Das Niedersächsische Finanzgericht hatte sich im Urteil vom 14.12.2022 (Az. 9 K 17/21) mit der Frage zu befassen, inwieweit Aufwendungen für die Durchführung von Funktionstraining (ärztlich verordnete Wassergymnastik) in einem Fitnessstudio als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.
Im zugrundeliegenden Sachverhalt wurde einer behinderten Stpfl., deren Grad der Behinderung auf 30 festgestellt wurde (GdB 30), zur Behandlung der zunehmend schmerzhaften Bewegungseinschränkungen zur funktionalen Verbesserung und zur Schmerzreduktion ein Funktionstraining in Form von Wassergymnastik ärztlich verordnet. Die zuständige Krankenkasse übernahm die Kosten für ein wöchentliches Funktionstraining. Nachdem die Stpfl. zunächst die Wassergymnastikkurse in einem Verein durchgeführt hatte, entschied sie sich schließlich, die Kurse in einem näher zu ihrem Wohnort gelegenen Fitnessstudio zu absolvieren. Das Funktionstraining wurde dort von qualifizierten Übungsleitern mit einer gültigen Übungsleiterlizenz für den Rehabilitationssport durchgeführt. Voraussetzung dafür war jedoch, dass sich die Stpfl. als Mitglied im Fitnessstudio anmelden und den (reduzierten) Beitrag für das auf die Teilnahme an den verordneten Kursen zugeschnittene Modul („Wellness und Spa“) bezahlen musste. Neben der Teilnahme an dem verordneten Funktionstraining beinhaltete der Beitrag auch noch die Saunabenutzung und weitere Aqua-Fitnesskurse. Das Fitnessstudio stellte der Stpfl. auch noch den wöchentlichen Beitrag für den Reha-Verein, der das Funktionstraining durchführte, in Rechnung. Die Kurskosten rechnete das Fitnessstudio direkt mit der Krankenkasse der Stpfl. ab.
Die Stpfl. machte in ihrer Einkommensteuererklärung die Gesamtkosten, also Fitnessstudiobeitrag, Reha-Vereinsbeitrag und Fahrtkosten als Teil ihrer Heilbehandlungskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab.
Das FG gab der Stpfl. nun teilweise Recht: – Die Fitnessstudio-Mitgliedsbeiträge für ein für die Teilnahme an dem verordneten Funktionstraining zugeschnittenes Grundmodul (im Streitfall: „Wellness und Spa“) stellen
jedenfalls dann keine außergewöhnlichen Belastungen dar, wenn mit dem Mitgliedsbeitrag auch weitere Leistungen abgegolten werden (im Streitfall: Saunanutzung; Aqua-Fitnesskurse), die ihrer Art nach nicht nur von kranken, sondern auch gesunden Menschen in Anspruch genommen werden, um die Gesundheit zu erhalten, das Wohlbefinden zu steigern oder die Freizeit sinnvoll zu gestalten, und eine Aufteilung nach objektiven Kriterien nicht möglich ist. Gegen die Zwangsläufigkeit spricht danach insbesondere, wenn dem Stpfl. die Möglichkeit eröffnet ist, die ärztlich verordneten Kurse auch außerhalb eines Fitnessstudios durchführen zu können. Allein die räumliche Nähe des Fitnessstudios zum Wohnort, die Einsparung von Park- und Fahrtkosten sowie die größere zeitliche Flexibilität hinsichtlich der Durchführung und Nachholung der Kurse könnten die Zwangsläufigkeit der Mitgliedsbeiträge für das Fitnessstudio nicht begründen.
– Als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind dagegen die zwangsläufig angefallenen Beiträge für einen Reha-Verein, der die ärztlich verordneten Kurse in einem Fitnessstudio durchgeführt hat, und hiermit im Zusammenhang stehende Fahrtkosten.
Hinweis:
Die Abzugsmöglichkeiten von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen sind eng auszulegen.