Zinsen sind grundsätzlich dann steuerlich als Einnahmen zu erfassen, wenn der Gläubiger über diese wirtschaftlich verfügen kann. Dies ist gegeben bei Zufluss des Geldbetrages. In bestimmten Fällen ist aber auch bereits die Gutschrift in den Büchern des Schuldners als Zufluss zu werten, wenn der Gläubiger insoweit hierüber verfügen kann. Die Entscheidung des BFH v. 12.7.2022 (Az. VIII R 18/19) zeigt aber, dass insoweit Grenzen zu beachten sind, welche bei der Ermittlung der stpfl. Zinsen von Bedeutung sind. So hat das Gericht entschieden, dass
– wenn in der Gutschrift von fälligen Zinsen in den Büchern des Verpflichteten nur das buchmäßige Festhalten der Schuldverpflichtung zu sehen ist und nicht zum Ausdruck gebracht wurde, dass der Gläubiger den entsprechenden Betrag von nun an jederzeit abrufen kann, noch kein Zufluss im steuerlichen Sinne vorliegt und demnach beim Gläubiger noch keine Kapitalerträge vorliegen.
– Auch das bloße Nichtgeltendmachen gutgeschriebener und nicht ausgezahlter Zinsen bei Fälligkeit gegenüber dem Darlehensnehmer begründet noch keinen Zufluss der Zinsen im steuerlichen Sinne beim Darlehensgeber.
Im Urteilsfall ging es um Zinsen zu einem Darlehen, dass der Stpfl. an eine GmbH gegeben hatte, an der er mittelbar beteiligt war. Die Darlehenszinsen wurden vom Schuldner lediglich auf einem firmeninternen Buchungskonto verbucht. Insoweit konnte der Gläubiger aber noch nicht ohne weiteres über diese lediglich gutgeschriebenen Zinsen verfügen. Dies hätte das Zutun der Verantwortlichen bei der Schuldnergesellschaft bedurft. Daher war noch kein steuerlich relevanter Zufluss anzunehmen.
Auch ein Zufluss durch Novation, bei der die Darlehensansprüche um die entstandenen und gutgeschriebenen Zinsansprüche erhöht wurden, sei nicht bewirkt worden. Hierbei ist entscheidend, dass der dem Gläubiger geschuldete Betrag gerade in dessen Interesse nicht ausgezahlt und auf Grund einer Vereinbarung fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet wird. Bleibt die Schuld wie im Urteilsfall allerdings im Interesse des Schuldners bestehen, liegt wirtschaftlich gesehen lediglich eine Stundung der ursprünglichen Schuld vor und ein Zufluss ist nicht anzunehmen. Schließlich führt das bloße Unterlassen der Geltendmachung eines fälligen Zinsanspruchs nicht zu einer Schuldumschaffung im Sinne einer Novation.
Hinweis:
Dieses Urteil ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus von Bedeutung. Abzugrenzen sind hiervon allerdings Fälle, bei denen der Gesellschafter als Gläubiger über eine Stellung als Gesellschafter oder Geschäftsführer Möglichkeiten hat, über die gutgeschriebenen Beträge zu verfügen.