Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Steuerliche Anerkennung einer inkongruenten Gewinnausschüttung

26. November 2021


Mit seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 30.6.2021 (Az. 13 K 272/19 G,F) hat das FG Münster festgestellt, dass inkongruente Gewinnausschüttungen im Regelfall keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstellen.





Im konkreten Streitfall ging es um die steuerliche Zurechnung der Gewinnausschüttung der N-GmbH. An dieser waren verschiedene Gesellschafter beteiligt, u.a. die G-GmbH mit 2,33 %. Beide Gesellschaften waren in eine Unternehmensgruppe eingebunden. In einer Gesellschafterversammlung der N-GmbH vom 27.12.2013 fasste diese u.a. die folgenden Beschlüsse:





„Aus dem Bilanzgewinn der N-GmbH soll ein Betrag i.H.v. Euro [X] an die G-GmbH ausgeschüttet werden. Als Tag der Auszahlung wird der 24.12.2014 bestimmt.





  • Dieser Beschluss ist aufschiebend bedingt auf die Eintragung der Änderung des § 16 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der N-GmbH dahingehend, dass in der Satzung geregelt wird, dass die Gesellschafter alljährlich auch über die Verteilung des Gewinns abweichend von der gesetzlichen Regelung aus § 29 Abs. 3 Satz 1 GmbH-Gesetz beschließen können, im Handelsregister.
  • „Aus dem Bilanzgewinn der N-GmbH soll ein Betrag i.H.v. Euro [X] an die G-GmbH ausgeschüttet werden. Als Tag der Auszahlung wird der 24.12.2014 bestimmt.
  • Zum Ausgleich des Nachteils i.H.v. [X] € aus dieser Ausschüttung an die G-GmbH erhalten die restlichen Gesellschafter bei Liquidation der Gesellschaft vorab einen bestimmten Betrag ./. Quote – beschränkt auf den Liquidationserlös.
  • Die G-GmbH wird ihren Anspruch gegenüber der N-GmbH aus diesem Gesellschafterbeschluss an die G-GmbH & Co Kommanditgesellschaft abtreten. Entsprechend der Vorgehensweise der Vergangenheit sollen zum Ausschüttungsstichtag 24.12.2014 die Verbindlichkeiten der N-GmbH aus den vorgenannten Ausschüttungen mit bestehenden Ausleihungen der N-GmbH gegenüber der G-GmbH & Co Kommanditgesellschaft aufgerechnet werden.“




Das FA sah in dieser inkongruenten Gewinnausschüttung einen Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO und wollte die Gewinnausschüttung den Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligungsquote steuerlich zurechnen. Diese Ansicht verwarf das FG mit folgenden Überlegungen:





  • Der Ausschüttungsbeschluss enthalte dezidierte Regelungen zum Ausgleich der inkongruenten Ausschüttung gegenüber den „restlichen Gesellschaftern“, welche keine Ausschüttung erhalten haben. Die Rechtsfolge der Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs, der dann ja eine fiktive kongruente Ausschüttung herstellen würde, würde zu einer Überkompensation der inkongruenten Gewinnausschüttung führen, wenn im Nachgang einer fiktiv kongruenten Ausschüttung noch Ausgleichsansprüche der „restlichen Gesellschafter“ bestünden; insoweit ergäbe sich ein „überschießendes“ Ergebnis. Vor diesem Hintergrund habe der BFH bereits ausgeführt, dass § 42 AO lediglich zulasse, einen missbräuchlichen Vorgang zu neutralisieren, nicht aber, Ersatzsachverhalte zu fingieren (BFH v. 19.8.1999, I R 77/96, BStBl II 2001, 43, Rz. 36).
  • Im Übrigen liegt im Streitfall ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO auch deshalb nicht vor, weil kein Rechtssatz existiere, wonach inkongruente Gewinnausschüttungen grds. einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstellten.
  • Auch in der Rechtsprechung der Finanzgerichte bestünden keine Bedenken, eine zivilrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommene inkongruente Gewinnausschüttung gleichfalls steuerlich als zulässig anzuerkennen, selbst für den Fall einer anschließenden inkongruenten Wiedereinlage. Das gelte jedenfalls uneingeschränkt dann, wenn im Gesellschaftsvertrag gem. § 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG ein anderer Maßstab der Verteilung als das Verhältnis der Geschäftsanteile im Gesellschaftsvertrag festgesetzt sei oder eine Öffnungsklausel bestehe.
  • Für den Streitfall konnte das FG daher in der an die G-GmbH bewirkten disquotalen Gewinnausschüttung der N-GmbH keinen Gestaltungsmissbrauch erkennen, da die N-GmbH mit Gesellschafterbeschluss vom 17.3.2014 eine Öffnungsklausel in § 16 ihres Gesellschaftsvertrags eingefügt und Abweichungen von § 29 Abs. 3 Satz 1 GmbHG explizit zugelassen hatte. Zudem hätten ausreichende wirtschaftliche und somit außersteuerliche Gründe für die gewählte inkongruente Gewinnausschüttung bestanden (nämlich ein besonderer Kapitalbedarf bei der G-GmbH).




Hinweis:





Diesem erfreulich klar zu Gunsten der Stpfl. getroffenen Urteil kommt eine besondere Bedeutung zu, da solche inkongruenten Gewinnausschüttungen in der Praxis nicht gerade selten vorkommen.






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