Der Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ ist von zentraler Bedeutung für den Ansatz von Werbungskosten bei Arbeitnehmern. Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte können nur eingeschränkt im Rahmen der Entfernungspauschale geltend gemacht werden. Tatsächlich entstandene Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen können nur dann geltend gemacht werden, wenn der Arbeitnehmer mehr als acht Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.
Mit Urteilen vom 10.4.2019 (Aktenzeichen VI R 6/17) sowie vom 11.4.2019 (Aktenzeichen VI R 36/16, VI R 40/16) hat der Bundesfinanzhof erstmals zum seit 2014 geltenden Begriff der ersten Tätigkeitsstätte Stellung genommen. Das Gericht weicht dabei geringfügig von der Auslegung durch die Finanzverwaltung ab. Eine erste Tätigkeitsstätte liegt nach diesen Urteilen bereits dann vor, wenn der Arbeitnehmer ihr durch Arbeitsvertrag oder durch vergleichbare Weisung zugeordnet ist und wenn er dort auch zumindest in geringem Umfang tätig ist – insoweit legt der Bundesfinanzhof das Gesetz einschränkender aus als die Finanzverwaltung.
Beispiel:
Ein Monteur kommt jeden Morgen an den Betriebssitz des Unternehmens, nimmt Arbeitsaufträge in Empfang und belädt dort das Montagefahrzeug mit benötigten Werkzeugen und Ersatzteilen. Dies stellt eine ausreichende Tätigkeit dar, um am Betriebssitz verbunden mit einer Zuordnung durch den Arbeitgeber eine erste Tätigkeitsstätte annehmen zu können. Fahrtkosten von und zum Betriebssitz sind nach den Regeln der Entfernungspauschale anzusetzen. Der Ansatz von Reisekosten kommt nur bei einer mehr als achtstündigen Abwesenheit vom Betriebssitz in Frage.
Handlungsempfehlung:
Die Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers muss als solche für ihre steuerliche Wirksamkeit nicht dokumentiert werden, wie der Bundesfinanzhof klarstellt. In der Praxis ist dies aber grds. anzuraten. Vorgenommene Zuordnungen sollten auf Basis der nun vorliegenden Rechtsprechung überprüft werden.