Vielfach bestehen in der Praxis Kundenbindungsprogramme, mit denen bei Einkäufen „Bonuspunkte“ gesammelt werden können, welche bei nachfolgenden Einkäufen als Zahlungsmittel eingesetzt werden können. Insoweit stellt sich die Frage, ob für bereits ausgegebene und noch nicht eingelöste Bonuspunkte der Unternehmer eine steuermindernde Rückstellung bilden muss. Der BFH hat dies nun in der Entscheidung v. 29.9.2022 (Az. IV R 20/19) bejaht, wenn wahrscheinlich ist, dass die Verbindlichkeit entsteht und dass das Unternehmen in Anspruch genommen werden wird.
Insoweit grenzt das Gericht ab von dem „Friseurgutschein-Fall“ (Urteil v. 19.9.2012, Az. IV R 45/09). In diesem Fall hing die Belastung des ausgebenden Unternehmens davon ab, ob die Inhaber der Gutscheine innerhalb des Geltungszeitraums eine Dienstleistung zu dem durch den Gutschein ermäßigten Entgelt in Anspruch nehmen. Eine isolierte Einlösung der Gutscheine war nicht möglich, weder durch Barauszahlung noch durch Eintausch gegen eine Sachleistung. Die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten schied damit aus, weil die Verbindlichkeiten im Ausgabejahr weder rechtlich entstanden und nur der Höhe nach ungewiss noch wirtschaftlich verursacht waren. Sie beinhalteten einen Preisnachlass nicht für bereits bezogene, sondern für künftige Dienstleistungen.
Im Urteilsfall gab der Unternehmer Kundenkarten aus. Die Inhaber dieser Kundenkarten erhielten beim Einkauf Bonuspunkte auf den jeweiligen Wert ihres Einkaufs i.H.v. 3 % bzw. 5 %. Bei Rückgängigmachung des Kaufvertrags (Rückgabe, Umtausch, Reklamation) wurde die entsprechende Gutschrift vom Bonuspunkteguthaben abgezogen. Die auf dem Bonuspunktekonto gutgeschriebenen Punkte konnten ab einem Punktestand von 250 Punkten (entspricht 2,50 €) bei weiteren Einkäufen eingelöst werden.
In diesem Fall hatte der Unternehmer zum Bilanzstichtag eine Rückstellung steuermindernd zu passivieren, welche die Verpflichtung aus den zukünftigen Punktegutschriften abbildete. Entscheidend ist, dass es im Streitfall bei wirtschaftlicher Betrachtung zu einer Rabattierung des ersten Warenkaufs kommt, denn der Karteninhaber erhält für den seinerzeit gezahlten Kaufpreis nicht nur die Waren, sondern zusätzlich − in Abhängigkeit vom Kaufpreis jener Waren − Bonuspunkte/Gutscheine, die er bei einem weiteren Einkauf als Zahlungsmittel einsetzen kann. Damit ergibt sich für den Unternehmer bereits mit der Bonuspunktegewährung anlässlich des ersten Warenkaufs eine wirtschaftliche Belastung, denn er ist jedenfalls faktisch zum Abschluss eines weiteren Kaufvertrags mit dem Karteninhaber und rechtlich zur Einlösung der Bonuspunkte und Gutscheine verpflichtet.
Hinweis:
Entscheidend ist also die Ausgestaltung des Bonussystems. Der Bonus muss eine Rabattierung der bereits erfolgten Umsätze bedeuten, damit eine wirtschaftliche Verursachung in der Vergangenheit vorliegt.