der Gesellschafter der GmbH seinerseits eine Kapitalgesellschaft, macht es nach der
derzeitigen Rechtslage ebenfalls keinen Unterschied, ob die Ausschüttung in 2021 oder in
2022 erfolgt. Auf Ebene der die Ausschüttung empfangenden Kapitalgesellschaft erfolgt eine
Steuerfreistellung der Gewinnausschüttung.


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