Schuldzinsen für betrieblich veranlasste Kredite mindern im Grundsatz als Betriebsausgaben den steuerlichen Gewinn. Der Schuldzinsenabzug ist steuerlich aber eingeschränkt, wenn Überentnahmen bestehen. Hiermit sollen Gestaltungen verhindert werden, bei denen einerseits die Liquidität aus betrieblichen Einnahmen mittels Entnahme zur Finanzierung privater Investitionen verwendet wird und andererseits Betriebsausgaben über einen Kredit finanziert werden und im Ergebnis damit die Fremdfinanzierung der privaten Investitionen in den steuerlich relevanten Bereich verlagert und die entsprechenden Zinsen steuerwirksam würden.
Die gesetzliche Regelung zur Verhinderung solcher Gestaltungen erfordert eine zweistufige Prüfung:
– Zunächst ist im ersten Schritt zu klären, ob der betreffende Kredit eine betriebliche oder private Schuld ist. Insoweit ist die Verwendung des Kredits entscheidend.
– Sodann ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen abziehbar sind. Betriebliche Schuldzinsen sind dann nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt. Insoweit erfolgt also eine periodenübergreifende Betrachtung. So können Schuldzinsen in einem Wirtschaftsjahr auch dann nicht abziehbar sein, wenn in diesem Jahr selbst keine Überentnahme zu verzeichnen ist, denn die nicht abziehbaren Schuldzinsen können auch ausschließlich auf den Überentnahmen früherer Jahre beruhen.
– Die nicht abziehbaren Schuldzinsen sind zudem gedeckelt auf die tatsächlichen Schuldzinsen abzüglich eines unschädlichen Betrags von 2 050 € und abzüglich der Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens.
Der BFH hat nun mit Urteil vom 17.5.2022 (Az. VIII R 38/18) entschieden, dass auch bei der Gewinnermittlung mittels Einnahmenüberschussrechnung periodenübergreifend zu ermitteln ist, ob im betrachteten Gewinnermittlungszeitraum Überentnahmen vorliegen. Überentnahmen sind bei Einnahmenüberschussrechnern allerdings anders als bei bilanzierenden Stpfl. nicht auf die Höhe eines niedrigeren negativen Kapitalkontos zu begrenzen, das zum Ende des jeweiligen Gewinnermittlungszeitraums nach bilanziellen Grundsätzen vereinfacht durch Gegenüberstellung der Aktiv- und Passivposten fiktiv ermittelt wird.
Handlungsempfehlung:
Dies verdeutlicht, dass auch bei Gewinnermittlung mittels Einnahmenüberschussrechnung – also insbesondere bei Freiberuflern und kleineren Gewerbetreibenden – die gesetzliche Begrenzung des Abzugs betrieblicher Schuldzinsen zu beachten ist. Auch bei diesen müssen Entnahmen und Einlagen ermittelt werden und die Berechnung etwaiger Überentnahmen periodenübergreifend fortgeschrieben werden. Bei der Größe „Gewinn“ ist bei solchen Einnahmenüberschussrechnern auf den steuerlichen Gewinn abzustellen. Relevant ist dies allerdings nur dann, wenn tatsächlich auch betriebliche Schuldzinsen anfallen.