Die Errichtung einer sog. „GmbH & Still“ kann unter verschiedenen Gestaltungsaspekten interessant sein. Neben der Möglichkeit, die Beteiligung des stillen Gesellschafters geheim zu halten (Anonymitätsinteresse), kann die stille Beteiligung als Finanzierungsmaßnahme z.B. der Herabsetzung der fixen Fremdfinanzierungskosten dienen, als Sanierungsmaßnahme in Betracht gezogen werden, Vehikel für eine Mitarbeiterbeteiligung sein wie auch als Mittel der Unternehmensnachfolge bzw. der Versorgung der Hinterbliebenen für den Todesfall des Geschäftsinhabers dienen.
Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des BFH vom 12.4.2021 (Az. VIII R 46/18) zu sehen, bei dem dieser sich mit der Annahme einer typisch stillen Gesellschaft und der Abgrenzung zur sog. atypisch stillen Gesellschaft befasst hat. Zu den Voraussetzungen des Vorliegens eines stillen Gesellschaftsverhältnisses mit einer GmbH hat der BFH konkret festgestellt,
- dass auch dann von einem atypisch stillen Gesellschaftsverhältnis auszugehen ist, wenn zwar einerseits das Mit-unternehmerrisiko eines stillen Gesellschafters hinter der Rechtsstellung zurückbleibt, die das HGB dem Komman-ditisten zuweist, wenn demgegenüber aber andererseits die Möglichkeit des stillen Gesellschafters zur Entfaltung von Mitunternehmerinitiative besonders stark ausgeprägt ist,
- und dass sich eine solche Möglichkeit zur Entfaltung von Mitunternehmerinitiative bei einer GmbH & Still auch aus der Stellung des stillen Gesellschafters als Geschäftsführer oder Prokurist der GmbH ergeben kann.
Im Streitfall hatte sich der Stpfl. als stiller Gesellschafter an einer GmbH beteiligt, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Vater des Stpfl. war. Seine Beteiligung belief sich auf 20 % des Stammkapitals der GmbH i.H.v. 150 000 €. Der Stpfl., dem schon im Jahr 2002 Einzelprokura erteilt worden war, war zu 20 % am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt, wobei der Vertrag keine betragsmäßigen Obergrenzen vorsah. An der Vermögenssubstanz und dem Firmenwert des Unternehmens war der Stpfl. nicht beteiligt; bei Beendigung der Gesellschaft stand ihm eine Abfindung zu, bei deren Ermittlung stille Reserven unberücksichtigt blieben. Die Geschäftsführung oblag allein dem Vater des Stpfl.
Zu dieser Gestaltung hat der BFH die nachfolgenden Feststellungen getroffen:
- Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter oder aus partiarischen Darlehen, es sei denn, dass der Gesellschafter oder Darlehensgeber als Mitunternehmer anzusehen ist. Mitunternehmer ist derjenige Gesellschafter, der kumulativ Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt.
- Mitunternehmerinitiative bedeutet dabei vor allem Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie z.B. Gesellschaftern oder diesen vergleichbaren Personen als Geschäftsführer, Prokuristen oder anderen leitenden An-gestellten obliegen.
- Mitunternehmerrisiko trägt, wer gesellschaftsrechtlich oder diesem Status wirtschaftlich vergleichbar am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens teilnimmt. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich eines Geschäftswerts vermittelt.
- Diese Merkmale können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein und ein geringeres mitunternehmerisches Risiko kann durch eine besonders starke Ausprägung des Initiativrechts ausgeglichen werden und umgekehrt; dabei müssen beide Merkmale allerdings vorliegen.
- Im Grundsatz muss der Stille nicht nur am laufenden Unternehmenserfolg beteiligt sein, sondern für den Fall der Be-endigung des Gesellschaftsverhältnisses entsprechend seinem Gewinnanteil auch Anspruch auf den Zuwachs der stillen Reserven des Betriebsvermögens einschließlich des Zuwachses an dem Firmenwert haben. Fehlt es hingegen z.B. an einer Beteiligung an den stillen Reserven, so kann nur dann von einem atypisch stillen Gesellschaftsverhältnis aus-gegangen werden, wenn bei Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalles seine Möglichkeit zur Entfaltung von Mitunternehmerinitiative besonders stark ausgeprägt ist.
- Dafür ist erforderlich, dass dem Stillen – sei es als Geschäftsführer, als Prokurist oder leitender Angestellter – Aufgaben der Geschäftsführung, mit denen ein nicht unerheblicher Entscheidungsspielraum und damit auch Einfluss auf grund-sätzliche Fragen der Geschäftsleitung verbunden ist, zur selbständigen Ausübung übertragen werden; der stille Ge-sellschafter muss wie ein Unternehmer auf das Schicksal des Unternehmens Einfluss nehmen können. Dies kann zwar auch bei Einräumung umfassender Weisungsrechte zu bejahen sein. Faktische Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Unternehmensführung reichen nicht.
Im Ergebnis hat der BFH daher für den Streitfall die Möglichkeit des Vorliegens einer atypisch stillen Gesellschaft bejaht.
Hinweis: In der Gestaltungspraxis sollte also, wenn die Erzielung von Kapitaleinkünften (und nicht etwa gewerblichen Einkünften) beim stillen Gesellschafter beabsichtigt ist, darauf geachtet werden, dass dem Stillen (z.B. als Geschäftsführer, Prokurist oder leitender Angestellter) nicht zu weitreichende Einflussmöglichkeiten eingeräumt werden.