Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Steuerfreie Beteiligungserträge nach § 8b KStG: Anwendung des § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG bei mehraktigem unterjährigem Erwerb (Blockerwerb)

13. Mai 2024


§ 8b KStG bestimmt, dass Gewinnausschüttungen aus Beteiligungen an in- und ausländischen Körperschaften im Regelfall unabhängig von der Haltedauer und der Tätigkeit der Beteiligungsgesellschaft bei der körperschaftsteuerlichen Einkommensermittlung außer Ansatz bleiben. So bleiben also z.B. Gewinnausschüttungen einer Tochter-Kapitalgesellschaft auf der Ebene der empfangenden Mutter-Kapitalgesellschaft außer Ansatz. Dadurch soll insbesondere bei Beteiligungsketten/in Konzernen ein Kaskadeneffekt vermieden werden, der auftreten würde, wenn auf jeder Ebene die empfangene Gewinnausschüttung der Körperschaftsteuer unterworfen, also das auf der unteren Ebene erwirtschaftete Ergebnis mehrfach besteuert werden würde.





Dies gilt allerdings nur dann, wenn kein sog. Streubesitz vorliegt, wenn also die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahrs mindestens 10 % des Grund- oder Stammkapitals betragen hat. Sofern die Beteiligungsquote zu Beginn des Kalenderjahres allerdings noch unter 10 % liegt oder noch gar keine Beteiligung an der Tochtergesellschaft besteht, gilt nach der Fiktion des § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG der unterjährige Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 % als zu Beginn des Kalenderjahres erfolgt und sichert damit die Steuerfreistellung. Vor diesem Hintergrund ist nun das Urteil des BFH vom 6.9.2023 (Az. I R 16/21) zu sehen, mit dem sich der BFH mit dem Erreichen der in § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG angeführte Beteiligungsschwelle von 10 % befasst und entschieden hat, dass diese Beteiligungsschwelle durch einen aus Sicht des Erwerbers wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang auch dann erreicht werden kann, wenn an diesem Vorgang mehrere Veräußerer beteiligt sind.





Im konkreten Fall war – sehr vereinfacht dargestellt – streitig, ob die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 bis 7 KStG auf Ebene der gesonderten und einheitlichen Feststellung einer Mitunternehmerschaft anwendbar ist, wenn die beteiligte Kapitalgesellschaft die beteiligungsvermittelnde Mitunternehmerstellung unterjährig in drei zeitgleichen Rechtsgeschäften von drei unterschiedlichen Veräußerern erworben worden ist. Geklagt hat eine KG, auf deren Mitunternehmerin E-GmbH Mehrabführungen aus vororganschaftlicher Zeit aus ihrer Beteiligung an der A-GmbH entfielen; die KG sah diese als nach § 8b KStG steuerbefreite Ausschüttungen an. Das FA lehnte diese Würdigung mit der Begründung ab, die E-GmbH habe ihre gesellschaftsrechtliche Beteiligung von 12,94 % des Kapitals unterjährig von drei verschiedenen Veräußerern erworben, wobei die jeweils erworbenen Teilanteile die Beteiligungsschwelle von 10 % für sich genommen jeweils nicht erreicht hätten. Das FG hat der dagegen gerichteten Klage stattgegeben.





Der BFH bestätigt die Sichtweise des FG. Entscheidend für die Auffassung des BFH ist, dass





–  § 8b Abs. 4 KStG zunächst als verfassungskonform anzusehen ist,





–  zur Auslegung des in § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG verwendeten Tatbestandsmerkmals des unterjährigen „Erwerb(s) einer Beteiligung von mindestens 10 %“ bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Erwerb von jeweils unterhalb der genannten Beteiligungsschwelle liegenden Anteilspaketen von mehreren Verkäufern, wenn aber in der Summe der Erwerbe die genannte Beteiligungsschwelle überschritten wird, von der (begünstigenden) Norm erfasst wird, und





–  diese Frage aus Sicht des Erwerbers zu beurteilen und darauf abzustellen ist, ob ein wirtschaftlich einheitlicher Erwerbsvorgang vorliegt oder nicht.





Für dieses Ergebnis sprechen nach Feststellung des BFH sowohl die Entstehungsgeschichte als auch der Normzweck.





Hinweis:





Nach diesem Urteil kann es also aus der maßgeblichen Sicht des Erwerbers keinen Unterschied machen, ob der Erwerb von einem Veräußerer oder in einem wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang von mehreren Veräußerern erfolgt, weil entscheidend sein muss, dass durch den Erwerb der Beteiligung von mindestens 10 % ein unternehmerischer Einfluss auf die Entscheidungen bei der Kapitalgesellschaft ausgeübt werden kann oder nicht. Das hängt aber nicht von der Anzahl der Veräußerer, sondern allein von der Höhe der erworbenen Beteiligung ab. In einschlägigen Praxisfällen sollte mit dem Ziel der Nutzung der Steuerbefreiung möglichst nachgewiesen (bzw. glaubhaft gemacht) werden können, dass die maßgebliche Beteiligung auf Grund eines einheitlichen Erwerbsentschlusses in kausalem und zeitlichem Zusammenhang erworben worden ist (im Streitfall Erwerb von mehreren Veräußerern mittels einer einheitlichen notariellen Urkunde).


Zur Übersicht