In Umsetzung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 8.10.2020 (Az. C-657/19) hat der BFH nun mit Urteil vom 24.2.2021 (Az. XI R 30/20) entschieden, dass Leistungen einer Gutachterin, die im Auftrag des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten erstellt, nach nationalem Recht nicht von der Umsatzsteuer befreit sind. Auch eine Steuerbefreiung nach dem Unionsrecht ist nicht zu gewähren.
Im Streitfall war die Stpfl. ausgebildete Krankenschwester mit medizinischer Grundausbildung und akademischer Ausbildung im Bereich der Pflegewissenschaft sowie einer Weiterbildung in Qualitätsmanagement im Bereich der Pflege. In den Streitjahren 2012 bis 2014 erstellte sie für den MDK Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von Patienten. Die Gutachterleistungen rechnete der MDK ihr gegenüber monatlich ohne Ausweis der Umsatzsteuer ab. Die betreffenden Umsätze erklärte die Stpfl. als steuerfrei, nahm jedoch den Vorsteuerabzug aus allen Eingangsleistungen ungekürzt in Anspruch. Das Finanzamt war der Auffassung, die Gutachtertätigkeit sei weder nach nationalem noch nach Unionsrecht steuerbefreit und unterwarf diese Umsätze der Umsatzsteuer.
Der BFH bestätigt, dass sich die Stpfl. weder auf die Steuerbefreiung nach nationalem Recht noch auf die nach Unions-recht berufen kann. Es handelt sich bei den im Rahmen der Gutachtertätigkeit erbrachten Leistungen zwar um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen. Ein erfolgreiches Berufen auf die Steuer-befreiung nach dem Unionsrecht scheitert im Streitfall allerdings daran, dass die Stpfl. nicht von der Bundesrepublik Deutschland als „Einrichtung mit sozialem Charakter“ anerkannt ist; eine solche Anerkennung, die Voraussetzung für die unionsrechtliche Steuerbefreiung ist, folgt insbesondere nicht aus der Beauftragung durch eine solche Einrichtung noch aus der nur mittelbaren Kostenerstattung über den MDK.
Hinweis:
Die Steuerfreistellung der Umsätze von ausgebildeten Krankenschwestern, die für den MDK Gutachten erstellen, kann vielmehr nur dann erreicht werden, wenn mit der Pflegekasse entsprechende Verträge geschlossen werden oder die Pflegekasse explizit die Entscheidung trifft, dass für die konkrete Krankenschwester die Kosten übernommen werden. Für die Praxis gilt es daher zu prüfen, ob die Entscheidung auf die konkreten Sachverhaltskonstellationen anzuwenden ist.