Mit seinem nicht zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 4.2.2020 (Aktenzeichen IX R 7/18, DStZ 2020, 590) hat sich der BFH mit der Ermittlung der Höhe des Veräußerungsgewinns befasst und gegen die Auffassung der Vorinstanz entschieden, dass bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns i.S.d. § 17 EStG die Ausübung einer im Zusammenhang mit einer Veräußerung von GmbH-Anteilen gewährten Option auf den Erwerb von Aktien nicht zu berücksichtigen ist. Dazu hat der BFH folgende Leitsätze formuliert:
- Verändert sich der Wert der Gegenleistung nach vollständiger Erfüllung der Gegenleistungspflicht, so beeinflusst dies die Höhe des Veräußerungspreises grundsätzlich nicht mehr. Anders ist dies nur, wenn der Rechtsgrund für die spätere Änderung im ursprünglichen Rechtsgeschäft bereits angelegt war.
- Der Rechtsgrund für eine solche spätere Änderung ist u.a. dann im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt, wenn diese auf einem dem Veräußerungsvorgang selbst anhaftenden Mangel beruht.
- Eine nachträgliche Leistung, die Gegenstand eines selbständigen Rechtsgeschäfts ist, das nicht in sachlichem Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung steht, wirkt daher nicht auf den Veräußerungszeitpunkt zurück.
- Wenn also die Gegenleistungspflicht mit Einräumung eines Aktienoptionsrechts bereits vollständig erfüllt ist, ist die spätere Ausübung des Optionsrechts regelmäßig nicht mehr im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt und wirkt dann auch nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung des Veräußerungsgewinns zurück.
Im konkreten Streitfall hatten Eheleute Anteile an zwei GmbH veräußert und mit der Erwerberin im Zuge eines nachfolgenden Geschäftsführervertrags vereinbart, dass dem Ehemann in seiner Funktion als Geschäftsführer ein Aktienoptionsrecht eingeräumt wird. Dieses Optionsrecht wurde in der Folge vom Ehemann auch ausgeübt. Zu entscheiden war, ob der geldwerte Vorteil aus dem Bezug der Aktien den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zuzurechnen ist oder – wie der Ehemann vorgetragen hat – ein zusätzliches Entgelt für die Anteilsveräußerung darstellt, welches aber nicht den vereinbarten Veräußerungspreis nachträglich erhöht hat und somit auch nicht rückwirkend beim Veräußerungsgewinn zu erfassen ist.
Der BFH hat der Klage stattgegeben und die Wertsteigerung der Aktien zwischen Einräumung und Ausübung des Aktienoptionsrechts bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG unberücksichtigt gelassen – diese Wertsteigerung der Aktien soll den im Streitjahr 1997 zwischen dem Kläger und der Erwerberin vereinbarten Veräußerungspreis nicht erhöht haben. Die Erwerberin der Beteiligungen habe ihre Gegenleistungspflicht mit der Einräumung des Optionsrechts vertragsgemäß erfüllt. Damit gingen die Chance und das Risiko, dass die Option nachträglich im Wert steigen oder fallen könnte, auf den Kläger über, ohne die bereits erfüllte Gegenleistungspflicht zu modifizieren.
Hinweis:
Der BFH hat mit dieser Entscheidung – die über Aktienoptionsrechte deutlich hinausweist – die bekannte Formel der Rechtsprechung, wonach die spätere Änderung einer bereits bewirkten Gegenleistung im ursprünglichen Rechtsgeschäft bereits angelegt gewesen sein muss, wie folgt präzisiert: Steuerlich berücksichtigt wird gerade nicht jede nachträgliche Wertveränderung am Gegenstand der Gegenleistung, wie sie insbesondere bei Sachleistungsverpflichtungen niemals ganz ausgeschlossen werden kann.
Nachträgliche Wertveränderungen sind daher weder Teil der geschuldeten Gegenleistung noch modifizieren sie die bereits erfüllte Gegenleistungspflicht – außer der Veräußerungsvorgang ist selbst mit einem Mangel behaftet, der zur Minderung, Erhöhung oder erstmaligen Fixierung der Gegenleistung führt.