Das Finanzgericht Münster hatte zu entscheiden, ob Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Gartens als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigt werden können.
Die Stpfl. leidet an einem Post-Polio-Syndrom (PPS). Ihr Schwerbehindertenausweis wies im Streitjahr einen Grad der Behinderung von 70 mit den Merkzeichen G und aG aus. Sie war zusammen mit ihrem Ehemann Eigentümer eines Einfamilienhauses mit Garten. Das Grundstück hat eine Größe von 1 387 qm. Unmittelbar vor dem Haus befanden sich zunächst Beete, auf denen die Stpfl. Beerensträucher sowie Küchen- und Heilkräuter anbaute. Die Beete waren vom Haus aus fußläufig über eine schmale Zuwegung zu erreichen. Auf der Rückseite des Hauses befand sich eine Terrasse, welche vom Haus aus mit einem Rollstuhl erreicht werden konnte. Im Jahr 2016 ließen die Stpfl. den Weg vor ihrem Haus in eine gepflasterte Fläche von 17,96 qm ausbauen. Die Kosten hierfür wurden als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht.
Das Finanzgericht Münster stellt hierzu mit Urteil vom 15.1.2020 (Aktenzeichen 7 K 2740/18 E) fest:
- Festzustellen ist zunächst, dass eine schwerwiegende Behinderung des Stpfl. oder eines Angehörigen grundsätzlich eine tatsächliche Zwangslage begründet, die eine behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht. Mehraufwendungen für einen behindertengerechten Um- oder Neubau eines Hauses oder einer Wohnung können daher als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein.
- Der Bundesfinanzhof hatte bereits entschieden, dass zum existenznotwendigen Wohnbedarf nicht nur der unmittelbare Wohnbereich, sondern auch das Hausgrundstück gehört, soweit es nicht über das Notwendige und Übliche hinausgeht.
- In der Rechtsprechung der Finanzgerichte wird die Einstufung des Gartens unterschiedlich gesehen.
- Für den Streitfall verneint das Finanzgericht im Ergebnis eine Zwangsläufigkeit der Ausgaben. Zwar geht das Gericht davon aus, dass grundsätzlich auch das Hausgrundstück zum existenznotwendigen Wohnbedarf gehört. Aufwendungen für die behindertengerechte Umgestaltung des Gartens können demnach als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen sein. Das gilt nach Ansicht des erkennenden Senats allerdings nur für solche Aufwendungen, die getätigt werden, um dem behinderten Stpfl. den Zugang zum Garten und damit die Nutzung des Gartens dem Grunde nach zu ermöglichen. Ist dagegen der Zugang zum Garten bereits gewährleistet, so sind Baumaßnahmen, die lediglich eine bestimmte Art der Gartennutzung ermöglichen sollen, nicht mehr als zwangsläufig anzusehen.
- Im Streitfall befand sich auf der Rückseite des Hauses eine Terrasse, die vom Haus aus mit einem Rollstuhl zu erreichen war. Die Stpfl. konnte den Garten demnach bereits vor Durchführung der streitbefangenen Baumaßnahme nutzen. Die Verbreiterung des Weges auf der Hausvorderseite erfolgte ausschließlich zu dem Zweck, der Stpfl. den Anbau von Pflanzen auf Hochbeeten und damit eine Freizeitaktivität zu ermöglichen. Der existenznotwendige Wohnbedarf war hier nicht betroffen.
Handlungsempfehlung:
Dies verdeutlicht, dass auch Aufwendungen zur behindertengerechten Gestaltung des Gartens steuerlich absetzbar sind. Allerdings ist für den Einzelfall nachzuweisen, dass die Aufwendungen notwendig sind, um den Garten nutzen zu können. Insoweit ist eine sorgfältige Dokumentation angezeigt.