Für Hauseigentümer

Übertragung von Immobilienvermögen gegen wiederkehrende Versorgungsleistungen

22. April 2022


Der BFH hatte über einen vielfach anzutreffenden Fall zu entscheiden, der sich im Kern wie folgt darstellte: Ein vermietetes Mehrfamilienhaus wurde „unentgeltlich“ im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vom Vater auf die Tochter übertragen. Diese verpflichtete sich zur Leistung einer lebenslangen monatlichen Zahlung an den Vater. Strittig war nun, ob diese Zahlungen der Tochter als Werbungskosten abzugsfähig sind.





Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass ausdrücklich geregelt ist, dass die Versorgungsleistungen aber als Sonderausgaben abzugsfähig sind und beim Empfänger diese nur mit einem bestimmten Anteil (Ertragsanteil) zu versteuern sind, wenn die Übertragung betrieblicher Einheiten – so insbesondere Betriebe oder Teilbetriebe, Anteile an Personengesellschaften und Anteile an einer GmbH unter bestimmten Bedingungen – gegen Versorgungsleistungen steuerlich als unentgeltlicher Vorgang fingiert wird. Der BFH stellt nun aber mit seiner Grundsatzentscheidung vom 29.9.2021 (Az. IX R 11/19) klar:





–  Die Übertragung von Vermögen gegen Versorgungsleistungen wird nur im Anwendungsbereich der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, also bei der Übertragung bestimmter betrieblicher Einheiten, als unentgeltlich eingestuft. Wird nach dieser Vorschrift nicht begünstigtes Vermögen übertragen, liegt ertragsteuerrechtlich eine entgeltliche oder teilentgeltliche Übertragung vor. –          Bei Übertragung eines Vermietungsobjekts des Privatvermögens gegen Leibrente führen die wiederkehrenden Leistungen des Übernehmers an den Übergeber in Höhe ihres Barwerts zu





Anschaffungskosten, die mit den Abschreibungen berücksichtigt werden, und in Höhe ihres Zinsanteils zu sofort abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.





Die vorstehende Übertragung des vermieteten Mehrfamilienhauses „unentgeltlich im Wege der Schenkung“, aber unter Zusage einer lebenslangen monatlich zu zahlenden Leistung, war zivilrechtlich als Schenkung (unter Auflage) zu qualifizieren. Bei den von der Stpfl. erbrachten „Gegenleistungen“ handelt es sich zivilrechtlich um Schenkungsauflagen. Einkommensteuerlich handelt es sich aber um ein teilentgeltliches Geschäft, ungeachtet des Umstands, dass im Einzelfall widerlegbar vermutet wird, dass eine im Angehörigenverhältnis vereinbarte Gegenleistung unabhängig vom Wert der übertragenen Vermögenswerte nach dem Versorgungsbedürfnis der Eltern und/oder nach der Ertragskraft des übertragenen Vermögens bemessen worden ist und mithin einen familiären, unentgeltlichen Charakter hat.





Steuerlich hat dies nun folgende Konsequenzen: Ist, wie im Streitfall, der Anwendungsbereich des Sonderrechts für die Übertragung betrieblicher Einheiten gegen lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen nicht eröffnet, ist steuerrechtlich von einer teilentgeltlichen Vermögensübertragung gegen wiederkehrende Leistungen auszugehen. Nutzt der Übernehmer übertragenes Vermögen zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, führen von ihm geschuldete und an den Übergeber entrichtete wiederkehrende Leistungen in Höhe ihres Barwerts zu Anschaffungskosten und mithin über Abschreibungen zu ratierlichen Werbungskosten; der enthaltene Zinsanteil der wiederkehrenden Leistungen ist ebenfalls als Werbungskosten abziehbar.





Hinsichtlich der Abschreibung des Vermietungsobjektes ist somit zu unterscheiden:





–  Soweit der Barwert der zu entrichtenden Versorgungsleistungen zu Anschaffungskosten führt, bilden diese die Bemessungsgrundlage der Abschreibungen.





–  Soweit die Stpfl. das übergebene Vermögen im Übrigen unentgeltlich erworben hat, hat sie keine eigenen Anschaffungskosten getragen. Insoweit bemisst sich ihre Abschreibung nach den (anteiligen) Anschaffungs- und Herstellungskosten des Rechtsvorgängers. Die Erwerberin muss insoweit nicht nur die AfA-Bemessungsgrundlage des Rechtsvorgängers fortführen, sondern ihr steht auch nur das insoweit vorhandene AfA-Volumen zur Verfügung. Hinsichtlich des unentgeltlichen Teils ist somit der AfA-Zeitraum geringer als bei dem entgeltlich erworbenen Anteil.





Hinweis:





Die Teilentgeltlichkeit erfordert auf Seiten des Übertragenden die Prüfung eines etwaigen steuerlich zu erfassenden Veräußerungsgewinns. Dies ist bei einem Vermietungsobjekt aber regelmäßig nur dann gegeben, wenn zwischen Erwerb und Übertragung ein Zeitraum von weniger als zehn Jahren liegt.


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