Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Stipendiatszahlungen zur Unterhaltssicherung während eines Medizinstudiums als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit

11. April 2022


Die steuerliche Behandlung von Stipendiatszahlungen insbesondere zur Unterstützung von Studierenden oder auch jungen Wissenschaftlern hängt maßgeblich von der jeweiligen Vereinbarung ab. Die Stipendiatszahlungen können steuerlich ganz unbeachtlich, aber ggf. auch steuerlich relevant sein, dann aber ggf. auch wiederum steuerfrei gestellt sein. Aktuell hatte das FG München über einen solchen Fall zu entscheiden. Im Urteilsfall kommt das Gericht (Urteil v. 3.12.2021, Az. 13 K 1971/20) zu dem Ergebnis, dass Zahlungen, die eine Klinik auf Grund eines Stipendiums zur Sicherung des Unterhalts eines Studenten während dessen Medizinstudium leistet, sich als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit qualifizieren können. Damit entscheidet das Gericht entgegen der Verfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M. v. 23.7.2018.





Im Urteilsfall verfügte der Stpfl. über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Krankenpfleger und studierte seit dem 2.9.2016 an einer Universität in Ungarn allgemeine Humanmedizin. Wegen der Gewährung eines Stipendiums hatte der Stpfl. mit dem Klinikum X am 3.8.2017 einen Vertrag über Studienbeihilfe im Rahmen eines Förderprogramms „Klinikstudent“ geschlossen. Dem Stpfl. wurde eine monatliche feste Studienbeihilfe längstens bis zum 12. Semester zugesagt. Im Gegenzug verpflichtete sich der Stpfl. für die Dauer von mind. drei Jahren nach Abschluss des Medizinstudiums eine Weiterbildungsstelle beim Klinikum X anzutreten. Im Gegenzug verpflichtete sich das Klinikum neben weiteren Absprachen (s.u.), dem Stpfl. eine Assistenzstelle auf Grundlage des gültigen Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte anzubieten.





In beiden Streitjahren erhielt der Stpfl. neben den Zahlungen auf Grund des Stipendiums auch Einkünfte wegen eines geringfügigen Arbeitsverhältnisses am Klinikum X. Für die Streitjahre erklärte der Stpfl. Werbungskosten im Zusammenhang mit dem Medizinstudium im Ausland und vertrat unter Hinweis auf die Rundverfügung der Oberfinanzdirektion Frankfurt a.M. vom 23.7.2018 die Auffassung, die Zahlungen auf Grund des Stipendiums seien nicht steuerbar. Das Finanzamt qualifizierte die Stipendiatszahlungen als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.





Das Finanzgericht bestätigt die Steuerbarkeit der Stipendiatszahlungen. Im Streitfall hält das Gericht insbesondere für entscheidend, dass nach Gestaltung des Vertrags über die Studienbeihilfe bereits während des Studiums eine Eingliederung des Stpfl. in den Betrieb des Förderers angelegt war, auch wenn die Eingliederung nicht im Sinne einer verbindlichen Einklagbarkeit durch den Förderer ausgestaltet war. So begleitete ein ärztlicher Mentor den Stpfl. während des Studiums und es wurde erwartet, dass die abzuleistenden Praktika beim Förderer erfolgten. Ebenso wurde mit dem Fördervertrag auch ein konkreter Veranlassungszusammenhang des Stipendiums mit einer Entlohnung der künftig vorgesehenen Beschäftigung als Arzt auf einer Weiterbildungsstelle begründet. Der Vertrag ist – anders als das sog. „Thüringen Stipendium“ – nicht lediglich darauf ausgerichtet, auf die Willensbildung des Stpfl. einzuwirken, damit dieser nach Abschluss seiner Ausbildung eine Beschäftigung beim Förderer auf einer Weiterbildungsstelle eingehen werde. Vielmehr wurde der Behalt der Stipendiatszahlungen auflösend bedingt an eine tatsächliche dreijährige Arbeitsleistung auf einer Weiterbildungsstelle beim Förderer geknüpft. Die Stipendiatszahlungen erwiesen sich als teilweise Vorleistungen auf eine künftige Arbeitnehmertätigkeit beim Förderer, die im Rahmen der Assistenzarztstelle zu erdienen waren.





Hinweis: Letztlich bleibt eine allgemeine Beantwortung der Frage der Steuerbarkeit von Stipendiatszahlungen offen. Stets ist der jeweilige Einzelfall sorgfältig zu würdigen. Deutlich muss aber gesehen werden, dass nicht stets von einer Nichtsteuerbarkeit ausgegangen werden kann.


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