Mit Wirkung vom 1.1.2019 wurde im nationalen Umsatzsteuerrecht die EU-Gutschein-Richtlinie umgesetzt. Zweck der Vorgaben durch die EU-Gutschein-Richtlinie ist die Gewährleistung einer einheitlichen steuerlichen Behandlung von im Binnenmarkt gehandelten Gutscheinen. Die FinVerw hat nun mit Schreiben vom 2.11.2020 (Aktenzeichen III C 2 – S 7100/19/10001 :002) ausführlich zur Abgrenzung zwischen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen und Einzelfragen zur umsatzsteuerlichen Behandlung Stellung genommen.
Zunächst gilt grundlegend:
– Definition „Gutschein“: Ein Gutschein in diesem Sinne liegt vor, wenn die Verpflichtung besteht, ihn als Gegenleistung – ganz oder teilweise anstelle einer regulären Zahlung – für eine Lieferung von Gegenständen oder eine Erbringung von sonstigen Leistungen anzunehmen. Die äußere Form ist unerheblich, d.h. der Gutschein kann körperlicher Art sein (z.B. Papierdokumente oder Plastikkarten) oder in elektronischer Form bestehen.
– Abgrenzung: Insbesondere die Gutscheine, die den Inhaber nur zu einem Preisnachlass oder einer Preiserstattung berechtigen, aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten, sind von den neuen Regelungen nicht betroffen. Briefmarken, Fahrscheine, Eintrittskarten für Kinos und Museen sowie vergleichbare Instrumente fallen ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich, da in diesen Fällen bereits über die bloße Annahmeverpflichtung hinausgehende Ansprüche bestehen und es sich hierbei vorrangig um Zahlungsnachweise handelt.
– Für die umsatzsteuerliche Behandlung ist nunmehr die Unterscheidung zwischen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen maßgebend.
– Gutscheine sollen bei Ausgabe als Einzweck- und als Mehrzweck-Gutschein eindeutig gekennzeichnet werden. Grundlage dieser Kennzeichnung ist die rechtliche Einordnung des Gutscheins durch den leistenden Unternehmer. Auf die rechtliche Einordnung und die darauf basierende Kennzeichnung dürfen der Aussteller des Gutscheins sowie die nachfolgenden Unternehmer der Leistungskette vertrauen, jedenfalls soweit nicht offensichtlich ist, dass die Kennzeichnung fehlerhaft ist.
Hinweis:
In den Fällen, bei denen Aussteller des Gutscheins und leistender Unternehmer nicht identisch sind, muss insoweit eine Absprache hinsichtlich der rechtlichen Einordnung erfolgen.
Weitere Detailfragen zu Einzweck-Gutscheinen:
– Auf einem Einzweck-Gutschein sind die Identität des leistenden Unternehmers, die Gattung des Leistungsgegenstandes und der Wert anzugeben. Bei Gutscheinen über Dienstleistungen muss auch angegeben werden, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer oder ein Nichtunternehmer ist, wenn dies für die Bestimmung des Leistungsortes maßgebend ist. Daneben ist dieser vom Aussteller als „Einzweck-Gutschein“ zu kennzeichnen.
– Da die Ausgabe eines Einzweck-Gutscheins die Erbringung der dahinterstehenden Leistung fingiert, hat der Unternehmer bereits in diesem Zeitpunkt eine ordnungsgemäße Rechnung über die fiktive Leistung auszustellen. Insoweit gilt in Bezug auf die Leistungsbeschreibung vereinfachend, dass die Bezeichnung „Einzweck-Gutschein“ sowie eine kurze Beschreibung der Leistung (= Gattung), zu deren Bezug der Gutschein berechtigt, ausreichend ist.
– Die Umsatzsteuer für die durch den Einzweck-Gutschein geschuldete Leistung entsteht bei Besteuerung nach vereinbarten Entgelten im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins. Sollte eine Zuzahlung durch den Gutscheininhaber bei Einlösung des Gutscheins erfolgen, so ist dann bei Einlösung des Gutscheins lediglich die bislang noch nicht versteuerte Differenz zu versteuern.
Beispiel:
Ein Kunde A erwirbt anlässlich einer Werbeaktion im Januar beim örtlichen Elektroeinzelhändler B in Cottbus einen Gutschein im Wert von 50 € für 40 €. Der Gutschein berechtigt zum Erwerb eines Elektroartikels in dem Geschäft des B. A erwirbt im April ein Lautsprecher-System bei B im Gesamtwert von 350 € und begleicht den Rechnungsbetrag unter Anrechnung seines Gutscheins im Wert von 50 € durch die Zuzahlung von 300 € in bar.
Es handelt sich um einen Einzweck-Gutschein. Die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des B beträgt im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins im Januar 40 € abzüglich USt. Im April 01 hat B noch einen Umsatz i.H.v. 300 € abzüglich USt zu versteuern.
Hinweis:
Wichtig ist dann die entsprechende Programmierung des Kassensystems bei Einlösung des Gutscheins. Wird der Einzweck-Gutschein eingelöst, so mindert dies dann die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage.
Beispiel:
Im Januar gibt das Modehaus einen Einzweck-Gutschein über 50 € aus. Im Mai kauft der Kunde dann eine Hose für 80 € und der Gutschein wird angerechnet.
Die Ausgabe des Gutscheins muss in der Kasse des Modehauses als Umsatz erfasst werden: 42,01 € + 19 % USt. Bei Kauf der Ware und Einlösung des Gutscheins darf nur noch ein Bruttoumsatz von 80 € (Warenwert) abzgl. 50 € (Gutscheinwert), also brutto 30 € erfasst werden.
– Es kann sich auch dann um einen Einzweck-Gutschein handeln, wenn der Gutschein zum Bezug mehrerer, genau bezeichneter Einzelleistungen berechtigt.
Beispiel:
Ein Restaurant in München gibt im Januar einen Gutschein im Wert von 150 € (zwei Essen im Restaurant inklusive zwei alkoholfreie Getränke für zwei Personen im Wert von 100 € sowie das Buch „Der Restaurant-Guide“ im Wert von 50 €; der Restaurantgutschein berechtigt ausschließlich zum Verzehr an Ort und Stelle) zu einem Preis von 100 € an eine Privatperson aus. Der Gutschein wird im April vom Gutscheininhaber in diesem Restaurant eingelöst. Es handelt sich um einen Einzweck-Gutschein. Das Restaurant muss in diesem Fall den erhaltenen Gesamtbetrag von 100 € im Verhältnis 100/150 zu 19 % und 50/150 zu 7 % aufteilen.
– Gibt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im fremden Namen aus, wird er nicht Teil der Leistungskette. Vielmehr gilt die Ausgabe des Gutscheins an den Kunden als Leistung desjenigen, in dessen Namen der Unternehmer handelt.
Beispiel:
Der Unternehmer B betreibt ein Gutscheinportal, auf dem er Büchergutscheine im Namen und für Rechnung des Buchhändlers A anbietet. Diese Gutscheine können in dem Buchladen des A eingelöst werden. B hat mit A vereinbart, im Falle eines ausgegebenen Gutscheins 20 % des Gutscheinwerts als Vermittlungsprovision einzubehalten und den Rest an A weiterzuleiten. B erstellt gegenüber A monatliche Abrechnungen über die veräußerten Gutscheine und gibt diese zusammen mit seiner eigenen Provisionsabrechnung an A weiter. Kunde C erwirbt einen Büchergutschein des A auf der Internetseite des B. C bezahlt hierfür 10 € an B.
A muss für den Verkauf eines Buchs 10 € abzüglich 7 % USt versteuern. B muss für die Vermittlung des Gutscheins 2 € abzüglich 19 % USt versteuern. Aus der Vermittlungsleistung des B steht A unter den übrigen Voraussetzungen zudem ein Vorsteuerabzug zu.
– Wird ein Einzweck-Gutschein entgeltlich übertragen bzw. ausgegeben, bestimmt sich die Bemessungsgrundlage nach den allgemeinen Vorschriften.
Beispiel:
Kunde C erwirbt einen Büchergutschein bei Händler B für die Buchhandlung des A. Der Gutschein hat einen Wert von 60 €. Er wird für 50 € verkauft.
Damit beträgt die Bemessungsgrundlage des A 50 € abzüglich USt, also 46,73 €.
– Im Übrigen gelten vorstehende Regeln auch für jede Übertragung eines Einzweck-Gutscheins im eigenen Namen, d.h. auch für die Weiterveräußerung eines Einzweck-Gutscheins in einer Vertriebskette. Unbeachtlich ist insoweit, ob der Wiederverkäufer auf eigene Rechnung oder auf fremde Rechnung (im Kommissionsgeschäft) tätig wird.
Beispiel:
Der Elektromarkt E in Bonn veräußert im Januar 01 zehn Gutscheine für eine Kaffeemaschine im Wert von 500 € für jeweils 300 € an einen Gutscheinhändler G und rechnet hierüber im Januar ab. Der Gutscheinhändler veräußert im März einen Gutschein für 400 € an einen Kunden. Der Kunde löst den Gutschein im Mai bei E ein und erhält die Kaffeemaschine im Wert von 500 €.
Der Elektromarkt hat im Januar aus dem Verkauf der Gutscheine einen Umsatz von 3 000 € (= 10x 300 €) zu besteuern. G ist im Januar aus der Rechnung über die zehn Einzweck-Gutscheine für Kaffeemaschinen zum Vorsteuerabzug berechtigt. Im März hat G 400 € aus dem Verkauf des Gutscheins der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Bei Einlösung des Gutscheins im Mai erfolgt keine weitere Besteuerung bei E oder G.
– Sollte ein Einzweck-Gutschein vom Gutscheininhaber nicht (innerhalb der Gültigkeitsdauer) eingelöst werden und somit verfallen, ergeben sich hieraus allein keine weiteren umsatzsteuerlichen Folgen, da die ursprüngliche Leistung bereits bei Übertragung bzw. Ausgabe des Gutscheins als erbracht gilt und demzufolge in diesem Zeitpunkt zu versteuern ist. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage und damit Korrektur der Umsatzsteuer kommt nur dann in Betracht, wenn das Entgelt ausnahmsweise zurückgezahlt wird. Wird ein Einzweck-Gutschein zurückgegeben und erhält der Kunde den Gutscheinwert ausnahmsweise zurückerstattet, so wird der ursprüngliche Umsatz rückgängig gemacht.
Weitere Detailfragen zu Mehrzweck-Gutscheinen:
– Mehrzweck-Gutscheine in Vertriebsketten (Handeln im fremden und im eigenen Namen): Die Übertragung und Ausgabe eines Mehrzweck-Gutscheins in der Vertriebskette stellt lediglich einen Tausch von Zahlungsmitteln dar. Der erkennbar im Namen des ausstellenden/übertragenden Unternehmers handelnde Vermittler erbringt im Zeitpunkt der Übertragung und Ausgabe eine grundsätzlich steuerbare Vermittlungsleistung.
Beispiel:
Eine deutsche Parfümerie A überträgt Gutscheine im Wert von jeweils 50 € im Januar an den Unternehmer B zum Preis von jeweils 40 €. Mit den Gutscheinen können sowohl Waren, die dem Regelsteuersatz, als auch Waren, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, erworben werden. A und B vereinbaren, dass B die Gutscheine im eigenen Namen zum Preis von 45 € an Kunden ausgibt. B gibt im Februar einen Gutschein an den Kunden C aus. C löst den Gutschein im April ein und erwirbt eine Ware zum Regelsteuersatz.
B hat im Februar einen Umsatz i.H.v. 5 € abzüglich USt zu versteuern. A hat im April einen Umsatz von 45 € abzüglich USt zu versteuern.
– Nichteinlösung von Mehrzweck-Gutscheinen: Sollte ein Mehrzweck-Gutschein vom Gutscheininhaber nicht (innerhalb der Gültigkeitsdauer) eingelöst werden und somit verfallen, ergeben sich hieraus keine umsatzsteuerlichen Konsequenzen, da bei einem Mehrzweck-Gutschein die tatsächliche Leistungserbringung durch den leistenden Unternehmer erst in dem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Gutschein eingelöst wird. Die Nichteinlösung des Gutscheins hat allerdings Auswirkung auf die Bemessungsgrundlage einer Vermittlungsleistung, wenn der auf den leistenden Unternehmer entfallende Entgeltanteil bei Nichteinlösung beim Vermittler verbleibt und das Entgelt für die Vermittlungsleistung sich erhöht.
– Wird ein Mehrzweck-Gutschein zurückgegeben und erhält der Kunde ausnahmsweise den Gutscheinwert zurückerstattet, so ergeben sich ebenfalls keine umsatzsteuerlichen Auswirkungen, da lediglich ein Rücktausch von Zahlungsmitteln erfolgt.
Anwendungsregelung:
– Die dargestellten Regeln sind auf Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt werden. Die FinVerw beanstandet allerdings nicht – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – wenn ab dem 1.1.2019 und vor dem 2.2.2021 ausgestellte Gutscheine von den Beteiligten nicht entsprechend den Vorgaben dieses BMF-Schreibens behandelt worden sind.
Handlungsempfehlung:
Spätestens ab 2.2.2021 sind diese Regelungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen zwingend zu beachten. Insoweit sollte die bestehende Praxis überprüft werden.
Besonderheiten bei Ausgabe von Gutscheinen im Zeitraum 1.7. bis 31.12.2020:
– Mit Schreiben vom 4.11.2020 hatte das BMF dazu Stellung genommen, wie bei der Ausgabe von Gutscheinen im Zeitraum 1.7. bis 31.12.2020, also unter den temporär abgesenkten Umsatzsteuersätzen, umzugehen ist. Danach ist bei der Ausgabe von Einzweck-Gutscheinen in diesem Zeitraum der dann geltende (abgesenkte) Umsatzsteuersatz maßgebend.
Beispiel:
Ein Restaurant gibt am 1.12.2020 einen Gutschein im Wert von 100 € aus. Der Gutschein berechtigt zum Verzehr von Speisen vor Ort im Restaurant und kann bis zum 30.11.2021 eingelöst werden. Getränke können mit dem Gutschein nicht bezahlt werden.
Da der Leistungsgegenstand (Speisen zum Vor-Ort-Verzehr) feststeht, handelt es sich aus Sicht der FinVerw um einen Einzweck-Gutschein. Dieser unterliegt dem im Zeitpunkt der Ausgabe gültigen Steuersatz von 5 %, ungeachtet der Tatsache, dass der Steuersatz im Zeitpunkt der Einlösung bei 5 % (Einlösung bis 31.12.2020), 7 % (Einlösung 1.1.2021 bis 30.6.2021) oder gar 19 % (Einlösung 1.7.2021 bis 30.11.2021) liegen wird.
Zunächst gilt grundlegend:
– Definition „Gutschein“: Ein Gutschein in diesem Sinne liegt vor, wenn die Verpflichtung besteht, ihn als Gegenleistung – ganz oder teilweise anstelle einer regulären Zahlung – für eine Lieferung von Gegenständen oder eine Erbringung von sonstigen Leistungen anzunehmen. Die äußere Form ist unerheblich, d.h. der Gutschein kann körperlicher Art sein (z.B. Papierdokumente oder Plastikkarten) oder in elektronischer Form bestehen.
– Abgrenzung: Insbesondere die Gutscheine, die den Inhaber nur zu einem Preisnachlass oder einer Preiserstattung berechtigen, aber nicht das Recht verleihen, solche Gegenstände oder Dienstleistungen zu erhalten, sind von den neuen Regelungen nicht betroffen. Briefmarken, Fahrscheine, Eintrittskarten für Kinos und Museen sowie vergleichbare Instrumente fallen ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich, da in diesen Fällen bereits über die bloße Annahmeverpflichtung hinausgehende Ansprüche bestehen und es sich hierbei vorrangig um Zahlungsnachweise handelt.
– Für die umsatzsteuerliche Behandlung ist nunmehr die Unterscheidung zwischen Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen maßgebend.
– Gutscheine sollen bei Ausgabe als Einzweck- und als Mehrzweck-Gutschein eindeutig gekennzeichnet werden. Grundlage dieser Kennzeichnung ist die rechtliche Einordnung des Gutscheins durch den leistenden Unternehmer. Auf die rechtliche Einordnung und die darauf basierende Kennzeichnung dürfen der Aussteller des Gutscheins sowie die nachfolgenden Unternehmer der Leistungskette vertrauen, jedenfalls soweit nicht offensichtlich ist, dass die Kennzeichnung fehlerhaft ist.
Einzweck-Gutschein | Mehrzweck-Gutschein | |
Definition | Ein Einzweck-Gutschein ist dadurch gekennzeichnet, dass der Ort der Lieferung oder sonstigen Leistung, zu deren Bezug der Gutschein berechtigt, sowie die geschuldete Umsatzsteuer bei dessen Ausgabe bzw. erstmaligen Übertragung durch den Aussteller des Gutscheins feststehen. | Ein Mehrzweck-Gutschein liegt dann vor, wenn zum Zeitpunkt der Übertragung bzw. Ausgabe des Gutscheins der Ort der Leistung und/oder der leistende Unternehmer und/oder der Leistungsgegenstand noch nicht endgültig feststehen und daher die geschuldete Umsatzsteuer nicht bestimmbar ist. |
Beispiel | Eine Parfümerie gibt einen Gutschein zur Einlösung gegen alle im Sortiment befindlichen Parfümartikel im Wert von 20 € an einen Kunden aus. Es handelt sich um einen Einzweck-Gutschein, da Leistungsort (Standort der Parfümerie) und Steuersatz (regulärer Umsatzsteuersatz) bei Ausgabe des Gutscheins feststehen. | Ein Kunde erwirbt in einem Kaufhaus einen Gutschein im Wert von 50 €. Der Gutschein berechtigt den Kunden, diesen sowohl in der Lebensmittel- als auch in der Haushaltsgeräteabteilung einzulösen. Es handelt sich um einen Mehrzweck-Gutschein, da sich zum Zeitpunkt der Gutscheinausgabe die geschuldete Umsatzsteuer nicht bestimmen lässt. |
Steuerliche Behandlung bei Ausgabe des Gutscheins | Umsatzsteuer entsteht bei Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (Regelfall) im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins. | Die Ausgabe eines Mehrzweck-Gutscheins ist steuerlich unbeachtlich. |
Steuerliche Behandlung bei Einlösung des Gutscheins | Die spätere Gutscheineinlösung, also die tatsächliche Lieferung bzw. Leistungserbringung, ist für die umsatzsteuerliche Würdigung nicht mehr relevant, da diese nicht als unabhängiger Umsatz gilt. | Bei einem Mehrzweck-Gutschein gilt die Lieferung der Gegenstände oder die Erbringung der sonstigen Leistung erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Erbringung der Leistung als erbracht. |
Hinweis:
In den Fällen, bei denen Aussteller des Gutscheins und leistender Unternehmer nicht identisch sind, muss insoweit eine Absprache hinsichtlich der rechtlichen Einordnung erfolgen.
Weitere Detailfragen zu Einzweck-Gutscheinen:
– Auf einem Einzweck-Gutschein sind die Identität des leistenden Unternehmers, die Gattung des Leistungsgegenstandes und der Wert anzugeben. Bei Gutscheinen über Dienstleistungen muss auch angegeben werden, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer oder ein Nichtunternehmer ist, wenn dies für die Bestimmung des Leistungsortes maßgebend ist. Daneben ist dieser vom Aussteller als „Einzweck-Gutschein“ zu kennzeichnen.
– Da die Ausgabe eines Einzweck-Gutscheins die Erbringung der dahinterstehenden Leistung fingiert, hat der Unternehmer bereits in diesem Zeitpunkt eine ordnungsgemäße Rechnung über die fiktive Leistung auszustellen. Insoweit gilt in Bezug auf die Leistungsbeschreibung vereinfachend, dass die Bezeichnung „Einzweck-Gutschein“ sowie eine kurze Beschreibung der Leistung (= Gattung), zu deren Bezug der Gutschein berechtigt, ausreichend ist.
– Die Umsatzsteuer für die durch den Einzweck-Gutschein geschuldete Leistung entsteht bei Besteuerung nach vereinbarten Entgelten im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins. Sollte eine Zuzahlung durch den Gutscheininhaber bei Einlösung des Gutscheins erfolgen, so ist dann bei Einlösung des Gutscheins lediglich die bislang noch nicht versteuerte Differenz zu versteuern.
Beispiel:
Ein Kunde A erwirbt anlässlich einer Werbeaktion im Januar beim örtlichen Elektroeinzelhändler B in Cottbus einen Gutschein im Wert von 50 € für 40 €. Der Gutschein berechtigt zum Erwerb eines Elektroartikels in dem Geschäft des B. A erwirbt im April ein Lautsprecher-System bei B im Gesamtwert von 350 € und begleicht den Rechnungsbetrag unter Anrechnung seines Gutscheins im Wert von 50 € durch die Zuzahlung von 300 € in bar.
Es handelt sich um einen Einzweck-Gutschein. Die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des B beträgt im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins im Januar 40 € abzüglich USt. Im April 01 hat B noch einen Umsatz i.H.v. 300 € abzüglich USt zu versteuern.
Hinweis:
Wichtig ist dann die entsprechende Programmierung des Kassensystems bei Einlösung des Gutscheins. Wird der Einzweck-Gutschein eingelöst, so mindert dies dann die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage.
Beispiel:
Im Januar gibt das Modehaus einen Einzweck-Gutschein über 50 € aus. Im Mai kauft der Kunde dann eine Hose für 80 € und der Gutschein wird angerechnet.
Die Ausgabe des Gutscheins muss in der Kasse des Modehauses als Umsatz erfasst werden: 42,01 € + 19 % USt. Bei Kauf der Ware und Einlösung des Gutscheins darf nur noch ein Bruttoumsatz von 80 € (Warenwert) abzgl. 50 € (Gutscheinwert), also brutto 30 € erfasst werden.
– Es kann sich auch dann um einen Einzweck-Gutschein handeln, wenn der Gutschein zum Bezug mehrerer, genau bezeichneter Einzelleistungen berechtigt.
Beispiel:
Ein Restaurant in München gibt im Januar einen Gutschein im Wert von 150 € (zwei Essen im Restaurant inklusive zwei alkoholfreie Getränke für zwei Personen im Wert von 100 € sowie das Buch „Der Restaurant-Guide“ im Wert von 50 €; der Restaurantgutschein berechtigt ausschließlich zum Verzehr an Ort und Stelle) zu einem Preis von 100 € an eine Privatperson aus. Der Gutschein wird im April vom Gutscheininhaber in diesem Restaurant eingelöst. Es handelt sich um einen Einzweck-Gutschein. Das Restaurant muss in diesem Fall den erhaltenen Gesamtbetrag von 100 € im Verhältnis 100/150 zu 19 % und 50/150 zu 7 % aufteilen.
– Gibt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im fremden Namen aus, wird er nicht Teil der Leistungskette. Vielmehr gilt die Ausgabe des Gutscheins an den Kunden als Leistung desjenigen, in dessen Namen der Unternehmer handelt.
Beispiel:
Der Unternehmer B betreibt ein Gutscheinportal, auf dem er Büchergutscheine im Namen und für Rechnung des Buchhändlers A anbietet. Diese Gutscheine können in dem Buchladen des A eingelöst werden. B hat mit A vereinbart, im Falle eines ausgegebenen Gutscheins 20 % des Gutscheinwerts als Vermittlungsprovision einzubehalten und den Rest an A weiterzuleiten. B erstellt gegenüber A monatliche Abrechnungen über die veräußerten Gutscheine und gibt diese zusammen mit seiner eigenen Provisionsabrechnung an A weiter. Kunde C erwirbt einen Büchergutschein des A auf der Internetseite des B. C bezahlt hierfür 10 € an B.
A muss für den Verkauf eines Buchs 10 € abzüglich 7 % USt versteuern. B muss für die Vermittlung des Gutscheins 2 € abzüglich 19 % USt versteuern. Aus der Vermittlungsleistung des B steht A unter den übrigen Voraussetzungen zudem ein Vorsteuerabzug zu.
– Wird ein Einzweck-Gutschein entgeltlich übertragen bzw. ausgegeben, bestimmt sich die Bemessungsgrundlage nach den allgemeinen Vorschriften.
Beispiel:
Kunde C erwirbt einen Büchergutschein bei Händler B für die Buchhandlung des A. Der Gutschein hat einen Wert von 60 €. Er wird für 50 € verkauft.
Damit beträgt die Bemessungsgrundlage des A 50 € abzüglich USt, also 46,73 €.
– Im Übrigen gelten vorstehende Regeln auch für jede Übertragung eines Einzweck-Gutscheins im eigenen Namen, d.h. auch für die Weiterveräußerung eines Einzweck-Gutscheins in einer Vertriebskette. Unbeachtlich ist insoweit, ob der Wiederverkäufer auf eigene Rechnung oder auf fremde Rechnung (im Kommissionsgeschäft) tätig wird.
Beispiel:
Der Elektromarkt E in Bonn veräußert im Januar 01 zehn Gutscheine für eine Kaffeemaschine im Wert von 500 € für jeweils 300 € an einen Gutscheinhändler G und rechnet hierüber im Januar ab. Der Gutscheinhändler veräußert im März einen Gutschein für 400 € an einen Kunden. Der Kunde löst den Gutschein im Mai bei E ein und erhält die Kaffeemaschine im Wert von 500 €.
Der Elektromarkt hat im Januar aus dem Verkauf der Gutscheine einen Umsatz von 3 000 € (= 10x 300 €) zu besteuern. G ist im Januar aus der Rechnung über die zehn Einzweck-Gutscheine für Kaffeemaschinen zum Vorsteuerabzug berechtigt. Im März hat G 400 € aus dem Verkauf des Gutscheins der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Bei Einlösung des Gutscheins im Mai erfolgt keine weitere Besteuerung bei E oder G.
– Sollte ein Einzweck-Gutschein vom Gutscheininhaber nicht (innerhalb der Gültigkeitsdauer) eingelöst werden und somit verfallen, ergeben sich hieraus allein keine weiteren umsatzsteuerlichen Folgen, da die ursprüngliche Leistung bereits bei Übertragung bzw. Ausgabe des Gutscheins als erbracht gilt und demzufolge in diesem Zeitpunkt zu versteuern ist. Eine Änderung der Bemessungsgrundlage und damit Korrektur der Umsatzsteuer kommt nur dann in Betracht, wenn das Entgelt ausnahmsweise zurückgezahlt wird. Wird ein Einzweck-Gutschein zurückgegeben und erhält der Kunde den Gutscheinwert ausnahmsweise zurückerstattet, so wird der ursprüngliche Umsatz rückgängig gemacht.
Weitere Detailfragen zu Mehrzweck-Gutscheinen:
– Mehrzweck-Gutscheine in Vertriebsketten (Handeln im fremden und im eigenen Namen): Die Übertragung und Ausgabe eines Mehrzweck-Gutscheins in der Vertriebskette stellt lediglich einen Tausch von Zahlungsmitteln dar. Der erkennbar im Namen des ausstellenden/übertragenden Unternehmers handelnde Vermittler erbringt im Zeitpunkt der Übertragung und Ausgabe eine grundsätzlich steuerbare Vermittlungsleistung.
Beispiel:
Eine deutsche Parfümerie A überträgt Gutscheine im Wert von jeweils 50 € im Januar an den Unternehmer B zum Preis von jeweils 40 €. Mit den Gutscheinen können sowohl Waren, die dem Regelsteuersatz, als auch Waren, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, erworben werden. A und B vereinbaren, dass B die Gutscheine im eigenen Namen zum Preis von 45 € an Kunden ausgibt. B gibt im Februar einen Gutschein an den Kunden C aus. C löst den Gutschein im April ein und erwirbt eine Ware zum Regelsteuersatz.
B hat im Februar einen Umsatz i.H.v. 5 € abzüglich USt zu versteuern. A hat im April einen Umsatz von 45 € abzüglich USt zu versteuern.
– Nichteinlösung von Mehrzweck-Gutscheinen: Sollte ein Mehrzweck-Gutschein vom Gutscheininhaber nicht (innerhalb der Gültigkeitsdauer) eingelöst werden und somit verfallen, ergeben sich hieraus keine umsatzsteuerlichen Konsequenzen, da bei einem Mehrzweck-Gutschein die tatsächliche Leistungserbringung durch den leistenden Unternehmer erst in dem Zeitpunkt erfolgt, in dem der Gutschein eingelöst wird. Die Nichteinlösung des Gutscheins hat allerdings Auswirkung auf die Bemessungsgrundlage einer Vermittlungsleistung, wenn der auf den leistenden Unternehmer entfallende Entgeltanteil bei Nichteinlösung beim Vermittler verbleibt und das Entgelt für die Vermittlungsleistung sich erhöht.
– Wird ein Mehrzweck-Gutschein zurückgegeben und erhält der Kunde ausnahmsweise den Gutscheinwert zurückerstattet, so ergeben sich ebenfalls keine umsatzsteuerlichen Auswirkungen, da lediglich ein Rücktausch von Zahlungsmitteln erfolgt.
Anwendungsregelung:
– Die dargestellten Regeln sind auf Gutscheine anzuwenden, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt werden. Die FinVerw beanstandet allerdings nicht – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – wenn ab dem 1.1.2019 und vor dem 2.2.2021 ausgestellte Gutscheine von den Beteiligten nicht entsprechend den Vorgaben dieses BMF-Schreibens behandelt worden sind.
Handlungsempfehlung:
Spätestens ab 2.2.2021 sind diese Regelungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen zwingend zu beachten. Insoweit sollte die bestehende Praxis überprüft werden.
Besonderheiten bei Ausgabe von Gutscheinen im Zeitraum 1.7. bis 31.12.2020:
– Mit Schreiben vom 4.11.2020 hatte das BMF dazu Stellung genommen, wie bei der Ausgabe von Gutscheinen im Zeitraum 1.7. bis 31.12.2020, also unter den temporär abgesenkten Umsatzsteuersätzen, umzugehen ist. Danach ist bei der Ausgabe von Einzweck-Gutscheinen in diesem Zeitraum der dann geltende (abgesenkte) Umsatzsteuersatz maßgebend.
Beispiel:
Ein Restaurant gibt am 1.12.2020 einen Gutschein im Wert von 100 € aus. Der Gutschein berechtigt zum Verzehr von Speisen vor Ort im Restaurant und kann bis zum 30.11.2021 eingelöst werden. Getränke können mit dem Gutschein nicht bezahlt werden.
Da der Leistungsgegenstand (Speisen zum Vor-Ort-Verzehr) feststeht, handelt es sich aus Sicht der FinVerw um einen Einzweck-Gutschein. Dieser unterliegt dem im Zeitpunkt der Ausgabe gültigen Steuersatz von 5 %, ungeachtet der Tatsache, dass der Steuersatz im Zeitpunkt der Einlösung bei 5 % (Einlösung bis 31.12.2020), 7 % (Einlösung 1.1.2021 bis 30.6.2021) oder gar 19 % (Einlösung 1.7.2021 bis 30.11.2021) liegen wird.