Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Überraschungsentscheidung im Rahmen der Feststellung einer vGA (Verrechnungskonto)

6. Juni 2024


Mit Beschluss vom 28.2.2024 (Az. VIII B 44/22) – zur Beschwerde einer Stpfl. wegen der Nichtzulassung der Revision – hat der BFH zur Annahme einer vGA bei Buchungen auf Verrechnungskonten entschieden, dass eine Überraschungsentscheidung dann vorliegen kann, wenn das FG die Annahme einer vGA nicht auf die im bisherigen Gerichtsverfahren allein erörterte Frage stützt, ob die Umbuchung von Verrechnungssalden auf ein Darlehenskonto die Annahme eines Rückzahlungsverzichts der Gesellschaft rechtfertigt, sondern ohne vorherigen Hinweis darauf abstellt, dass die Absicht zur Rückzahlung der empfangenen Beträge beim Empfänger von Anfang an gefehlt habe, so dass eine vGA auch in den einzelnen Auszahlungsvorgängen zu sehen sei.





Im konkreten Streitfall zahlte die D-GmbH an den Ehemann der Stpfl. laufend Geldbeträge aus. Dem lag eine sog. „Kontokorrentvereinbarung“ zwischen dem Ehemann der Stpfl. und der D-GmbH zu Grunde. Die Auszahlungen wurden unterjährig in der Buchführung der D-GmbH auf zwei Verrechnungskonten erfasst. Zinsen wurden nicht gezahlt, sondern vereinbarungsgemäß dem Darlehenssaldo zugeschlagen. Rückführungen in nennenswerter Höhe leistete der Ehemann der Stpfl. nicht. Der Saldo der Verrechnungskonten summierte sich am 31.12.2012 auf rund 1,2 Mio. €. Zum 31.12.2012 schloss die D-GmbH die Verrechnungskonten und buchte den Darlehenssaldo auf ein Darlehenskonto um.





Vor diesem Hintergrund nahm das FA eine vGA zu Gunsten der Stpfl. an: Die D-GmbH habe mit der Umbuchung der Verrechnungssalden auf ein Darlehenskonto zum 31.12.2012 gegenüber dem Ehemann der Stpfl. auf die Rückzahlung der an ihn ausgezahlten Beträge verzichtet.





Die Stpfl. hat nun mit ihrer Beschwerde vor dem BFH nicht etwa diese Annahmen inhaltlich angegriffen, sondern macht u.a. geltend, das FG habe eine Überraschungsentscheidung getroffen. Sie habe nicht damit rechnen müssen, dass das FG im angefochtenen Urteil die Annahme einer vGA der D-GmbH an die Stpfl. auf die unterjährigen Auszahlungen an ihren Ehemann stützen würde.





Der BFH hat auf dieser Grundlage die Vorentscheidung des FG aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen: Es liege eine Überraschungsentscheidung vor, hierdurch sei der Anspruch der Stpfl. auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt worden. Die Stpfl. habe nicht damit rechnen müssen, dass das FG im angefochtenen Urteil die vGA erstmals auf die einzelnen Auszahlungsvorgänge und nicht auf die Umbuchung der Verrechnungssalden per 31.12.2012 auf ein Darlehenskonto stützen würde. Daher habe sich die Stpfl. nicht zu der rechtlichen Annahme äußern können, die Absicht zur Rückzahlung der empfangenen Beträge bei ihrem Ehemann hätte von Anfang an gefehlt.





Hinweis:





Die weitere Rechtsentwicklung ist aufmerksam zu verfolgen. Auf der Grundlage der vom BFH veröffentlichten Sachverhaltsumstände ist eine abschließende inhaltliche Würdigung nicht möglich.





Hervorzuheben ist jedenfalls, dass nach herrschender Rechtsprechung die Voraussetzungen einer vGA schon dann gegeben sein können, wenn das Verrechnungskonto eines Gesellschafters (oder einer nahestehenden Person) bei der GmbH, das einen Saldo zu Gunsten der Kapitalgesellschaft aufweist, nicht angemessen verzinst wird. In diesem Fall erstreckt sich die vGA der Höhe nach auf die fehlende Verzinsung. Eine vGA ist nach der Rechtsprechung auch dann anzunehmen, wenn eine GmbH von Anfang an auf die Rückzahlung der als Darlehen bezeichneten und ihrem Gesellschafter gewährten Beträge verzichtet.


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