Für GmbH-Gesellschafter und GmbH- Geschäftsführer

Veräußerung von Anteilen an einer GmbH in der Sanierungsphase zur Umsetzung einer vertraglich vereinbarten Restrukturierung

15. Oktober 2021


Mit seinem nicht zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 22.2.2021 (Az. IX R 6/20) hat der BFH zur Frage der möglichen Unentgeltlichkeit einer Anteilsübertragung ausgeführt, dass im kaufmännischen Geschäftsverkehr bei Verträgen zwischen fremden Personen eine widerlegbare Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts spreche.





Im konkreten Urteilsfall waren die Anerkennung und die Höhe des Verlusts aus der Übertragung von Anteilen an einer GmbH nach § 17 EStG strittig. Der Stpfl. hielt rund 52 % der Anteile an der GmbH, weitere Gesellschafter der GmbH waren – verkürzt dargestellt – zwei Beteiligungsgesellschaften der Sparkassen.





In 2012 wurde eine „Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung 2012“ geschlossen, der ein Restrukturierungsplan beigefügt wurde. Dieser sah Maßnahmen für alle Unternehmensbereiche vor, insbesondere auch Änderungen innerhalb des Gesellschafterkreises. Vereinbart wurde, dass u.a. der Stpfl. einen Abtretungsvertrag zugunsten der Beteiligungsgesellschaften abzuschließen hatte: „Die Übertragungen der Geschäftsanteile auf die [Beteiligungsgesellschaften] erfolgen insofern unentgeltlich, als dass [diese] keinen Kaufpreis schulden; die Übertragungen erfolgen jedoch in unmittelbarem Zusammenhang mit den vertraglich zu erklärenden Verzichten der Beteiligungsgesellschaften als Beitrag der übertragenden Gesellschafter zur Restrukturierung der Gesellschaft.





Zugleich wurde vereinbart, dass die Beteiligungsgesellschaften auf Einlagenrückzahlungsansprüche und auch auf stille Beteiligungen an der GmbH verzichteten. Vertraglich wurde formuliert, dass sich u.a. der Stpfl. „im Gegenzug [zum Verzicht der Beteiligungsgesellschaften auf ihre Ansprüche bereit erklärt,] Gesellschaftsanteile an der Gesellschaft ohne weitere Gegenleistung auf die [Beteiligungsgesellschaften] zu übertragen.“ Die Übertragung durch den Veräußerer (Stpfl.) erfolge „insofern nicht schenkweise, sondern in Erfüllung der gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen.“





In der Folge erklärte der Stpfl. einen Veräußerungsverlust gemäß § 17 EStG aus der Übertragung des GmbH-Anteils i.H.v. rd. 295 T€. Das FA erkannte letztlich nur rd. 96 T€ an. Das FG lehnte die Klage als unbegründet ab; der begehrte Verlust nach § 17 EStG sei mangels Veräußerung abzulehnen. Denn die Anteilsübertragung sei eine freigebige Zuwendung, die nicht unter § 17 EStG falle, weil der Stpfl. wegen fehlender Gegenleistung einen freiwilligen Anteilsverzicht geübt habe, um einen Restrukturierungsbeitrag zu leisten.





Der BFH hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben, die Sache zurückverwiesen und ausgeführt,





  • dass nach ständiger Rechtsprechung Veräußerung i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG die Übertragung von Anteilen gegen Entgelt ist. Entgeltlich ist die Übertragung von Gesellschaftsanteilen, wenn ihr eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht.
  • Das Gegenstück zur entgeltlichen Veräußerung sei die unentgeltliche Übertragung von Anteilen (s. § 17 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Sätze 5 und 6 Buchst. a EStG), die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Übertragende dem Empfänger eine freigebige Zuwendung machen will. Letzteres sei bei Verträgen unter fremden Dritten im Allgemeinen nicht anzunehmen, sofern nicht Anhaltspunkte für eine Schenkungsabsicht des übertragenden Vertragspartners bestehen. Deshalb spreche insoweit eine (widerlegbare) Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts.
  • Ob im Einzelfall unter Anwendung dieser Grundsätze eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung vorliege, sei grundsätzlich Tatfrage und als solche vom FG zu beurteilen.
  • Im Streitfall lägen Anhaltspunkte für eine Schenkungsabsicht des Stpfl. gegenüber den Beteiligungsgesellschaften nach den Gesamtumständen des Falles allerdings nicht vor.




Hinweis:





Der BFH hat dem FG aufgegeben, im zweiten Rechtsgang Feststellungen zum Vorliegen weiterer Anschaffungskosten zu treffen, damit auf dieser Basis der Veräußerungsverlust ermittelt werden kann; nicht aber, den Sachverhalt erneut dem Grunde nach zu prüfen.


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