Streitig war die steuerliche Behandlung von Abfindungszahlungen an weichende Mieter zum Zwecke der Durchführung von Renovierungsmaßnahmen. Mit Vertrag vom 30.3.2016 erwarb die Stpfl. eine vier Wohneinheiten umfassende vermietete Immobilie zum Kaufpreis von 1 200 000 €. Von 2016 bis 2018 renovierte sie das unter Denkmalschutz stehende Objekt für rund 615 000 €. Um die Mieter zur Beendigung der Mietverträge und Räumung ihrer Wohnungen zu bewegen und die Renovierungsarbeiten durchführen zu können, zahlte die Stpfl. im Jahr 2017 Abfindungen i.H.v. insgesamt 35 000 €. Ohne die Räumung wäre die Renovierung zwar technisch möglich, aber umständlicher gewesen.
Die Stpfl. machte die Mieterabfindungen als sofort abziehbare Werbungskosten geltend. Hingegen ging das Finanzamt davon aus, dass die im sachlichen Zusammenhang mit den Baumaßnahmen stehenden Aufwendungen als Herstellungskosten zu qualifizieren seien. Dies vor dem Hintergrund, dass die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen im Anschluss an den Erwerb des Hauses steuerlich nicht als sofort abzugsfähige Werbungskosten einzustufen sind, sondern als sog. anschaffungsnahe Herstellungskosten, die nur über die Abschreibung steuerlich geltend gemacht werden können. Insoweit ist steuerlich ausdrücklich geregelt, dass zu den (fiktiven) Herstellungskosten eines Gebäudes Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gehören, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Diese Aufwendungen erhöhen die AfA-Bemessungsgrundlage und sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar.
Der BFH bestätigt dagegen nun mit Urteil vom 20.9.2022 (Az. IX R 29/21), dass die Mieterabfindungen sofort abzugsfähig sind. Der Anwendungsbereich der anschaffungsnahen Herstellungskosten ist auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt. Dazu gehören insbesondere Aufwendungen, die – ohne die gesetzliche Regelung für anschaffungsnahe Herstellungskosten – vom Grundsatz her als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären. Aufwendungen, die durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen lediglich (mit-)veranlasst sind, unterfallen dagegen nicht dieser Sonderregelung.
Mieterabfindungen stellen keine Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen i.S.d. anschaffungsnahen Herstellungskosten dar. Sie gehören nicht zu den baulichen Maßnahmen.
Hinweis:
Dieses Urteil verdeutlicht, dass die Abgrenzung der anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S.d. EStG einer eigenständigen und eher engen Abgrenzung unterliegt.