Für alle Steuerpflichtigen

Keine freigebige Zuwendung bei sog. Bedarfsabfindung für den Scheidungsfall

4. April 2022


Im Streit stand die Frage zur Entscheidung, ob eine mit der Eheschließung vereinbarte Zahlung für den Fall der späteren Ehescheidung, die aber erst zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu leisten ist („Bedarfsabfindung“), der Schenkungsteuer unterliegt. Das Finanzamt sah insoweit eine freigebige Zuwendung und erhob Schenkungsteuer. Dem widersprach nun der BFH mit Urteil vom 1.9.2021 (Az. II R 40/19). Im Streitfall schloss die Stpfl. anlässlich ihrer Eheschließung mit ihrem früheren Ehemann in 1998 einen notariell beurkundeten Ehevertrag, in dem u.a. der gesetzliche Versorgungsausgleich zugunsten einer Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht ausgeschlossen und der nacheheliche Unterhalt begrenzt wurde. Es wurde der Güterstand der Gütertrennung vereinbart. Der Stpfl. wurde ein indexierter Zahlungsanspruch „im Falle der Scheidung“ eingeräumt. Dieser Zahlungsanspruch sollte bei einem Bestand der Ehe von 15 vollen Jahren x DM betragen; bei der Ehescheidung vor Ablauf dieser Frist sollte sich der Betrag „pro rata temporis“ vermindern. Die in 1998 geschlossene Ehe wurde in 2014 geschieden. Der Ehemann zahlte an die Stpfl. in Vollzug der getroffenen Vereinbarung in 2014 einen Betrag von x EUR.





Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass die Leistung nicht den Besteuerungstatbestand einer freigebigen Zuwendung erfüllt und damit nicht der Schenkungsteuer unterliegt. In der bisherigen Rechtsprechung ist geklärt, dass die Zahlung einer „Pauschalabfindung“ unter Preisgabe eines (möglicherweise) künftig entstehenden Zugewinnausgleichanspruchs vor Eingehung der Ehe als freigebige Zuwendung der Schenkungsteuer unterliegt. Vor Beginn der Ehe ist ungewiss, ob und wann die Ehe wieder geschieden oder die Zugewinngemeinschaft aus anderen Gründen beendet wird. Bis zur Entstehung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich können sich zudem noch gravierende Veränderungen ergeben. Die Zugewinnausgleichsforderung kann in der Person des Zuwendungsempfängers entweder überhaupt nicht oder nicht in der im Zeitpunkt der Zuwendung erwarteten Höhe entstehen oder der Zuwendungsempfänger umgekehrt sogar selbst Schuldner einer Zugewinnausgleichsforderung werden.





Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die zukünftigen Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung – abweichend von den gesetzlichen Leitbildern – umfassend individuell regeln und für den Fall der Beendigung der Ehe, z.B. durch Scheidung, Zahlungen eines Ehepartners an den anderen in einer bestimmten Höhe vorsehen, die erst zu diesem Zeitpunkt zu leisten sind („Bedarfsabfindung“). Bei einer „Bedarfsabfindung“ geht der zahlungsverpflichtete Ehegatte davon aus, dass die Ehe zumindest für eine gewisse Zeit Bestand hat und während dieser Ehezeit verschiedene „Leistungen“ des anderen Ehegatten, wie bspw. Kindererziehung, erbracht werden, die durch die vereinbarte Zahlung pauschal abgegolten werden sollen. Der Tatbestand der Schenkung scheitert zudem auch am fehlenden subjektiven Willen zur Freigebigkeit. Der Vertrag mit der Stpfl. einschließlich der Abfindungszahlung diente aus Sicht des Ehemannes dazu, das eigene Vermögen vor unwägbaren finanziellen Verpflichtungen infolge einer Scheidung zu schützen. Der Vermögenshingabe stand somit eine Gegenleistung gegenüber.





Hinweis: Dies zeigt Möglichkeiten auf, wie derartige ehevertragliche Regelungen steuergünstig getroffen werden können. Allerdings sind stets die individuellen Vereinbarungen sorgfältig zu prüfen bzw. auszugestalten. Insofern ist stets fachlicher Rat einzuholen.


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