a) Keine Umsatzbesteuerung von Sachspenden von Einzelhändlern an steuerbe- günstigte Organisationen vom 1.3.2020 bis zum 31.12.2021
Durch die Ausnahmesituation der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Maßnahme des Lockdowns ist der Einzelhandel in besonderer Weise betroffen. Dadurch hat sich vor allem Saisonware in großen Mengen in den Lagern der Einzelhändler angestaut, die teilweise nicht mehr absetzbar ist. Aus diesem Grund hat die FinVerw nun mit Schreiben vom 18.3.2021 (Az. III C 2 – S 7109/19/10002 :001, Dok 2021/0251343) im Billigkeitswege festgelegt, dass bei Waren, die von Einzelhändlern, die durch die Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen sind, an steuerbegünstigte Organisationen gespendet werden bzw. gespendet worden sind, auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe verzichtet wird. Die Sachspende wird also nicht mit Umsatzsteuer belastet. Diese Regelung gilt für Spenden, die zwischen dem 1.3.2020 und dem 31.12.2021 erfolgt sind bzw. erfolgen.
Handlungsempfehlung:
Soweit im Zeitraum seit dem 1.3.2020 Sachspenden erfolgt sind und diese als umsatzsteuerpflichtig verbucht und entsprechend in den Umsatzsteuervoranmeldungen behandelt wurden, kann nun eine Korrektur erfolgen. Grundsätzlich sollte angemessen dokumentiert werden, dass der Spender „durch die Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen“ ist. Dies ist insbes. bei behördlich angeordneten Betriebsschließungen der Fall.
b) Grundsätze zur umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage bei Sachspenden
Nicht selten kommt es bei Saisonwaren zu Überbeständen, die nicht mehr verkäuflich sind. Dies betrifft bspw. Saisonware in der Modeindustrie, aber auch Lebensmittel. Oftmals ist der Handel bereit, diese Waren zu spenden, allerdings löst dies eine Belastung mit Umsatzsteuer aus, was die Spende teilweise „teurer“ macht als ein Vernichten der Ware.
Auf diese Problematik hat die FinVerw mit Schreiben v. 18.3.2021 (Az. III C 2 – S 7109/19/10002 :001, Dok 2021/0251308) reagiert. Festgestellt wird zunächst, dass an der auf der EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) beruhenden Vorgabe, dass Sachspenden als sog. „unentgeltliche Wertabgaben“ der Umsatzsteuer unterliegen, sofern der (später gespendete) Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, auf nationaler Basis keine Änderung erfolgen kann. Die MwStSystRL sieht keine Möglichkeit vor, insoweit auf eine Umsatzbesteuerung zu verzichten. Im Grundsatz ist dies auch systematisch richtig, da die Umsatzbesteuerung der Kompensation des vorangegangenen Vorsteuerabzugs dient und damit verhindert, dass Waren unversteuert an Letztverbraucher gehen. Hiervon abweichend wird nur aktuell für bestimmte Fälle – wie vorstehend dargestellt – im Billigkeitswege von der FinVerw auf eine Besteuerung verzichtet.
Allerdings ist bei der Bemessung der der Umsatzsteuer zu unterwerfenden Sachspende der Zeitwert der Ware zu beachten. Dieser bestimmt sich insbes. nicht nach den ursprünglichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten für die Ware. Vielmehr ist zu berücksichtigen, ob die Ware zum Zeitpunkt der Spende auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt verkehrsfähig ist. Letzteres gilt in folgenden Fällen:
– Hiervon ist bei Lebensmitteln auszugehen, wenn diese kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) stehen oder die Verkaufsfähigkeit als Frischware, wie Backwaren, Obst und Gemüse, wegen Mängeln nicht mehr gegeben ist.
– Dies gilt auch für Non-Food-Artikel mit MHD wie z.B. Kosmetika, Drogerieartikel, pharmazeutische Artikel, Tierfutter oder Bauchemieprodukte wie Silikon oder Beschichtungen sowie Blumen und andere verderbliche Waren.
– Bei anderen Gegenständen ist die Verkehrsfähigkeit eingeschränkt, wenn diese auf Grund von erheblichen Material- oder Verpackungsfehlern (z.B. Befüllungsfehler, Falschetikettierung, beschädigte Retouren) oder fehlender Marktgängigkeit (z.B. Vorjahresware oder saisonale Ware wie Weihnachts- oder Osterartikel) nicht mehr oder nur noch schwer verkäuflich sind.
Werden solche Gegenstände im Rahmen einer Spende abgegeben, kann eine deutlich geminderte Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer zu Grunde gelegt werden:
– Die Minderung ist im Umfang der Einschränkung der Verkehrsfähigkeit vorzunehmen, so dass der Ansatz einer Bemessungsgrundlage von 0 € nur bei wertloser Ware (z.B. Lebensmittel und Non-Food-Artikel kurz vor Ablauf des MHD oder bei Frischwaren, bei denen die Verkaufsfähigkeit nicht mehr gegeben ist) in Betracht kommt.
– Eine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit liegt dagegen insbes. nicht vor, wenn Neuware ohne jegliche Beeinträchtigung aus wirtschaftlichen oder logistischen Gründen aus dem Warenverkehr ausgesondert wird. Auch wenn diese Neuware ansonsten vernichtet werden würde, weil z.B. Verpackungen beschädigt sind, bei Bekleidung deutliche Spuren einer Anprobe erkennbar sind oder Ware verschmutzt ist, ohne dass sie beschädigt ist, führt dies nicht dazu, dass die Neuware ihre Verkaufsfähigkeit vollständig verliert. In diesen Fällen ist der Wert zu schätzen.
Handlungsempfehlung: In diesen Fällen ist auf eine sorgfältige Dokumentation des Zustands der Waren und damit der Grundlage für die Wertermittlung zu achten.