Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Körperschaftsteuerrechtliche Organschaft im Fall der Insolvenz

19. Mai 2023


Die sog. körperschaftsteuerliche Organschaft ist als steuerliches Gestaltungsinstrument weit verbreitet. Sie bietet neben anderen Vorteilen insbesondere die Möglichkeit, Verluste der Organgesellschaft (einer Kapitalgesellschaft) mit steuerlicher Wirkung beim Organträger (einer Kapital- oder einer Personengesellschaft) geltend zu machen. Die steuerliche Anerkennung setzt aber den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags (GAV) voraus, welcher während der Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren auch tatsächlich durchgeführt wird. Vor diesem Hintergrund hat nun der BFH zu den Auswirkungen der Insolvenz von Organträgerin und Organgesellschaft innerhalb dieses Fünfjahreszeitraums auf eine bestehende körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Organschaft mit Urteil vom 2.11.2022 (Az. I R 29/19) folgende Feststellungen getroffen:





–  Die tatsächliche Durchführung des GAV ist Voraussetzung für die Anerkennung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft.





–  Wenn ein vorläufiger Jahresabschluss der Organgesellschaft wegen Insolvenz nicht mehr korrigiert werden könne und bei zutreffender Anwendung der handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätze im endgültigen Jahresabschluss ein anderes Ergebnis auszuweisen wäre, dann liege eine Nichtdurchführung des GAV vor.





–  Komme es während der Mindestvertragslaufzeit von fünf Jahren zur Nichtdurchführung des GAV, dann führe dies nicht nur zu einer Unterbrechung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft für einzelne Veranlagungszeiträume, sondern insgesamt zu einer (rückwirkenden) Nichtanerkennung der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft.





–  Dabei setze die tatsächliche Durchführung eines GAV voraus, dass er entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen vollzogen wird. Dies bedeute u.a., dass die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ermittelten Gewinne tatsächlich durch Zahlung oder Verrechnung an den Organträger abgeführt werden. Bei einer Verrechnung müsse es sich um eine einer tatsächlichen Zahlung gleichstehende Aufrechnung handeln; die reine Buchung der Forderung ohne Erfüllungswirkung sei dagegen nicht ausreichend.





–  Im konkreten Streitfall sei im Jahr 2008 der GAV danach nicht tatsächlich durchgeführt worden. Denn es habe für das Jahr 2008 (auf Grund des zwischenzeitlich in 2009 eröffneten Insolvenzverfahrens) nur ein vorläufiger Jahresabschluss der X-GmbH vorgelegen, der einen Jahresüberschuss vor GAV auswies, aber nicht endgültig festgestellt worden sei. Dieser Jahresüberschuss wurde am 2.2.2009 über ein Aufwandskonto auf dem Verrechnungskonto X-GmbH/Holding-GmbH verbucht. Der vorläufige Jahresabschluss war der Holding-GmbH bekannt und wurde von den Geschäftsführern der X-GmbH freigegeben. Eine Umbuchung auf ein Bankkonto (im Streitfall ein sog. Cash-Clearing-Konto) erfolgte jedoch nicht.





–  Zwar verhindern die insolvenzrechtlichen Restriktionen, dass eine Korrektur eines vorläufigen Jahresabschlusses tatsächlich umgesetzt werden könnte, da die aus dem GAV resultierenden Forderungen lediglich Insolvenzforderungen i.S. des § 38 InsO sind, die grundsätzlich nicht mehr bedient werden dürfen. Jedoch könne auch im Falle einer Insolvenz also für die Durchführung des GAV gerade nicht auf einen vorläufigen Jahresabschluss abgestellt werden.





Hinweis:





Mit diesem Urteil hat der BFH u.a. nochmals die herausragende Bedeutung der tatsächlichen Durchführung des GAV für die Anerkennung der Organschaft unterstrichen. In der Praxis sollte daher beachtet werden, dass es nicht allein bei Buchungen auf Verrechnungskonten bleibt, sondern es zumindest – als praktikabler Ausweg – zur Umwandlung der Forderung bzw. Verbindlichkeit in ein Darlehen kommt. Dabei soll nach Feststellung des FG Hamburg (Urteil vom 30.6.2022) die vorherige Erfüllung der gegenseitigen Ansprüche durch Zahlung und anschließende Neuausreichung als Darlehen ebenso wenig erforderlich sein wie die Vereinbarung einer marktüblichen Verzinsung; entscheidend ist allerdings die Werthaltigkeit der in ein Darlehen umgewandelten Forderung.


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