Das KStG regelt nicht nur, dass der körperschaftsteuerpflichtige Gewinn einer GmbH nicht durch offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen gemindert werden kann, sondern auch, dass – im gegenläufigen Fall – verdeckte Einlagen das Einkommen nicht erhöhen (§ 8 Abs. 3 Satz 4 KStG). Eine verdeckte Einlage liegt nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person der Gesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass der Gesellschafter hierfür neue Gesellschaftsanteile erhält – und zwar dann, wenn diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat.
Als verdeckte Einlagen sind allerdings nur Wirtschaftsgüter geeignet, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft vermehrt haben, entweder durch den Ansatz oder die Erhöhung eines Aktivpostens, oder durch den Wegfall oder die Verminderung eines Passivpostens; dies bestimmt sich nach Bilanzrecht.
Zur Frage verdeckter Einlagen hat nun der BFH mit Urteil v. 15.3.2023 (Az. I R 24/20) entschieden, dass eine verdeckte Einlage auch dann vorliegt, wenn durch Wertpapierdarlehen zwischen einer Mutter- und ihrer Tochtergesellschaft Ansprüche auf bereits aufgelaufene Zinsen aus den überlassenen verzinslichen Wertpapieren unter Verzicht auf die Vereinbarung von Kompensationszahlungen auf die Tochtergesellschaft übertragen werden.
Im konkreten Streitfall hatte – sehr verkürzt dargestellt – eine Konzernmutter geklagt, die hohe operative Gewinne erzielte und an einer GmbH beteiligt war, die über erhebliche Verlustvorträge verfügte. Um die Verluste der GmbH „nutzbar“ zu machen, schloss die Stpfl. zunächst mit der G-Bank (G) Wertpapierpensionsgeschäfte und sodann über dieselben Wertpapiere mit der GmbH Wertpapierdarlehensgeschäfte ab.
Auf der Basis der Vereinbarungen mit G als Pensionsgeber standen die auf die Pensionspapiere geleisteten Zinsen, Gewinnanteile etc. G zu. Die Stpfl. hatte an G im Streitjahr Kompensationszahlungen sowie Pensionszahlungen zu leisten, diese Zahlungen wurden aufwandswirksam erfasst. Nachfolgend schloss die Stpfl. mit der GmbH (als Darlehensnehmerin) in 2009 einen „Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen“ ab. In diesem Vertrag war vorgesehen, dass die während der Laufzeit der Darlehen auf die Darlehenspapiere geleisteten Zinsen der Darlehensgeberin zustehen sollten; die Darlehensnehmerin sollte entsprechende Kompensationszahlungen an die Darlehensgeberin leisten. Anschließend vereinbarten die Parteien zwölf Einzelabschlüsse über diejenigen Wertpapiere, die auch den Gegenstand der Wertpapierpensionsgeschäfte zwischen der Stpfl. und der G bildeten. Die Vertragsbedingungen wichen von den Regelungen des Rahmenvertrags insbesondere darin ab, dass die während der Laufzeit des Darlehens auf die Darlehenspapiere geleisteten Zinsen der GmbH als Darlehensnehmerin zustehen sollten und diese mithin keinerlei Kompensation an die Stpfl. zu leisten hatte.
Die FinVerw vertrat dazu die Auffassung, die Stpfl. habe auf Grund der unentgeltlichen Wertpapierdarlehensgeschäfte mit der GmbH dieser einlagefähige Vermögensgegenstände auf Grund gesellschaftsrechtlicher Veranlassung zugewendet – es lägen insoweit also verdeckte Einlagen vor. Maßgeblich hierfür sei, dass sich die Stpfl. von einem fremden Entleiher die Stückzinsen hätte vergüten lassen. Das FG bestätigte diese Auffassung, dass das Einkommen der Stpfl. entsprechend zu erhöhen war. Auch der BFH bejahte das Vorliegen verdeckter Einlagen und traf folgende Feststellungen:
– Nach § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG erhöhten sich die bei der Stpfl. zu erfassenden Anschaffungskosten der Beteiligung an der GmbH im Fall der Übertragung eines Wirtschaftsguts im Wege der verdeckten Einlage in die Beteiligungsgesellschaft (s. insoweit § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG) um den Teilwert des eingelegten Wirtschaftsguts. Ein Abzug der entsprechenden Zuwendung als Betriebsausgabe beim zuwendenden Gesellschafter (hier also: der Stpfl.) scheide danach aus.
– Bei der Kapitalgesellschaft müsse insoweit eine Vermögensmehrung durch die Entstehung bzw. Erhöhung eines Aktivpostens oder den Wegfall bzw. die Verminderung eines Passivpostens eintreten. Unentgeltliche oder verbilligte Dienstleistungen, Nutzungs- oder Gebrauchsüberlassungen oder entsprechende (Nutzungs-)Rechte seien deshalb keine verdeckten Einlagen.
– Nach diesen Grundsätzen stelle sich die durch die Stpfl. an die GmbH unter Verzicht auf Kompensationszahlungen vorgenommene Zuwendung eines Anspruchs auf die im Einlagezeitpunkt bereits aufgelaufenen, zivilrechtlich bereits entstandenen Zinsen aus den festverzinslichen Wertpapieren als verdeckte Einlage dar. Der Zinsanspruch sei auch zu bilanzieren und insoweit einlagefähig gewesen, da er für einen Zeitraum vor dem Bilanzstichtag geschuldet wurde. Insoweit komme es bei der verdeckten Einlage nicht auf den Bilanzstichtag, sondern auf die Bilanzierungsfähigkeit des zugewendeten Vermögensvorteils im Zeitpunkt der Zuwendung an.
– Der Verzicht der Stpfl. auf die Vereinbarung von Gegenleistungen in Form von Kompensationszahlungen sei durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen, da der GmbH auf diese Weise ermöglicht werden sollte, ihre Verlustvorträge steuerlich zu nutzen.
Hinweis:
Die Annahme der verdeckten Einlage führt also dazu, dass die Verlustvorträge steuerlich gerade nicht genutzt werden können. Beim Gesellschafter führen solche Einlagen zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung, die sich auf seiner Ebene (erst) im Veräußerungsfall gewinnmindernd auswirken könnten.